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Die Himmelsleiter (German Edition)

Die Himmelsleiter (German Edition)

Titel: Die Himmelsleiter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Lalli
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wirklich Gefährliche von uns Dreien, du überlegst doch ständig, was richtig und was falsch ist. Gnade uns Gott, wenn du das einmal herausfinden solltest." Er lachte laut und anhaltend, und ich fragte mich, was ihn daran so belustigte.
    Lange sann ich schweigend über seine Worte nach.
    Die Sonne wanderte den Neckar hinunter. Wir sahen auf das nahe Wasser hinaus. Der Neckartalwind hatte zaghaft eingesetzt, und zwischen den beiden Br ücken kreuzten gemächlich einige Segelboote.
    Vielleicht war es diese aufkeimende Urlaubsstimmung, die Altomonte dazu veranlasste, pl ötzlich zu sagen: "Weißt du was, Tommi?" Er hatte sich auf die Ellbogen gestützt und kaute auf einem Grashalm. "Ich glaube, ich werde mit euch nach Kreta fahren." Es war nicht seine Art, jemanden um Erlaubnis zu fragen.
    Meike w ürde nicht einmal bereit sein, darüber zu diskutieren, so viel war klar. Meine eigenen Bedenken hatten nichts mit der Person des Freundes zu tun. Nach dem absehbaren Ende der Hedwig-Affäre konnte dieser Urlaub die letzte Chance sein, meine auf wackligen Beinen stehende Beziehung zu Meike vielleicht noch zu retten. Andererseits stand mir in diesem Sommer der Sinn nicht nach wochenlanger stiller Zweisamkeit. Unter anderen Umständen hätte ich Altomonte längst gefragt, ob er sich uns nicht anschließen wolle.
    Seufzend sch üttelte ich den Kopf und sagte halb im Scherz, halb im Ernst: "Monti, Monti, es ist ein Kreuz mit dir."

DIE INSEL DER GÖTTER
     
    Altomonte kam tats ächlich nach Kreta. Wir hatten es uns in unserem Häuschen gerade halbwegs gemütlich gemacht, als er plötzlich wie zufällig auf unserer Terrasse stand. In Piräus hatte er eine Schwedin kennengelernt, eine blonde Studentin Anfang Zwanzig, und beide strahlten uns an, als wären wir uns in Heidelberg auf dem Bismarckplatz über den Weg gelaufen und nicht in einer gottverlassenen Gegend Kilometer von irgendeiner menschlichen Ansiedlung entfernt. Selbst zur nächsten asphaltierten Straße musste ein langer Fußmarsch durch das ausgedörrte und nur spärlich bewachsene Land unternommen werden.
    Die Wahrscheinlichkeit, sich hier tats ächlich zufällig über dem Weg zu laufen, war so gering, dass selbst sechs Richtige im Lotto als ein geradezu zwangsläufiges Ereignis erschienen. So war es nur allzu offensichtlich, dass ich selbst hinter diesem nur für Meike überraschenden Zusammentreffen stecken musste. Und so war es auch. Ich hatte Altomonte seinen Wunsch nicht abschlagen können, hatte mich sogar ein wenig darauf gefreut, mit ihm ein paar Tage abseits des Alltags zu verbringen, und schließlich hatten wir dieses durchsichtige Komplott inszeniert, wohl wissend, dass Meike sich keine Sekunde davon würde täuschen lassen.
    Zwei, drei Tage lang tat sie beleidigt, las irgendwo zur ückgezogen in einem Buch oder lag am Strand hinter einer Klippe. An uns richtete sie das Wort nur, wenn es sich nicht vermeiden ließ. Dann hatte sie sich offenbar an den Gedanken gewöhnt, mich zumindest für eine Weile mit Altomonte zu teilen, zumal sie sich mit Brit, der jungen Schwedin, auf Anhieb verstand.
    Wir wohnten oberhalb der Bucht von Mesar á unweit des kleinen Badeortes Matala. Das Haus stand einsam oben auf der etwa hundert Meter hohen Steilküste. Von unserem Schlafzimmer waren es keine zehn Schritte bis zum Abgrund. Dafür hatten wir eine atemberaubende Aussicht. Der ganze Küstenbogen von Timbakí über Agia Galini bis zum zehn Kilometer entfernten Mélambes lag wie eine Luftaufnahme vor uns.
    Unser H äuschen bestand aus zwei winzigen Schlafzimmern und einer noch kleineren Küche. Aus der Ferne glich es einer Schuhschachtel, weiß und schmucklos. Wären die beiden großen Terrassen nicht gewesen, die nach vorne und hinten hinausgingen und auf denen wir uns hauptsächlich aufhielten, wir hätten uns von Haridimos, dem Besitzer, dem wir ein paar Tage zuvor hier hinauf gefolgt waren, vermutlich nicht überreden lassen. Der zweite unbestreitbare Vorteil war die Lage. Weit und breit gab es nichts anderes, kein Haus und kaum einen Baum. Unsere einzigen Nachbarn waren zwei Münchner, ein Pärchen um die Vierzig, die in ihrem VW-Bus am Ende des Feldweges nächtigten. Nach Pitsidia, dem nächsten Dorf, waren es zwei Kilometer. Von dort aus versorgte uns Haridimos mit dem Allernötigsten. Auf seinem Esel brachte er frisches Wasser in großen Plastikkanistern und eine Colaflasche voll Ouzo vom Fass. Meistens blieb er dann so lange, bis die Notration getrunken war, und

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