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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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einer der beiden Männer. »Und zieh das andere Kleid an. So schmutzig kannst du nicht vor den Hohepriester treten.«
    Arri drehte den Kopf und sah überrascht zu den beiden Wachen zurück. Sie war erschrocken, obwohl sie doch eigentlich hätte wissen müssen, warum man sie aus ihrem Gefängnis holte. Dann nahm Erstaunen dem Platz des Schreckens ein, als die beiden ohne ein weiteres Wort nicht nur das Haus verließen, sondern auch die Tür hinter sich schlossen. Jamu und sein Begleiter hätten wohl eher das genaue Gegenteil getan und ihr in aller Ausführlichkeit dabei zugesehen, wie sie sich auszog und wusch. Anscheinend hatte Rahn tatsächlich mit dem Herrn von Goseg gesprochen.
    Sollte sie das beruhigen? Arri dachte einen Moment lang ernsthaft über diese Frage nach, kam aber zu keiner Antwort, und was hätte es ihr auch genutzt? Sie hob die Schultern, trat dichter an den Schemel heran und nahm das Kleid in Augenschein, das darauf lag. Es war ihr viel zu groß und von einem Schnitt, der sie weit mehr an einen Sack denken ließ denn an etwas, das man anziehen konnte.
    Achselzuckend ließ sie das Kleid wieder sinken. Auch darüber nachzudenken war reine Zeitverschwendung, denn ihr war klar, dass ihre beiden Bewacher darauf bestehen würden, dass sie es anzog. Also überzeugte sie sich mit einem raschen Blick noch einmal davon, dass die Tür auch tatsächlich geschlossen und sie unbeobachtet war, und streifte dann mit einer raschen Bewegung ihre Kleider ab.
    Erst, als sie sie zu Boden warf, sah sie, wie hoffnungslos verdreckt und an zahllosen Stellen zerrissen sie tatsächlich waren. Aber genau genommen bot sie selbst auch keinen sehr viel besseren Anblick. Auch sie starrte vor Schmutz, und nun, einmal an der frischen Luft gewesen, konnte sie Rahns Bemerkung, über die sie sich mehr geärgert hatte, als sie zugeben mochte, sehr viel besser verstehen.
    Er hatte Recht gehabt.
    Aber es war nicht nur der Schmutz. Arri sah noch einmal und aufmerksamer an sich herab und verzog die Lippen zu einer Grimasse. Unter all dem Dreck hatte sie noch immer zahllose Schrammen, mehr oder weniger verschorfte Wunden und blaue Flecken. Auch, wenn ihr Bein mittlerweile kaum noch wehtat und sie nur noch ganz leicht humpelte, so war es doch noch immer deutlich angeschwollen, und unter der Kniescheibe zeichnete sich eine halbmondförmige, dunkelblaue Verfärbung ab, die sie in jedem Fall sofort von ihrer Mutter hätte behandeln lassen. Es war seltsam, aber gerade der Anblick der Schwellung ließ sie ihre Mutter so schmerzlich vermissen, dass sie fast aufgeschluchzt hätte.
    Da sie nicht glaubte, dass ihre Bewacher ihr allzu viel Zeit lassen würden, und sie ihnen auch nicht die Genugtuung geben wollte hereinzuplatzen, während sie noch nackt dastand und sich wusch, ließ sie sich rasch vor einem der beiden Eimer in die Hocke sinken und schöpfte sich zwei Hände voll eiskalten, klaren Wassers ins Gesicht. Es war so eisig, dass sie sofort eine Gänsehaut am ganzen Körper bekam und mit den Zähnen zu klappern begann. Dennoch wiederholte sie die Prozedur noch drei- oder viermal, bis sie das Gefühl hatte, wenigstens halbwegs sauber zu sein, dann schöpfte sie weitere Hände voll Wasser und trank solange, bis sie einfach nicht mehr konnte.
    In Ermangelung eines Tuches tauchte sie ihr zerrissenes Kleid in den Eimer, wrang den Stoff unter Wasser aus, so gut sie konnte, und reinigte damit anschließend ihren Körper von all dem eingetrockneten Schmutz, Blut und Schweiß; wenigstens an den Stellen, die sie selbst erreichen konnte, und so gut es ging.
    Es war eine anstrengende und schmerzhafte Prozedur, aber Arri biss die Zähne zusammen, verbrauchte das ganze Wasser, das man ihr bereitgestellt hatte, und suchte anschließend nach einem trocken gebliebenen Stück des Kleides, um sich damit abzutrocknen. Als sie sah, wie verdreckt der Stoff wirklich war, verwarf sie den Gedanken wieder. Sie hätte sich allerhöchstens wieder schmutzig gemacht. Stattdessen streifte sie sich mit den flachen Händen das Wasser von der Haut, so gut es ging, und schlüpfte anschließend in das Kleid, das man ihr hingelegt hatte. Sein Schnitt blieb so unvorteilhaft, wie er war, und zu allem Überfluss fühlte sich der Stoff so rau an, als hätte sie sich in grobem Sand gewälzt. Jede Bewegung in diesem Albtraum von Kleid musste zur schieren Qual werden. Aber immer noch besser, dachte sie, als in einem blutbesudelten Fetzen vor den Herrn von Goseg zu treten.
    Ihre

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