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Die Hexenjagd von Salem Falls

Die Hexenjagd von Salem Falls

Titel: Die Hexenjagd von Salem Falls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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zu. »Du wirst mir nie, niemals soviel bedeuten wie meine Tochter.«
    Jack wankte rückwärts, ihre Worte schmerzvoller als jeder Schlag, den er bei dem Überfall eingesteckt hatte. Er sah, wie sie sich zwischen den Laken krümmte. »Was hast du damit gemacht?« sagte sie und hob das tränennasse Gesicht.
    »Womit?«
    »Mit ihrem Geruch. Chloes Geruch.« Addie durchwühlte die Laken und Kissen. »Er war da; heute morgen war er noch da … aber jetzt ist er weg.«
    »Liebste«, sagte er sanft. »Die Laken riechen nicht nach Chloe. Schon sehr, sehr lange nicht mehr.«
    Sie ballte die Fäuste auf dem Stoff. »Raus«, schluchzte sie und wandte ihr Gesicht ab, als Jack leise die Tür hinter sich schloß.
    Wie das »Rooster’s Spit« zu seinem Namen gekommen war, konnte niemand mehr genau sagen, nur einige alte Leute wußten noch, daß die Kneipe am Rande von Salem Falls einmal eine Baptistenkirche gewesen war. Jetzt war der Raum ein dunkles, enges Lokal, wo ein Mann in Selbstmitleid schwelgen oder seine Sorgen in einem Glas Whiskey ertränken konnte.
    Roy Peabody leerte sein Glas, schloß die Augen, als die wohlige Wärme ihm die Kehle hinunterströmte. Nachdem er wochenlang von Addie verfolgt und von Jack St. Bride mit Argusaugen beobachtet worden war, saß er wieder in einer Bar. Er war allein, bis auf Marlon, den Barkeeper, der die Gläser polierte, bis es quietschte. Marlon war einer der Barkeeper, die die Gabe besaßen, einfach einen Gast in Ruhe seinen Drink genießen zu lassen. Roy fühlte sich in dieser Bar, wo niemand auch nur das geringste von ihm erwartete, eher zu Hause als in seiner Wohnung.
    Als die Tür des »Rooster’s Spit« aufging, sahen Roy und Marlon überrascht auf. In Salem Falls kam es selten vor, daß jemand unter der Woche noch um zehn Uhr abends einen trinken ging, und der Gedanke, daß er diesen wundervollen Augenblick mit irgend jemandem teilen mußte, verstimmte Roy.
    Es war schwer zu sagen, wer von beiden verdutzter war, als er den anderen sah: Jack oder Roy.
    »Was machen Sie denn hier?«
    »Wonach sieht’s denn aus?« Roy verzog das Gesicht. »Na los, lauf schon; erzähl’s meiner Tochter.«
    Aber Jack setzte sich schwer auf den Barhocker neben ihm. »Ich nehme das gleiche wie er«, sagte er zu Marlon.
    Der Whiskey wurde vor ihm hingeknallt wie ein Stempel der Anerkennung. Jack spürte Roys Augen auf sich gerichtet, als er seinen ersten langen Schluck nahm. »Wollen Sie mich die ganze Zeit beobachten?«
    »Ich hätte nicht gedacht, daß du Whiskey trinkst«, gab Roy zu.
    Jack lachte leise. »Der Schein kann trügen.«
    Roy akzeptierte das und nickte. »Du siehst beschissen aus.«
    »Vielen herzlichen Dank.«
    Der alte Mann streckte eine Hand aus und berührte die Wunde über Jacks Auge. »Gegen ’ne Wand gelaufen?«
    Jack warf einen Blick auf Roys Glas. »Limonade?«
    Roy zögerte. »Ich nehme an, Addie weiß, daß du hier bist.«
    »Genauso, wie sie weiß, daß Sie hier sind.«
    »Ich habe dich gewarnt, St. Bride, wenn du ihr das Herz brichst –«
    »Und was, wenn sie mir das Herz bricht, Roy?« fiel Jack ihm verbittert ins Wort. »Was würden Sie in dem Fall denn für mich tun?«
    Roy warf nur einen Blick auf die tiefen Furchen, die neben Jacks Mund eingemeißelt waren, und sah in seinem Gesicht etwas, das ihm nur allzu vertraut war. »Dir einen Drink spendieren«, sagte er.
    Damals im Pfadfinderlager hatte Gillian ein Feuer gemacht. Während die anderen Kartoffeln zum Rösten aufspießten und »We shall overcome« sangen, hatte Gilly die Flammen gefüttert: mit Stöckchen und Kiefernnadeln und Schnürsenkeln, Brotstückchen und Münzen und sogar mit einer unglückseligen Kröte. Gebannt hatte sie zugesehen, wie die Flamme alles verschlang. Sie hatte ins Feuer gestarrt und gedacht: Ich habe kein Herz. Ich habe so ein Feuer in mir .
    Das Feuer heute nacht war kleiner … oder vielleicht war sie einfach größer. Sie stand mit den anderen drum herum, und sie hielten sich an den Händen. Aber sie waren nicht mehr Gillian, Chelsea, Whitney und Meg. Sie waren Göttinnen, ein Coven. Und sie war ihre Hohepriesterin.
    Der Wind, frühlingsschwer, glitt Gillian zwischen die Schenkel wie ein Geliebter. Ihre Sachen lagen auf einem Haufen unter dem Hartriegelbaum. Als sie gesagt hatte, sie wollte so rein wie möglich sein, waren die anderen überrascht gewesen. Doch Whitney hatte sich die Bluse ausgezogen. Chelsea zitterte in BH und Slip. Nur Meg, die sich genierte, war noch vollständig

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