Die Hexenjagd von Salem Falls
erzählen, wo ihr in der fraglichen Nacht hingegangen seid, Chelsea?«
Sie warf ihrem Vater einen Seitenblick zu. »Wir wollten nur mal nachts ein bißchen herumstromern.«
»Wo seid ihr hingegangen?« fragte Charlie.
»Wir haben uns am alten Friedhof getroffen, um elf. Meg und Gilly sind zusammen gekommen, Whit und ich waren schon da. Dann sind wir alle zusammen den kleinen Weg hoch, der in den Wald führt.«
»Was hattet ihr vor?«
»Bloß ein bißchen quatschen, und ein Lagerfeuer machen, damit wir, na ja, Licht hatten.« Ihr Kopf fuhr hoch. »Bloß ein klitzekleines Feuer, nichts Gefährliches.«
»Ich verstehe. Wie lange wart ihr da?«
»So zwei Stunden. Wir wollten gerade gehen, als … Jack St. Bride aufgetaucht ist.«
»Ihr kanntet ihn?«
»Ja.« Chelsea strich sich die Haare aus dem Gesicht. »Aus dem ›Diner‹.«
»Hatte er vorher schon mal mit euch geredet?«
Sie nickte. »Es war … irgendwie unheimlich. Ich meine, ein erwachsener Mann, der ständig witzig sein will und so Sprüche klopft. Als wollte er uns beweisen, wie cool er ist.«
»Wie hat er ausgesehen?«
Chelsea setzte sich aufrechter hin. »Er hatte ein gelbes T-Shirt an und Jeans, und er sah aus, als hätte er eine Schlägerei gehabt. Er hatte ein blaues Auge, ganz zugeschwollen.« Sie rümpfte die Nase. »Und er hat gestunken, als hätte er in Whiskey gebadet.«
»Hatte er irgendwelche Kratzer im Gesicht?«
»Daran kann ich mich nicht erinnern.«
»Hattest du Angst?«
»Und wie«, sagte Chelsea. »Ich meine, schließlich war er ja der Grund dafür, warum wir alle nachts zu Hause bleiben sollten.«
»Wirkte er wütend? Aufgeregt?«
»Nein.« Chelsea wurde rot. »Als ich klein war, wollte meine Mom immer, daß ich mir im Fernsehen so einen Spot ansehe, in dem Kinder davor gewarnt wurden, von Fremden Süßigkeiten anzunehmen. Und daran hat er mich erinnert … einer, der ganz harmlos aussieht, aber dann, wenn wir nicht hingucken, das Gesicht zur Kamera dreht und grinst wie ein Monster.«
»Was ist dann passiert?«
»Wir haben gesagt, wir müßten nach Hause, und er ist gegangen. Ein paar Minuten später sind wir dann auch los.«
»Zusammen?«
Chelsea schüttelte den Kopf. »Gilly ist in eine andere Richtung.«
»Habt ihr irgendwas gehört, nachdem ihr gegangen seid?«
Chelsea beugte den Kopf. »Nein.«
»Kein Schreien, Rascheln, Schlagen, Rufen?«
»Nichts.«
»Was ist dann passiert?« fragte Charlie.
»Wir waren gerade aus dem Wald raus, am Friedhof, und plötzlich haben wir gehört, wie etwas durchs Gestrüpp kam. Ich hab gedacht, ein Reh. Aber es war Gilly. Sie kam auf uns zugelaufen und hat geweint.« Chelsea schloß die Augen und schluckte schwer. »Ihre … ihre Haare waren voller Blätter. Ihre Kleidung war von oben bis unten verdreckt. Und sie war hysterisch. Ich wollte sie anfassen, um sie zu beruhigen, da hat sie mich geschlagen. Als wüßte sie nicht, wer ich bin.« Chelsea zog sich den Ärmel ihrer Bluse übers Handgelenk und wischte sich damit die Augen. »Sie hat gesagt, er hat sie vergewaltigt.«
»Wieso habt ihr sie allein nach Hause gehen lassen?«
Chelsea senkte den Blick. »Ich wollte sie ja nach Hause bringen, ich hab’s ihr angeboten.«
»Aber du hast es nicht getan.«
»Nein«, sagte Chelsea. »Gilly hat gesagt, ich wär schon genauso schlimm wie unsere Eltern. Es würde ihr schon nichts passieren.« Sie zerrte nervös am Saum ihrer Bluse. »Aber es ist ihr doch was passiert.«
Whitney O’Neill starrte finster einen Punkt auf der Tischplatte an. »Und keine von euch dreien ist auf die Idee gekommen, es wäre vielleicht nicht so gut, Gillian alleine durch den Wald nach Hause gehen zu lassen?« fragte Charlie.
»Ist meine Tochter Zeugin oder Tatverdächtige?« entfuhr es Tom O’Neill.
»Schon gut, Daddy«, sagte Whitney. »Er hat ja recht. Wir waren alle müde oder auch ein bißchen beunruhigt, weil Jack St. Bride so plötzlich aufgetaucht war. Chels, Meg und ich hatten uns kaum von ihr getrennt, da ist uns klar geworden, daß wir sie doch besser nach Hause bringen sollten. Ich hab dann nach Gilly gerufen.«
» Du hast gerufen«, vergewisserte Charlie sich. »Nicht Chelsea oder Meg.«
»Ja, ich«, sagte Whitney trotzig. »Glauben Sie das etwa nicht?«
Charlie übersah die funkelnden Blicke des Mädchens und seines Vaters. »Hat Gilly geantwortet?«
»Nein.«
»Und ihr seid nicht hinter ihr hergegangen? Um nachzuschauen, ob mit Gillian alles in Ordnung ist?«
»Nein«, flüsterte
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