Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition)
ihn von dieser vorübergehenden Notwendigkeit zu überzeugen. Und Ihr, Frau von Tornle, würdet Ihr denn hier tätig werden, wenn all diese Voraussetzungen erfüllt sind?“
„Kann ich noch nicht sagen“, zögerte ich, „lasst mir ein wenig Bedenkzeit.“
Die ungeduldige Frau von Erlenrode aber drängte: „Bis morgen, ja?“
Während ich mich darauf zum Aufbruch erhob, versprach ich ihr mit unterdrücktem Lächeln, mich in drei Tagen wieder hier blicken zu lassen, sofern es genehm sei.
„Sicher, Frau von Tornle“, sie errötete, „und ich muss Euch ein zweites Mal um Verzeihung bitten, die Terminbestimmung steht natürlich Euch zu.“
Ich sah ihr verständnisvoll nach, dass sie in ihrer jungen Rolle als Haushaltsvorstand noch nicht gänzlich versiert war. Im Gegensatz zu mir, der sie im Kloster bis ins Detail eingehämmert worden war. Jaja, die Klosterausbildung, ich sollte sie nie unterschätzen, spätestens jetzt erhellte sich mir das.
A m nächsten Morgen erwachte ich bestgelaunt in Marlis’ und Jörgs Gästestube und fragte mich - war es das idyllische Erlenroder Tal, das es mir angetan hatte, das anheimelnde Gut selbst? Oder war es gar Herr von Kahl? Wohl das verschmutzte Küchenhaus, veruzte ich mich selbst. Jedenfalls entschloss ich mich, die Stellung anzunehmen, obschon mir der dortige Meisterkoch von vornherein und unmissverständlich den Krieg erklärt hatte. Doch diese Herausforderung schreckte mich nicht, da mir der Sternsaphir an meinem Finger mit seiner geheimnisvollen Kraft die Gewissheit verlieh, mit meinem Entschluss den für mich einzig richtigen Weg einzuschlagen.
Am Frühstückstisch teilte ich Marlis und Jörg meine Entscheidung mit.
„Dann wirst du ganz in unserer Nähe wohnen“, freute sich Marlis, „wir können uns häufig besuchen und auch, wie in Wolfhausen, wieder miteinander ausgehen.“
„Und ausreiten“, hob ich hervor, „weil ich mir dann endlich ein Pferd zulegen werde. Ich hoffe nur, der Feudalherr ist mit einer Heilköchin einverstanden, denn von weiblichen Personen scheint er nicht gerade angetan zu sein.“
Jörg war zuversichtlich: „Der Gutsverwalter wird ihn dazu bewegen. Er wird alles für dich tun, so verklärt, wie er dich fortwährend betrachtet hat.“
„Hat er nicht.“
Er lachte: „Hast du gar nicht sehen können, weil du verschämt seinen Blicken ausgewichen bist.“
Marlis wollte erfahren, ob er denn attraktiv sei, was Jörg spontan bestätigte: „Sehr sogar. Stattliche Figur, volles braunes Haar und ein markantes Männergesicht. Außerdem ist er sympathisch. Ich würde da zugreifen, Tora.“
„Unsinn“, wehrte ich ab, „er ist nicht mein Typ und ich erst recht nicht seiner.“
Peinlich, dass sich die beiden darauf verstohlen zuzwinkerten.
D as Gespräch in Erlenrode verlief dann für jeden zufriedenstellend. All meine Vorschläge werden in die Tat umgesetzt, sagte mir Frau von Erlenrode zu, worauf ich versprach, rechtzeitig mein Zeugnis vorbei zu bringen.
Während Jörg nach unserer Rückkehr im Gasthof Schramm seine hiesige Übernachtung regelte, offenbarte ich meinen Küchenkolleginnen, dass ich kündigen werde. Darauf war es momentan still, keine brachte einen Laut hervor. Als ich ihnen jedoch meine neue Anstellung als Heilköchin geschildert hatte, gratulierten mir alle herzlich.
Anschließend wandte ich mich an Elgrin: „Dir habe ich aus Blankenburg eine medizinische Lehrschrift mit dazu passenden Zeichnungen mitgebracht, wirst deine Freude daran haben. Aber jetzt muss ich ins Lokal zu Herrn Hansen, wir sind völlig ausgehungert. Bereitet ihr uns ein feines Abendbrot zu?“
„Ehrensache.“
„Warte, Tora“, hielt mich Thekla zurück und riet mir dann eindringlich: „Besser, du zögerst deine Kündigung nicht raus, mach sie noch heute dingfest. Du weißt, dass das nicht einfach wird.“
„Mir graut schon davor. Aber hast recht, dann eben schon heute.“
N ach dem Abendbrot saß ich bei den Wirtsleuten in einem abgelegenen Winkel des Lokals und berichtete ihnen zunächst nur von meinem schönen Stellenangebot.
„Aber das werdet Ihr ja nicht annehmen“, meinte sie, „Ihr übt ja hier eine ebenso schöne Tätigkeit aus.“
„Doch“, gestand ich, „ich nehme diese Stellung an“, und sprach dann meine Kündigung aus.
Darauf waren beide perplex, und Frau Schramms Züge verhärteten sich. Er hingegen kam mir nach einer Schweigeminute entgegen: „Über die Restdienstzeit lässt sich reden, Fräulein von Tornle, das sind wir Euch
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