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Die Himmelsmalerin

Die Himmelsmalerin

Titel: Die Himmelsmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Rosenberger
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Valentin wie eine schwarze Woge. Warum hatte Kilian das getan, bei den Chancen, die ihm sein Orden bot? Er hätte studieren und ein gelehrter Dominikaner werden können, so wie er es sich immer gewünscht hatte.
    »Etwas muss ganz furchtbar schiefgelaufen sein«, stellte Lena fest, die noch immer Kilians Rechte in ihrer Hand hielt. »Ich dachte neulich schon, dass es ihm nicht gutgeht, aber er sprach ja nicht mit mir.«
    In diesem Moment hörten sie den Tumult im Gang der Klausur. »Hochwürden, nein!«, schrie eine Stimme und kippte dabei in eine höhere Tonlage. Der gleiche Novize, der erst gestern vergeblich versucht hatte, Marx Anstetter abzuweisen, stritt sich wieder mit einem ungebetenen Besucher und zog ein zweites Mal den Kürzeren.
    »Ich darf Euch nicht durchlassen!«
    Valentin runzelte die Stirn. Vielleicht sollte er dem Prior empfehlen, sich mit einer Horde Landsknechte zu umgeben.
    »Oh, doch. Ihr dürft, Ihr müsst sogar.«
    »Nicht!«, schrie der Novize noch einmal, aber es war zu spät.
    Mit einem Ruck stieß Prior Balduin die Tür auf. Als er Kilian auf dem Bett liegen sah, wurde er so weiß wie die frisch gekalkte Wand. »Oh, mein Gott …« Neben dem Bett sank er auf die Knie und nahm Kilians Hand.
    »Kilian!«
    Das klang so verloren, dass Valentin unwillkürlich die Stirn runzelte. Für einen kurzen Moment fiel die arrogante Maske von Balduins Gesicht und offenbarte sein Inneres. Schmerz und Schuld, dachte Valentin verwundert. Aber Balduin streifte seine Rolle schneller wieder über als seine Kutte. Sein Blick erreichte die Umstehenden und blieb voll blankem Hass an Valentin hängen, dem ein kalter Schauder den Rücken herunterlief. Er hatte nicht vergessen, wie gern der Prior ihn dem nassen Tod überantwortet hätte, und fragte sich, wodurch er dessen Hass auf sich gezogen hatte.
    »Ich hole ihn heim. Draußen warten zwei Träger mit einer Bahre, die ihn nach Hause bringen werden.«
    Prior Johannes stand auf und ließ seine Augen kurz zu Bruder Thomas wandern, der unmerklich den Kopf schüttelte.
    »Nein, Balduin, mein Freund.« Seine Stimme war ebenso mild wie unerbittlich. »Er ist nicht transportfähig.«
    »Aber …« Eine Ader schwoll auf der hohen Stirn des Dominikaners, der aufstand und auf den kleineren Johannes herunterblickte. Die dunklen Augen funkelten vor Wut. »Er ist Novize MEINES KlOSTErs und untersteht MEINER Aufsicht!« Es klang kalt und beherrscht, aber unter seinen Worten lag etwas, das Valentin nicht deuten konnte.
    Prior Johannes legte seine kräftige Hand auf Balduins Arm. »Im Moment bleibt er in der Obhut meines fähigen Infirmarius, dessen Hilfe er noch bedarf. Besser kann er nicht versorgt sein, auch bei deinem Bruder Krankenpfleger nicht.«
    Es war ein offenes Geheimnis, dass die Esslinger Franziskaner die Dominikaner in der Krankenpflege übertrafen. Schließlich warteten sie mit einem berühmten und gelehrten Physicus auf, dem Balduin nichts entgegenzusetzen hatte.
    »Das hat ein Nachspiel! Die Kirche sieht es gar nicht gern, wenn ihre Priester Ärzte sind und damit Gott in den Plan pfuschen.«
    »Wenn es Gottes Plan gewesen wäre, hätte er ihn in den Weinbergen sterben lassen«, sagte Lionel. Der Prior musterte ihn ebenso eiskalt wie Valentin und verließ dann den Raum.
    »Puh.« Bruder Thomas wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Das wäre geschafft. Jedenfalls fürs Erste. Ich weiß nicht, was den jungen Kirchhof zu diesem Schritt getrieben hat. Aber es besteht zumindest die Möglichkeit, dass seine Motive im Predigerkloster liegen. Grund genug, dass er es in den nächsten Wochen meidet. Valentin!«
    Dieser schreckte aus seinen düsteren Gedanken auf. »Ja?«
    »Er wird in der Nacht jemanden brauchen, der bei ihm ist. Könntest du mich unterstützen?«
    Valentin nickte abwesend. Natürlich würde er sich an der Pflege von Kilian beteiligen, auch wenn er die ganze Nacht bei ihm wachen müsste. Vielleicht würde das die Schuldgefühle betäuben, die in ihm brannten.
    Streuner im Schlepptau machte er sich auf, um die Madonna in der Sakristei abzudecken. Dabei versuchte er, sich die Tage im Dominikanerkloster vor Augen zu führen, als er auf die Wasserprobe gewartet hatte. Kilian hatte bedrückt gewirkt, vielleicht sogar verzweifelt. Valentin hatte seinen Zustand auf seine eigene Situation bezogen und sich nur auf seine Todesangst konzentrieren können. Abwesend polierte er sein Werkzeug und sortierte es in die Regale an der Wand der Sakristei ein, als er auf

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