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Die Himmelsleiter (German Edition)

Die Himmelsleiter (German Edition)

Titel: Die Himmelsleiter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Lalli
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Gefallen, den ich gerne übernommen hätte. Doch dann wurde deutlich, dass sie an Kurierdienste und ähnliche Dinge dachte, derer eine Organisation wie die ihre in fast grenzenlosem Ausmaß bedurfte. Ich fühlte mich hintergangen, war enttäuscht und wütend. Wie bei einem Drogenabhängigen kreist ihr ganzes Streben nur um die Beschaffung des Stoffes, dachte ich. Wie hatte ich glauben können, dass sie mich um meinetwillen aufgesucht hatte? Ich brauste auf, zu heftig, wie mir im Nachhinein bewusst wurde, kategorisch verbat ich mir jeden Versuch, mich in etwas hineinziehen zu wollen. Schon ihre schiere Anwesenheit könne mich in Teufels Küche bringen.
    Einen Moment lang meinte ich, sie w ürde aufstehen und gehen. Doch offenbar hatte ich mich in ihr getäuscht. Ob ich mitmachte oder nicht, schien keine Rolle zu spielen. "Tommi, du lebst in einer Traumwelt", sagte sie resigniert. Sie hatte meine Antwort vorhergesehen, und ihr Versuch war halbherzig geblieben. So als wolle sie ihren Gedanken abschließen, fuhr sie fort: "Da draußen geht es um Leben und Tod, und du schaust es dir an wie einen Krimi im Fernsehen. Es geht nicht darum, dass wir dich brauchen. Es geht um dich. Es ist deine Entscheidung. Du tust es für dich selbst." Sie sprach von mir, hatte aber offenbar einen Zeitpunkt vor Augen, an dem sie selbst vor einer solchen Entscheidung gestanden hatte. "Entweder du bist Mensch oder du bist Schwein. Mensch oder Schwein, verstehst du? Es ist keine politische Frage, es ist eine Frage der Würde." Sie hatte mich im Nacken gepackt, wie einen Hund. Doch dann löste sie ihren Griff, legte den Kopf an meine Schulter und schwieg. Sie hatte mich vorher nie um einen solchen Gefallen gebeten und sollte es später nicht wieder tun.
    Irgendwann hatten sich die Gespr ächsthemen erschöpft, und auch wir waren müde geworden. Auf dem Weg ins Bad deutete ich vorsichtig an, sie könne, wenn sie wolle, auch bei mir schlafen.
    "Willst du ficken?" Sie stand in der T ür auf unsicheren Beinen und sah mich an, als hätte sie gefragt "Willst du zuerst ins Bad?".
    Ich glaube, es war dieser Satz, der mir am deutlichsten vor Augen f ührte, wie sehr sie sich verändert hatte. Die Verkleidung, die Pistole, ihr Versuch, mich mit hineinzuziehen, all das hätte zu einem Spiel gehören können. In diesem einen Wort und der Art, wie sie es aussprach, steckte die ganze Abgehobenheit ihres Fühlens, die Entfernung, die sie zwischen sich und ihr früheres Leben gelegt hatte, steckte Kälte, Abgebrühtheit und Resignation. Mit hängendem Kopf stand ich da und versuchte, meine Gedanken zu ordnen. Vielleicht war ich zu betrunken, um die richtigen Worte zu finden, vielleicht machte es keinen Sinn, es ihr erklären zu wollen. Möglich auch, dass sie einfach nur recht hatte. Müde nickte ich. "Ja, ich glaube schon."
     
    Chloé erzählte ich eine entschärfte Fassung dieser Geschichte. Vor allem das Ficken unterschlug ich, obwohl sie nicht den Eindruck machte, als könnte es sie beeindrucken. Es war die armselige Rolle, die ich gespielt hatte, die mich dazu bewog.
    Nach dem Nachtisch blieben wir sitzen und tranken unseren Wein. Von Zeit zu Zeit huschte der Kellner lautlos heran und f üllte die Gläser einige Millimeter auf. Anstatt mit dem ausklingenden Abend persönlicher zu werden, wurde unsere Unterhaltung von der kalten Realität der Ermittlungen eingeholt, die uns zusammengeführt hatten.
    Sie war gerade mit ihrer Hand nachdenklich über meinen Unterarm gefahren, die gleiche Bewegung, mit der jemand zu ersten Mal eine fremdartige Oberfläche prüft, als sie sich plötzlich zurücklehnte. "Hast du dir diese seltsame Akte angeschaut?" Sie meinte die Unterlagen, die ich in Altomontes Haus gefunden hatte, jene zusammengewürfelten Papiere, die jemand, aus welchen Gründen auch immer, dort für mich hinterlegt hatte.
    An diesem Abend, zu dieser Stunde gab es keine Akte, die mein Interesse h ätte wecken, kein Rätsel, das meine Aufmerksamkeit von ihr hätte ablenken können. Sie dagegen war von einer unterschwelligen Spannung beseelt, so als habe sie dieser Fund lange beschäftigt. Im Geiste hatte ich die Mappe längst abgehakt. Selbst wenn die Papiere mich auf eine Spur bringen sollten, was ich bezweifelte, es war mir nicht möglich, etwas Sinnvolles darin zu erkennen. Vielleicht gehörten sie auch zu einem Ablenkungsmanöver, das so anspruchsvoll war, das es bei mir scheiterte. So suchte ich nach wohlklingenden Gemeinplätzen, was mir einige Mühe

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