Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition)
nach allem, was Ihr in unserem Haus geleistet habt, schuldig. Ich meine, drei Wochen sollten genügen.“
Darauf brachte ich den Mut auf, um ein Zeugnis zu bitten. Das solle allerdings nicht auf Fräulein, sondern auf Frau von Tornle ausgestellt werden, da in Adelskreisen auch eine nicht Verheiratete vom einundzwanzigsten Lebensjahr an mit Frau angeredet werde. Er nickte bereitwillig, sie aber wirkte jetzt hart und kalt wie Marmor. Deshalb erhob ich mich und ging zurück zu Jörg.
„Erledigt“, sagte ich ihm, hatte jedoch ein unbehagliches Gefühl. Jörg erkundigte sich:
„Wie haben sie die Kündigung aufgenommen?“
„Ich fürchte, es gibt noch ein Nachspiel, und zwar mit ihr.“
So kam es auch. Jörg und ich hatten kaum unsere Teebecher geleert, als mich eine Serviererin auch schon ins ‚Kontor’ bat. Und dort dann ein Riesenspektakel - die Wirtin, eben noch kalte Mamorstatue, wurde zur Furie. Eine Unverschämtheit, sie hier im Stich zu lassen, herrschte sie mich an, sie, die mich von einer Küchenschabe zur Heilköchin erhoben habe. Ich sei das undankbarste Geschöpf, das ihr je begegnet sei. Auch Elgrin ließ ich einfach hängen, kein Versprechen hielt ich ein - und so fort, und so fort. Trotz der Bemühungen ihres Mannes wurde sie immer lauter, schriller sogar ausfallend. Ich ließ dieses Blitzgewitter ohne Gegenwehr über mich ergehen, und als ich den Raum verlassen wollte, hielt sie mich am Rock zurück und schleuderte mir ins Gesicht: „Schamloses Weibstück! Ein Zeugnis kannst du nicht von uns erwarten, und wenn, dann könntest du es nirgends vorzeigen!“
Darauf löste ich ihre Hand von meinem Kleid und ging davon.
„Was war da los?“, entsetzte sich Jörg, als ich zu ihm zurückgekehrt war. „Man hat das Gekreisch bis ins Lokal gehört.“
Ich berichtete ihm erregt, was sich zugetragen hatte und dass ich kein Zeugnis bekäme. Darauf versuchte er, mich zu beruhigen: „Abwarten, das war doch nur ihre erste Reaktion, schon morgen wird sie mit sich reden lassen. Ich bestelle uns jetzt Bier“, er winkte der Serviererin Gundula, „und während wir es gemütlich trinken, reagierst auch du dich ab.“
Als Gundula an unseren Tisch trat, gestand sie mir erschüttert, den Ausbruch der Wirtin mit angehört zu haben. „Sie war so hässlich, so ungerecht zu dir“, versuchte sie, mich zu trösten, „und du bist nun wirklich die Letzte, die das verdient hat. Soll ich die Köchinnen darüber informieren?“
„Ja, Gundula, sei so gut.“
A m nächsten Morgen hatte jede in der Küche ein aufbauendes Wort für mich. Dennoch warnte mich Thekla: „Stell dich besser darauf ein, dass die Wirtin dir das Zeugnis tatsächlich verweigert. Ich kenne das Aas, wenn die sich in was festgebissen hat, lässt sie nicht mehr davon ab.“
„Tora“, rief nun Bertold zu uns in die Küche, „du sollst sofort zur Kutsche kommen!“
Will Jörg schon abreisen? Doch als ich wenig später bei ihm stand, überreichte er mir strahlend ein zusammengefaltetes Papier: „Hier, das hat mir der Wirt versteckt auf meinen Frühstückstisch geschoben. Rate, was es ist.“
„Sag bloß!“
„Ja“, bestätigte er meine Vermutung, „dein Zeugnis, er hat dir heimlich ein Zeugnis ausgestellt.“
Ich faltete es auf und überflog es hastig. Es war hervorragend. Er hatte mich nicht nur als Heilköchin, sondern auch als Küchenmeisterin bezeichnet, die in seinem Gasthof exzellente Arbeit geleistet habe.
„Jörg, er bezeichnet mich auch als Küchenmeisterin!“
„Bravo!“, freute er sich. „Aber noch eine gute Nachricht, ich soll dir von ihm ausrichten, er hat deine Restdienstpflicht gänzlich aufgehoben. Könntest also schon jetzt mit mir nach Blankenburg fahren. Willst du?“
„Da fragst du noch? - Dann fahren wir über Erlenrode, wo ich gleich im Gutshaus das Zeugnis abgebe. Ich bin in wenigen Minuten wieder hier.“
Zurück am Küchenhaus, bat ich Thekla und Elgrin vor die Tür und vertraute ihnen das freundliche Entgegenkommen des Wirtes an. „Deshalb werde ich jetzt für immer mit Herrn Hansen abreisen“, schloss ich.
Thekla reagierte augenblicklich, sie forderte mich auf: „Dann sofort rüber mit dir, deine Sachen packen, bevor womöglich die Alte hier aufkreuzt. Ich schicke dir Elgrin zum Helfen nach. Und den anderen erzähle ich, du hättest die Nase voll von hier, und auf ein Zeugnis würdest du pfeifen.“
„Danke, Thekla!“ , und schon eilte ich los.
Ich hatte gerade den Kleiderkasten leer geräumt, als Elgrin zu mir in
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