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Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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verstehen.
Zum Abendbrot war die Äbtissin noch immer nicht zurück, weshalb es mir leicht fiel, nach Beendigung des Mahls den Schwestern anzukündigen, ich werde in absehbarer Zeit von meinem Bruder nach Hause geholt. Darauf entbrannte helle Aufregung unter ihnen, alle freuten sich für mich, beklagten jedoch meine baldige Abwesenheit, und Magda stürzte unter Tränen aus dem Speiseraum - welcher Art ihre Tränen waren, musste sie mit sich selbst abmachen.
Zu meinem Erstaunen trat nun Notburga zu mir, beugte ihren Kopf zu meinem Ohr und flüsterte: „Deinen Mut habe ich immer bewundert. Ich kann mir den wahren Anlass deiner Abreise zusammenreimen, Tora, und wünsche dir alles Glück!“

    N un verlief alles schneller, als mir lieb war. Bereits vier Tage später ließ mich die Äbtissin zu sich bitten und machte mich mit Herrn Rubinez bekannt. Er war ein lebhafter, freundlicher Herr, im Alter der Äbtissin, und er freute sich über meine Spanischkenntnisse. Doch was er mir dann mitteilte ließ meine Nerven wieder zu Nadelspitzen werden - wir müssen die Karawane, die gerade über die Hechinger Landstraße zog, noch heute erreichen.
„Dann geh geschwind packen, Tora“, forderte mich die Äbtissin auf, „der Stallmeister und ein Knecht werden dein Gepäck dann unauffällig zu deiner Kutsche befördern.“
In meiner Stube begann ich sogleich, die von der Äbtissin besorgte Reisetasche zu bepacken und anschließend in der vor dem Dormatorium aufgestellten Koffertruhe meine teuren Garderoben unterzubringen. Kaum fertig damit, trat auch schon der Stallmeister zu mir und richtete mir aus, die Äbtissin erwarte mich in der Kutschenhalle.
Vor der Halle entdeckte ich bereits fahrbereit meine Kutsche, nein, es war eine Adelskarosse, vor der ein Paar edelrassiger Rappen gespannt und an deren Rückseite meine Reike gezügelt war.
„Hier, Tora!“, hörte ich jetzt aus dem Inneren der Halle die Äbtissin rufen. Ich trat ein und erkannte neben ihr Herrn Rubinez. Der verabschiedete sich gerade erstaunlich vertraut von ihr, nickte mir zu und begab sich dann hinaus zur Kutsche, die nun der Stallmeister mit meinem Gepäck belud.
Die Äbtissin reichte mir eine Geldkatze: „Darin findest du ausreichend Silbermünzen für unterwegs, befestige die Katze an deinen Beutelgürtel. Deine Mitgift verwahrt Herr Rubinez für dich, er wird davon deine neue Schule und Klosterunterkunft bezahlen und den Rest zusammen mit deinem Heilkochdiplom dem Abt jenes Klosters zur Aufbewahrung überreichen.“
„Ist recht.“
„Und Tora, vorläufig keine Post an uns, auch nicht an deine Freundin Agneta, deine Briefe könnten abgefangen werden. Erst wenn ich dir mitteile, dass keine Gefahr mehr besteht, kannst du uns schreiben.“ Ihr Blick wurde plötzlich eindringlich, bis sie mir wieder ans Herz legte: „Thora, in wenigen Wochen bist du eine erwachsene und somit eigenverantwortliche Frau. Niemand kann dir dann mehr etwas vorschreiben. Sei dir dessen stets eingedenk.“
Ich nickte nur.
Nun schritt in edler Pelzschaube und -mütze ein hochgewachsener Herr auf uns zu, den sie mir als Ritter von Aue, meinen Kutscher und Anstandsherrn, vorstellte. Er verneigte sich vor mir mit den Worten: „Es wird mir eine Freude sein, Euch zu dienen, Fräulein von Tornheim.“
Während Tante Anna und ich uns schließlich zum Abschied die Hände reichten, geschah, was ich nicht verhindern konnte, unvermittelt sonderte sich mein überforderter Intellekt ab, worauf sich mein Kopf mit grauem Gewölk durchzog.

    E s ist mir bis heute ein Rätsel, wie ich in diesem Zustand in die Kutsche gelangte.

D RITTER T EIL

Kapitel 8
Ab Frühjahr 1556 - Unterwegs

     
    Brunschwyg, Hieronymus
Liber de Arte Distillandi, 1500
    E rst als sich unsere Karawane nach einer Rast vor Heilbronn über eine reichlich unebene Landstraße quälte, verband sich mein Intellekt wieder mit dem Gemüt. Langsam erhellte sich wieder mein Verstand.
„Endlich werdet Ihr ansprechbar“, erkannte bald drauf Herr Rubinez, der es sich mir gegenüber in meiner Karosse gemütlich gemacht hatte. Ich konnte kaum antworten, da sich mein Sprechvermögen nur stockend und widerborstig seiner einst eingeübten Pflicht besann.
Was Herrn Rubinez nicht davon abhielt, sich in den folgenden Tagen oft stundenlang bei mir aufzuhalten, um mir in seiner flinken spanischen Sprechweise, der ich kaum folgen konnte, dies und das und jenes zu berichten. Ich erfuhr von ihm, dass er Advokat war und seinen fünfzehnjährigen Sohn

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