Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hexenjagd von Salem Falls

Die Hexenjagd von Salem Falls

Titel: Die Hexenjagd von Salem Falls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
Vom Netzwerk:
zu können, ohne Reißaus nehmen zu wollen.
    Sie waren jetzt oben an der Treppe. »Also dann«, sagte Jack, »bis morgen.« Seine Hand drehte den Türknauf.
    »Moment noch«, platzte Addie heraus und berührte seine Hand. Wie erwartet, verharrte er reglos. »Danke. Daß du heute abend zu mir gekommen bist.«
    Jack nickte, wandte sich dann wieder der Tür zu.
    »Darf ich dich was fragen?«
    »Wenn es um die Abdichtung an der Lieferantentür geht, die wollte ich –«
    »Nein«, sagte Addie. »Ich wollte dich fragen, ob du mich küssen würdest.«
    Sie sah die Überraschung in seinen Augen. Nervosität drang aus ihren Poren wie Parfüm.
    »Nein«, antwortete Jack sanft.
    Addie bekam keine Luft mehr, so lächerlich hatte sie sich gemacht. Mit brennenden Wangen trat sie zurück und stieß gegen eine harte Wand.
    »Ich werde dich nicht küssen«, fügte Jack hinzu, »aber du kannst mich küssen.«
    »Ich – kann ich?« Sie hatte das merkwürdige Gefühl, daß Jack sich dessen genauso unsicher war wie sie.
    »Willst du?«
    »Nein«, sagte Addie, und dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen, damit ihre Lippen seine berühren konnten.
    Fast hätte er sie umarmt. Doch so ließ er nur zu, daß sie die Konturen seines Mundes nachfuhr, bevor er ihn öffnete und spürte, wie ihre Zunge sich gegen seine drückte. Er berührte sie nicht, nicht, als sich ihre Hände auf seine Brust legten, nicht, als ihr Haar ihn am Hals kitzelte, nicht, als er merkte, daß sie nach Kaffee und Einsamkeit schmeckte.
    Was Schlimmeres hättest du nicht tun können , sagte er sich. Das bringt dir garantiert Ärger ein. Schon wieder .
    Aber er ließ Addie Schicksal spielen, ließ sie den Kuß ausdehnen und beenden, als sie es für richtig hielt. Dann verschwand er in Roys Wohnung, um sich möglichst schnell ins Bett zu verkriechen und die letzten zehn Minuten seines Lebens zu vergessen. Doch als er eben das dunkle Wohnzimmer durchqueren wollte, ging eine Lampe an. Roy saß auf der Couch, in Bademantel und Pyjama. »Wenn du meiner Tochter weh tust«, sagte er, »bring ich dich im Schlaf um.«
    »Ich hab Ihre Tochter nicht angerührt.«
    »Blödsinn. Ich hab durchs Schlüsselloch gesehen, daß du sie geküßt hast.«
    »Sie haben durchs Schlüsselloch geguckt? Wie ein Spanner?«
    »Na, immer noch besser als ein Gigolo. Du läßt dich einstellen und legst die Chefin flach, damit du sie mitten in der Nacht beklauen und türmen kannst?«
    »Erstens, sie hat mich eingestellt. Und zweitens, selbst wenn ich so was Dämliches im Sinn hätte, meinen Sie nicht, dann hätte ich mich an die Chefin des Juwelierladens oder an eine Bankangestellte rangemacht?«
    »Addie sieht eben besser aus.«
    Jack zog sich die Jacke aus und warf sie wütend auf einen Stuhl. »Es geht Sie zwar nichts an, aber Addie hat mich geküßt.«
    »Nein … wirklich?«
    »Ist das so schwer zu glauben?«
    Der alte Mann stand auf, und ein Lächeln umspielte seinen Mund, als er zurück zu seinem Schlafzimmer ging. »Allerdings«, sagte er nachdenklich, »das ist es.«
    Sobald Jordan durch die Türen des Gerichts, des Carroll County Superior Courts, spaziert war, hielt er aus alter Gewohnheit nach Sälen Ausschau, in denen gerade Sitzungen stattfanden, und ließ den Blick über die bedauernswerten Seelen gleiten, die auf ihren Auftritt als Zeugen warteten. Er fühlte sich nackt in seinem Baumwollhemd und Pullover – er, der früher bei Prozessen Armani getragen hatte.
    Er hatte zwar nicht vor, den Beruf als Anwalt für immer an den Nagel zu hängen, aber er brauchte Abstand, und Salem Falls schien ihm genau der richtige Ort dafür. Er hatte genug Geld, um sich für ein, zwei Jahre auf seinen Lorbeeren auszuruhen, zumal ihn die letzten Fälle, die er in Bainbridge übernommen hatte, besonders mitgenommen hatten. Die Zeugenbefragungen und Kreuzverhöre hatten Jordan immer mehr Kraft gekostet, bis er erkannte, daß sein Job sich wie eine Schlinge um seinen Hals gelegt hatte, die sich mit jedem Mandanten enger zuzog.
    Aber vielleicht hatte es ja gar nicht an seinem Job gelegen. Vielleicht war es die Beziehung zu seiner Ermittlerin gewesen.
    Hätte jemand Jordan vor zehn Jahren prophezeit, daß er je wieder würde heiraten wollen, er hätte nur geschmunzelt. Hätte ihm jemand prophezeit, daß die Frau seiner Wahl ihm eine Abfuhr erteilen würde, er hätte sich totgelacht. Doch genau das hatte Selena getan. Sie hatte ihre ermittlerischen Fähigkeiten gegen Jordan selbst gerichtet – und dabei

Weitere Kostenlose Bücher