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Die Himmelsmalerin

Die Himmelsmalerin

Titel: Die Himmelsmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Rosenberger
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Vögel. Nicht weit weg hörte Lena Glöckchenklang und sah ein paar Ziegen, die von einem bar- füßigen Mädchen gehütet wurden. Selbstvergessen ließ die Kleine ihre Füße in den Bach baumeln und spritzte hin und wieder ein bisschen Wasser hoch. Die Ziegen knabberten die Rinde der Bäume an und entfernten sich nach und nach. Lionel ließ sich Zeit. In aller Ruhe versorgte er die Pferde, nahm beiden die Sättel ab, löste den Vesperbeutel von Bonnes Sattelknauf und breitete die Leckereien vor ihnen aus.
    »Nicht schlecht – Pasteten mit Beeren und Fleisch«, sagte er.
    »Marthas Spezialität«, erwiderte Lena.
    Ein Stück Schinken, einen Käse, weißes Brot, mehrere Äpfel und süße kleine Kuchen hatte Martha ebenfalls eingepackt und auch den Wein dazu nicht vergessen. Sie aßen und tranken, bis sie beinahe platzten. Dann lehnte sich Lionel zurück. »Ihr fragt Euch sicher, warum ich meine Zeit mit Euch verbringe und nicht bei der Arbeit bin.«
    Sie nickte. »Schon. Aber zuerst würde es mich interessieren, wie Ihr es schafft, mit Martha geheime Absprachen zu treffen?«
    Er lachte leise. »Dumm ist, wem nicht gelingt, sich mit der Köchin des Hauses auf freundschaftlichen Fuß zu stellen. Das ist selbst in meinem Heimatland eine viel beschworene Weisheit.«
    Lena nickte und dachte ohne Mitleid an Anstetter.
    »Aber Spaß beiseite. Eigentlich stammt die Idee, dass ich Euch mal entführe, sogar von ihr.«
    »Ach was!«
    »Doch. Und sie traut mir auch zu, dass ich Euch heil zurückbringe, was mir bei Euren Reitkünsten sicher nicht leichtfallen wird.«
    Lena lachte. »Dass ich überhaupt oben bleibe, hat mir mein Großvater aus dem Remstal beigebracht. Meine Großeltern haben dort einen Hof und Weinberge.«
    »Aber der eigentliche Grund ist, dass ich Euch etwas fragen will.« Die braunen Augen ruhten prüfend auf ihr.
    Verlegen drehte Lena die lange Haarsträhne wieder auf, die sie zwischen ihren Fingern gezwirbelt hatte.
    »Wollt Ihr eine Himmelsmalerin werden? Ich könnte auch fragen, ob Ihr mir beim Chorfenster der Franziskaner zur Hand gehen wollt, aber ich dachte, ich drücke mich besser in den Worten Eures Großvaters aus …«
    Lena bekam große Augen.
    »Nun«, begann er. »Die Arbeit geht nicht so recht voran. Euer Vater sieht zu schlecht.«
    Lena nickte. Bei allen praktischen Arbeiten war Altgeselle Johann eine große Hilfe. Glasschneiden konnte er auch leidlich, aber aufs Zeichnen und die anderen Feinarbeiten verstand er sich nicht.
    »Und ich soll Euch wirklich helfen?«
    Er nickte. »Nicht nur beim Bemalen der Gläser. Ich will auch, dass Ihr schneidet und mir beim Glasblasen assistiert.«
    Lena hatte zwar seit ihrem dreizehnten Lebensjahr Glasbilder bemalt, die Vorarbeiten und den Einbau der Gläser hatte aber immer ihr Vater erledigt. Wenn sie den Franken richtig verstand, bot er ihr einen umfassenden Einblick in ein Handwerk, das sie gar nicht lernen durfte. Ihr Herz begann zu klopfen.
    »Natürlich bin ich dabei«, rief sie so laut, dass die Vögel im Weidengebüsch aufflogen und die kleine Hirtin überrascht hochschaute. »Und Vater hat wirklich eingewilligt?«
    »Wohl oder übel, als er merkte, dass die Arbeit nicht so vorangeht, wie sie sollte.« Er zögerte. »Nur bezahlen darf ich Euch nicht. Und Euer Bräutigam sollte nichts erfahren.«
    »Deshalb auch der Mantel.«
    »Und, wie findet Ihr die Idee?«
    Lena strich über den zarten Stoff. »Mehr als angemessen. Nie würde ich bei Euch so viel verdienen, dass ich mir so ein schönes Stück dafür kaufen könnte.«
    Sie fühlte sich plötzlich so leicht wie einer der Vögel in der Baumkrone. Am liebsten wäre sie auf und ab gesprungen vor Freude. Stattdessen winkte sie die Hirtin heran. »Hast du Hunger, Kleine? Wir haben etwas zu feiern, und da sollst du dich auch freuen.«
    Aus der Nähe sah das Kind noch abgerissener aus. Ihr Rock war zerlumpt, die Beine dünn und zerkratzt, und ihr Gesicht verschwand fast unter einer dicken Dreckschicht. Sie hatte Brombeeren gegessen, und rund um den Mund hatten sich ihre Wangen blau und lila verfärbt. Lenas Herz tat plötzlich weh, und sie legte dem Kind den ganzen Rest Pasteten und ein paar süße Kuchen dazu in die Schürze. Ungeniert begann die Kleine sofort damit, sich das Gebäck in den Mund zu stopfen.
    »Danke!«, nuschelte sie mit dicken Backen und rannte davon.
    Lionel stand auf, ging zu den Sätteln hinüber und machte sich an der Packtasche zu schaffen.
    »Diese Arbeit könnte Euch frei

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