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Die Hexenmeister

Die Hexenmeister

Titel: Die Hexenmeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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aus. Leichtfüßig lief er die Stufen einer Steintreppe hinab. Niemand kam uns entgegen. Die meisten Fensterläden auf der Sonnenseite waren verschlossen. Man wollte die Wärme aus den Häusern lassen.
    Unten am Hafen fuhren Autos. Die Geräusche drangen hoch bis zu uns.
    Sie erinnerten mich daran, daß es hier doch noch Leben gab.
    Die Treppe mündete nahe einer Gasse. In sie tauchte Romano hinein.
    Ich blieb hinter ihm. Es tat gut, durch den Schatten zu gehen. Nur von unseren Trittgeräuschen wurde die Stille unterbrochen.
    Testi wartete, bis ich ihn erreicht hatte. Er deutete nach rechts auf ein schmalbrüstiges Haus mit grünlichem Anstrich. »Hier ist es, John. Hier bin ich aufgewachsen. Hier lebt mein Vater noch immer, und er ist oft sehr allein.«
    Ich nickte.
    Er ging vor. Er blieb still, und deshalb hörten wir auch die Stimme des Mannes, die uns eine Warnung zuschrie, kaum daß Testi die Haustür geöffnet hatte.
    »Verdammt, das ist mein Vater!«
    Plötzlich war alles anders. Es gab keine Ruhe mehr. Da wurden Emotionen hochgepeitscht, durch meinen Körper raste ein Adrenalinstoß, ich hatte es ebenso eilig wie Romano.
    Er war bereits im Haus verschwunden.
    Ich stand im Flur und schaute mich um. Die Warnung hatte ich verstanden, aber jetzt war die Stimme nicht mehr zu hören. Ein Gefühl der Kälte durchrieselte mich.
    Ich hatte die Beretta gezogen, schaute gegen die Treppe, die sich wie ein dunkles Skelett in die Höhe wand, und hörte vor mir einen Schrei.
    Romano hatte ihn ausgestoßen. Kein Schrei der Angst oder des Entsetzens, nein, einer, aus dem alles Leid der Welt sprach.
    Ich hetzte hin.
    Der Raum war überladen. Die alten Möbel standen im Weg, aber das interessierte mich nicht.
    Mein Blick war auf die Anrichte an der linken Wand gefallen. Davor kniete Romano Testi. Ich sah nur seinen Rücken, konnte aber trotzdem erkennen, daß er den Kopf eines älteren und leblosen Mannes leicht angehoben hatte. Er stützte ihn mit den Händen ab und flüsterte immer nur ein Wort: »Vater…«
    Er weinte dabei, und da wußte ich Bescheid. Neben ihm lag Flavio Testi und war tot.
    Ich schob mich an einem Sessel vorbei. Mein Blickwinkel verbesserte sich. Jetzt sah ich den Mann besser – und die beiden Wunden in der Brust, die stark bluteten.
    Die Waffen hatten Gewebe und Adern zerrissen und dem älteren Menschen keine Chance gegeben. Mich überkam die kalte Wut!
    Auf meinem Rücken fraß sich der Schauer fest. Ich dachte dennoch sehr logisch und erinnerte mich daran, daß uns Flavio Testi eine Warnung zugerufen hatte. Da hatte er noch gelebt.
    Und das lag nicht einmal eine Minute zurück. Wir hatten seinen Mörder weder gesehen noch gehört. Es war also durchaus möglich, daß er noch im Haus steckte.
    Ich fuhr herum.
    Romano kümmerte sich nicht um mich. Er wäre jetzt auch nicht in der Lage gewesen. Was nun folgte, war allein meine Sache, und die würde ich durchziehen.
    Der Flur war schmal. Die Treppenkonstruktion hatte so eben noch Platz.
    Ich glaubte einfach nicht, daß der Killer durch die normale Haustür verschwunden war. Wir hätten etwas hören müssen, zumindest ich.
    Ich ging auf die Treppe zu. Die Beretta hielt ich mit einer Hand fest und hatte das Gelenk so gekantet, daß die Waffe mit ihrer Mündung gegen die Decke wies. So konnte ich sie blitzschnell senken, zielen und auch schießen.
    Vor der ersten Stufe blieb ich stehen, schaute die Treppe hoch, die schon sehr bald einen Knick machte, weiter in die Höhe führte und danach erst in der ersten Etage endete.
    Tat oder bewegte sich dort etwas?
    Ich sah nichts. Durch ein kleines Fenster auf halber Höhe fiel blasses Licht, das ein bläulich schimmerndes Viereck auf die Breite zweier Stufen malte.
    Ich ging weiter.
    Meine Schritte schabten über das dunkle Holz der Stufen, auf denen eine dünne Schicht aus grauem Staub lag.
    Ich erreichte die erste Etage, ohne daß etwas passiert wäre. Dann stand ich vor einer Tür. Sie war geschlossen. Als ich sie auftrat und in das Zimmer zielte, sah ich, daß es ein Schlafraum war. Ein Doppelbett, ein Schrank, eine alte Kommode mit dazugehöriger Waschgelegenheit.
    Aber kein Mörder.
    Ich zog mich wieder zurück.
    Wenig später tauchte ich in die Enge eines schmalen Flurs und sah über mir eine offene Luke, durch die man auf den niedrigen Dachboden klettern konnte.
    Das war der Weg!
    Eine Leiter gab es nicht. Wer hoch wollte, mußte springen und sich an der Kante in die Höhe ziehen.
    Für mich war es zu spät.

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