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Die Himmelsfestung

Die Himmelsfestung

Titel: Die Himmelsfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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drohten zu erlöschen, als endlich der Morgen graute. Im selben Augenblick verschwanden der Fremde, die Hütte und das Feuer, als hätten sie niemals existiert. Entsetzt stellte Fryll fest, daß er auf einem großen Stein am Rand eines Abgrunds saß. Hätte er sich nach dem vermeintlichen Holz gebückt, wäre er zu Tode gestürzt und würde mit zerschmetterten Gliedern in unergründlicher Tiefe liegen.
    So rasch er konnte, floh er von diesem Ort, bemüht, nicht einen einzigen Blick zurückzuwerfen, weil dies zweifellos erneutes Unheil heraufbeschworen hätte. Er hatte von den Waldgeistern gehört, die einsamen Wanderern auflauerten, war aber nie zuvor einem begegnet.
    Über Nacht hatte der See sich in eine ausgedehnte Wasserfläche verwandelt, die gut das Fünffache ihrer vorherigen Größe einnahm. Durch die Regenfälle war der kleine, das Gewässer speisende Bach zum schäumenden Fluß geworden.
    Fryll schlug einen weiten Bogen, um in der ursprünglichen Richtung weiterzugehen. Er war noch nicht weit gekommen, als hinter ihm Hufschlag laut wurde. Im ersten Erschrecken fühlte er sich versucht zu fliehen, doch der Reiter hatte ihn eingeholt, ehe er die nächsten Bäume erreichte. Das schnaubende Roß versperrte ihm den Weg.
    »He«, rief der Mangokrieger. »Wohin so eilig?« Sein Schwert zielte auf Frylls Herz, der nur ein zusammenhangloses Stammeln hervorbrachte.
    Das Pferd begann unruhig zu tänzeln; Fryll wich einige Schritt zurück. Er zögerte plötzlich, Mythor zu verraten. Würde Hogun sich wirklich auf einen Zweikampf einlassen, oder wollte er sein Opfer aus dem Hinterhalt töten?
    »Lauf, Schrat!« brüllte der kalte Reiter. »Zeig, was du kannst.«
    Fryll war gezwungen, sich mit einem Sprung kopfüber ins Gebüsch zu retten. Der Reiter lachte. Schon drängte er sein schnaubendes Roß heran und stieß mit dem Schwert zwischen die Äste. Dem Schrat blieb keine andere Wahl, als erneut zu fliehen. Sein Gegner machte sich ein Vergnügen daraus, ihn zu hetzen.
    Die Breitseite des Schwertes riß Fryll von den Beinen. Sich weit über den Hals seines Tieres beugend, holte der Reiter zum letzten Hieb aus.
    »Hogun wird dich dafür vernichten!« stieß Fryll hervor.
    Der Krieger hielt überrascht inne. Durch die Wirkung seiner Worte bestärkt, fuhr der Schrat fort: »Bringe mich zu Hogun! Er wartet auf die Nachricht, die ich für ihn habe.«
    »Hogun umgibt sich nicht mit Kreaturen wie dir«, erklang es verwirrt.
    »Willst du dir seinen Zorn zuziehen?« Allmählich gewann Fryll das alte Selbstvertrauen zurück.
    Der Reiter antwortete nicht, sondern stieß einen gellenden Pfiff aus. Gleich darauf glitt einer der großen schwarzen Vögel des Bösen majestätisch heran.
    Ehe Fryll seinen Mut bereuen oder auch nur eine abwehrende Bewegung machen konnte, stieß das Tier auf ihn herab. Schmerzhaft schlossen die scharfen Krallen sich um seine Oberarme, dann verlor er den Boden unter den Füßen.
    Er wollte schreien, doch die Stimme versagte ihm den Dienst.
*
    Krampfhaft hielt Fryll seinen Zauberstab umklammert. Er wagte nicht, in die Tiefe hinabzublicken, wo der Wald längst hinter dichten Wolkenfeldern verschwunden war.
    Übelkeit würgte ihn. Er fror. Wenn er wenigstens die Sonne hätte sehen können, aber sie blieb hinter dichtem Dunst verborgen.
    Der Flug schien endlos zu währen.
    Irgendwann tauchte ein Berg aus den Wolken auf wie eine einsame Insel inmitten sturmgepeitschter See. Schnee bedeckte die Gipfelregion und die vielen schroffen Grate unterhalb. Ein Gletscher, der diese Felswüste in zwei Hälften teilte, schimmerte in zartem Grünton.
    Zielstrebig näherte der schwarze Vogel sich uraltem aber offensichtlich gut erhaltenem Gemäuer. Türme und Wehrgänge scharten sich um ausgedehnte Hauptgebäude. Flüchtig erkannte Fryll auch ein rundes Bauwerk, dessen Dach offensichtlich schon vor längerer Zeit in sich zusammengebrochen war.
    Er hatte keine Ahnung, wo er sich befand, denn die Aegyr hatten viele solche zum Teil prunkvollen Bauten hinterlassen.
    Recht unsanft setzte der Vogel ihn im Burghof ab und stieg gleich darauf wieder in die Höhe.
    Fryll war allein, ohne zu wissen, was ihn erwartete. Nur über eines war er sich im klaren: aus eigener Kraft würde er diesen Ort nicht mehr verlassen können; für ihn und seine Kletterkünste war der Berg zu steil.
    Vermutlich befanden sich Mangokrieger in der Nähe. Der Schrat entschloß sich zur Flucht nach vorn; ein anderer Weg blieb ihm ohnehin nicht.
    »Hogun«, rief

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