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Die Himmelsmalerin

Die Himmelsmalerin

Titel: Die Himmelsmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Rosenberger
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schwarz, dass Kilian stimmlos schrie und sich aufbäumte, als seien tausend Teufel hinter ihm her.
    Noch zweimal schwitzte er in dieser Nacht sein Laken und die franziskanische Kutte durch, die sie ihm ersatzweise angezogen hatten, aber gegen Morgen fiel er in einen tiefen, ruhigen Schlaf. Auch Valentin war todmüde und konnte nicht verhindern, dass sein Kopf, während er auf einem Schemel neben dem Bett hockte, auf den Bettrand sackte und er zu schnarchen anfing. In seinen Träumen waren Kilian, Lena und er selbst wieder Kinder, die frei wie die Vögel durch die Weinberge rannten. Er erwachte, weil Kilians Hand schwer auf seinem Kopf lag. Durch die schmale Fensterluke drang kühle, regenschwangere Luft.
    »Dir geht’s wieder besser«, murmelte Valentin schlaftrunken.
    Kilians dunkle Augen waren klar. Verwundert befingerte er die braune Kutte, die sie ihm angezogen hatten.
    »Möchtest du etwas trinken?«
    Als Kilian nickte, erfasste Valentin eine unbändige Freude. Er goss seinem Freund einen Becher verdünnten Wein ein, den Kilian mühsam Schluck für Schluck leerte. Kurz darauf kam Bruder Thomas und untersuchte den Novizen, dessen Zustand viel stabiler geworden war. Nur seine Stimme war noch immer heiser und krächzend. Erst gegen Mittag, nachdem Kilian fast den ganzen Morgen verschlafen hatte, wagte Valentin ihn zu fragen.
    »Warum hast du das getan?« Im nächsten Moment bereute er, den Mund aufgemacht zu haben.
    Kilian nahm sich einen Moment Zeit mit der Antwort. Dann winkte er Valentin zu sich heran und krächzte: »Meine Buße!«
    »Aber wofür?«, fragte Valentin verzweifelt, doch Kilian starrte an die Decke und sagte nichts mehr.

28
    »Madeleine kann hier nicht bleiben.« Lionel legte seinen Arm um Lena und zog sie an seine Seite. Ihr Vater saß blass und schmal am Tisch und schaute sie nachdenklich an. Auf einem großen Teller lag ein gerupftes Suppenhuhn und ließ seinen Kopf schlaff auf die Platte hängen. Beiläufig verscheuchte Meister Heinrich die rote Katze, die Anstalten machte, auf den Tisch zu springen. So schwach er auch sein mochte, die Lage hatte sich derart zugespitzt, dass er sich nicht länger im Bett erholen konnte.
    Als Lena gestern Abend todmüde von ihrem erfolglosen Versuch, Berthe zu treffen, heimgekehrt war, saß der Tübinger in der Küche, hatte die Beine unter den Tisch geschoben und ließ sich von der erbosten Martha außer der Reihe mit Fleisch und Brot bewirten. Und beim Abendessen hatte er Lena so besitzergreifend in der Küche herumgescheucht, als sei er schon der Herr des Hauses. Sie war früh zu Bett gegangen und hatte wieder die Truhe unter die Klinke ihrer Zimmertür geschoben. In der Nacht weckte sie ein Geräusch. Wollte sich der Tübinger etwa wieder gegen ihren Willen Zutritt zu ihrer Kammer verschaffen? Mit klopfendem Herzen war sie zur Tür geschlichen, hatte die Truhe beiseitegeschoben und wäre fast über Lionel gestolpert, der sich auf dem Boden in seinen Mantel gewickelt hatte. Sie tauschten nichts weiter als ein verschwörerisches Lächeln. Die Wände hatten Ohren, und Meister Heinrich schlief nur ein Stockwerk höher.
    »Sonst muss Lionel wieder im Flur schlafen«, sagte sie.
    »Nein«, sagte ihr Vater leise. »Das können wir ihm nicht zumuten. Lena sollte das Haus verlassen. Vielleicht ist sie am besten im Remstal bei ihren Großeltern aufgehoben.«
    Lena schüttelte den Kopf. »Auf keinen Fall. Ich möchte zu Renata.«
    »Nicht in die einsame Kate vor der Mauer«, sagte ihr Vater.
    »Ihr habt recht, das geht nicht«, sagte Lionel. »Madeleine sollte zu dem Apotheker gehen, wie heißt er doch gleich?«
    »Anton, aber er lebt allein«, sagte sie kleinlaut. Niemals würde ihr Vater zulassen, dass sie sich bei dem Junggesellen einquartierte.
    »Renata könnte so lange in der Stadt wohnen. Ihr kleiner Junge geht doch sowieso bei Pater Thomas in die Schule. Ich werde sie noch heute fragen.« Lionel drückte Lena fester an sich. Sein Körper war warm und sicher.
    Der graue Blick ihres Vaters bohrte sich in seine Augen. »Gehe ich recht in der Annahme, dass Ihr Euch mit der Absicht tragt, um meine Tochter anzuhalten, Meister Jourdain?«, fragte er streng.
    »Ja«, sagte er schlicht, und Lena wurde vor Glück ganz schwindlig. »Und wenn sich die Ereignisse nicht gerade überschlagen würden, hätte ich Euch sicher in einem besseren Moment gefragt. Wollt Ihr sie mir denn geben?«
    Ihr Vater nickte. »Nichts würde ich lieber. Aber ich werde die Verlobung wohl nicht

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