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Die Himmelsmalerin

Die Himmelsmalerin

Titel: Die Himmelsmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Rosenberger
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machen«, rief er. »Ist Euch das klar? In den höchsten Kreisen des Reiches fragt niemand nach einem Meisterbrief. Und wenn Ihr gut genug seid, dürft Ihr als Glasmalerin sogar eine Frau sein.«
    Lenas Freude verflog. Ihr Platz war in Esslingen, in einer Werkstatt, die keinen Nachfolger hatte.
    »Ich helfe Euch«, sagte sie leise und drängte alles beiseite, was über die nächsten zwei Monate hinausging.
    Lionel kam zurück und legte ihr vorsichtig ein weiteres Paket in die Hände. Als Lena es öffnete, fiel ihr ein Dolch in den Schoß – ein Meisterwerk mit einem juwelenbesetzten Griff aus dunklem Holz, der glatt in ihrer Hand lag. Kaum hatte sie die Klinge berührt, fuhr diese ihr unvermittelt in den Finger. »Verflixt!« Sie steckte ihn in den Mund und leckte das Blut ab.
    »Vorsicht!«, sagte Lionel. »Das dürfte das schärfste Messer im Neckartal sein.«
    »Nicht gerade zum Äpfelschneiden«, kommentierte Lena.
    Seine ernsten, braunen Augen trafen sich mit ihren.
    »Der Dolch ist von Christoph Messerschmied aus Augsburg, der Beste seines Faches. Dort kaufe ich alle meine Klingen. Ich schenke ihn Euch, damit Ihr nie wieder unbewaffnet einem Feind begegnen müsst.«
    Ein Teil von Lena malte sich genüsslich aus, Marx Anstetter die schärfste Klinge des Neckartals in den Rücken zu stoßen. Ein anderer Teil schämte sich für diesen Gedanken.
    »Aber ich kann nicht damit umgehen.« Ihr Finger glitt noch einmal, diesmal vorsichtiger über die Klinge.
    »Das kann man lernen, Madeleine, glaubt mir«, sagte Lionel und kniete sich vor sie. »In den letzten acht Jahren habe ich auf den Straßen des Reiches so manches erlebt. Dort traf ich auch auf fahrende Frauen, Vagantinnen und Artistinnen. Sie alle waren mit Dolchen bewaffnet, denn Schwerter, so sagten sie, seien zu schwer für die meisten Frauen. Schaut her!«
    Er hob den Dolch auf, schloss ihre Finger um den Griff und legte seine Hand darum. Lenas Körper kribbelte, und ihr Herz begann zu klopfen. »Haltet die Waffe ganz fest. Und wenn Ihr sie gebrauchen müsst, legt Eure ganze Kraft in den Stoß.« Er hob den Dolch, um den noch immer ihre beiden Hände lagen, und simulierte einen Stoß von oben und von unten. »Wenn Ihr Euren Angreifer töten müsst, solltet Ihr nicht auf den Brustkorb zielen, sondern darunter. Er rutscht sonst an den Rippen ab. Dann setzen die Verletzungen der inneren Organe ihn sofort außer Gefecht.«
    Der vorgetäuschte Hieb endete kurz vor seinem Wams und ließ ihr Herz einen Schlag lang aussetzen.
    In diesem Augenblick betraten vier Männer die Wiese.
    Hinter ihnen erschien das Hirtenmädchen, schaute sich suchend um und pfiff nach seinen Ziegen, die nicht mehr zu sehen waren.
    Bedächtig nahm Lionel den Dolch aus Lenas Schoß, erhob sich und ging langsam auf die Satteltaschen zu, wobei er gut gelaunt vor sich hin pfiff. Die Pferde standen im Schatten einer kleinen Baumgruppe und hoben ihre Köpfe. Étoile wieherte alarmiert.
    Die Männer trugen Sicheln bei sich. Zunächst hatte Lena noch keine Angst, sondern fragte sich nur, ob jetzt im August noch Heu gemacht wurde. Doch als sie sah, dass sie auch mit Spießen bewaffnet waren und einer der Jungen eine Axt mit sich herumschleppte, biss sie sich auf die Lippe. Ein Tropfen Blut landete auf ihrer Zunge und schmeckte wie rostiges Eisen. Der Älteste mochte um die vierzig sein. Er trug einen dreckstarrenden Leinenkittel. Haare und Bart waren struppig und verfilzt, die Augen trübe und blutunterlaufen. Ebenso zerlumpt waren die halbwüchsigen Jungen, drei plumpe, muskulöse Toren, die Lena mit leerem Blick anstarrten. Der Anführer näherte sich langsam.
    »Sanna«, sagte er lauernd zu dem Mädchen, das immer noch hinter ihm herlief. »Lass uns mal allein und such die Ziegen!«
    Blitzschnell nahm die Kleine Reißaus. Lena spürte die Angst wie eine Welle, die sie erfasste und ihr Herz wild klopfen ließ. Da war der Mann auch schon bei ihr, kniete sich auf den Boden, richtete seinen Sauspieß auf sie und hob ihr Kinn mit seinem schwieligen Zeigefinger ein Stück an.
    »Was für einen süßen, rothaarigen Käfer haben wir denn da«, sagte er mit einer Stimme, die glatter war als geschmolzene Butter. »Wir können’s dir sicher besser besorgen als der feine Pinkel da.«
    Obwohl Lena vor Ekel und Angst fast verging, brachte sie kein Wort heraus. Lionel machte sich noch immer in aller Ruhe an seiner Packtasche zu schaffen. Tränen traten in ihre Augen, als der Mann seine Augen gierig über ihren

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