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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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und über mit Blut besudelt, ihrem eigenen Blut, aber auch dem des Mannes, den sie getötet hatte.
    Ihr kam erst jetzt wirklich zu Bewusstsein, was geschehen war, und ein sonderbares Gefühl von Bitterkeit breitete sich in ihr aus. Sie fühlte sich schuldig, und auch der Gedanke, dass dieses Gefühl einfach nur widersinnig war, änderte daran gar nichts. Sie hatte keine Wahl gehabt. Der Mann hätte sie umgebracht, wenn sie sich nicht gewehrt hätte, ganz gleich, was sie auch gesagt oder getan hätte, daran bestand nicht der mindeste Zweifel. Er hätte ihr auf unvorstellbare Weise Gewalt angetan und sie danach umgebracht, oder vielleicht auch gewartet, bis sein Kamerad zurück gewesen und über sie hergefallen wäre, und sie dann umgebracht, aber umgebracht hätte er sie auf jeden Fall, und wahrscheinlich auf allergrausamste Weise. Sie hatte es tun müssen. Dennoch empfand sie keinen Triumph. Der Mann hatte den Tod verdient, schon wegen dem, was sein Kamerad Runa angetan hatte, aber es war trotzdem ein schreckliches Gefühl, einen Menschen getötet zu haben, getötet mit den eigenen Händen.
    Vorsichtig löste sie die Hand von ihrem Halt und lauschte in sich hinein. Ihre Knie fühlten sich so wackelig an, als hätten sich ihre Knochen in weichen Brei verwandelt, und auch der Schmerz in ihrem Schoß war wieder da - er war niemals weg gewesen, aber für eine Zeit hatte sie sich in einer Welt bewegt, in der Schmerzen und Furcht keine Macht mehr hatten -, so schlimm, dass sie sich nur mit vorsichtigen kleinen Schritten und weit nach vorn gebeugt bewegen konnte. Aber sie konnte sich bewegen, und das allein zählte.
    Mit zusammengebissenen Zähnen schlurfte sie auf die Tür zu, stieß sie gänzlich auf, indem sie sich schwer mit der Schulter dagegen lehnte, und fiel mehr hindurch als sie ging.
    Unversehens fand sie sich in dem großen Raum wieder, in dem sie am Abend zusammen mit ihrer Mutter und Targan gewesen war, nicht einmal weit von der Stelle entfernt, an der sie die drei Fremden das erste Mal gesehen hatte, von denen zwei nun tot waren; und der dritte würde nur allzu bald sterben, dafür würde sie sorgen, dachte sie grimmig. Seltsam, auf welch absonderlichen Wegen sich ihre Gedanken bewegten. Das Wissen, den Mann unten in der Mine getötet zu haben, machte ihr immer noch zu schaffen, und doch verspürte sie zugleich eine grimmige Entschlossenheit, auch seinen Kameraden tot zu sehen.
    Sie machte einen weiteren, taumelnden Schritt und blieb wieder stehen, als sie ihre Mutter und Targan erblickte, die am anderen Ende des Raumes standen und aufgeregt mit einem dritten Mann sprachen, der verfilztes langes Haar hatte und einen schmutzstarrenden Wisentmantel trug; der Streit, den sie schon unten gehört zu haben glaubte. Niemand hier im Raum schien mehr zu schlafen. Die meisten hatten sich halb auf ihren Lagern aufgerichtet und folgten dem lautstarken Streit zwischen Lea und dem Fremden, manche waren auch halb aufgestanden, und Arri bemerkte, dass sich die eine oder andere Hand nach einer Waffe oder einem Knüppel ausstreckte. Die Spannung, die in der Luft lag, war fast mit Händen greifbar.
    Arri machte einen weiteren, taumelnden Schritt und blieb wieder stehen. Die Tür, durch die sie hereingekommen war, fiel mit einem hörbaren Klacken hinter ihr zu, und der eine oder andere Kopf flog mit einem Ruck herum. Bisher hatten weder ihre Mutter noch Targan etwas von ihrem Eintreten bemerkt, denn sie waren viel zu sehr auf ihr Gespräch konzentriert, aber das änderte sich, als Arri einen weiteren Schritt machte und sie die Kräfte verließen. Hilflos fiel sie auf die Knie, stützte sich mit der linken Hand ab und versuchte mit der anderen, ihren zerrissenen Rock zusammenzuhalten, und was dann geschah, ging fast zu schnell, als dass sie hinterher genau hätte sagen können, wie es geschah und in welcher Reihenfolge: Targan und ihre Mutter hoben mit einem Ruck die Köpfe und sahen in ihre Richtung. Leas Augen wurden groß, und ein Ausdruck von Verblüffung und Schrecken erschien in ihrem Blick, und auch der Fremde wirbelte herum, und der Ausdruck auf seinem Gesicht wandelte sich im Bruchteil eines Atemzuges von Unglauben zu maßlosem Entsetzen. Dennoch reagierte er erstaunlich schnell. Bevor er sich gänzlich umgedreht hatte, zuckte seine rechte Hand bereits unter den Umhang und schloss sich um den Griff des Schwertes, das er darunter trug.
    Doch so schnell er auch war, es reichte nicht.
    Noch während er sich umdrehte,

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