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Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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anderen Schwachköpfe nur glauben, dass du das dem Dorf hättest antun können? Seitdem du bei unserem Volk bist, hast du nur Gutes getan! Haben sie etwa vergessen, dass du immer für sie da warst, ihre Wunden versorgt und die Kranken geheilt hast?«
    »Was hat denn das eine mit dem anderen zu tun?«, fragte Arri heftig.
    »Vielleicht mehr, als du meinst.« Isana zerrte an ihrer Halskette, als wolle sie sie abreißen. »Dies ist das Symbol der Heiler. Meine Tante hat es getragen – und du und ich auch. Heiler tötet man nicht, so verlangen es die alten Regeln.«
    »Und du meinst tatsächlich, deshalb wäre ich noch am Leben?«
    Isana zuckte mit den Achseln. »Könnte doch sein, oder? Sonst hätten sie dich doch sicherlich schon geholt und so lange in den See getaucht, bis dir die Augen aus dem Kopf quellen und nur noch ein paar letzte Luftblasen aufsteigen – so haben sich das jedenfalls Taru und ein paar andere Hitzköpfe immer wieder ausgemalt.«
    »Vielleicht hast du ja recht und das ist tatsächlich der Grund, warum sie mich bislang verschont haben«, gab Arri zu. »Und trotzdem: Ich wäre froh, sie hätten mich schon längst zum See gebracht. Dann wär ich jetzt wenigstens bei Dragosz.«
    »So etwas darfst du nicht einmal denken!« Isana ließ ihre Kette mit einem Ruck los. »Schließlich hast du doch einen Sohn!«
    »Ja. Ich habe einen Sohn. Oder vielleicht doch nicht?« Arri zerrte ärgerlich an ihren Fesseln. »Siehst du ihn hier vielleicht irgendwo? Darf ich ihn denn stillen? Weiß ich überhaupt, ob er noch am Leben ist!«
    »Natürlich ist er am Leben!« In Isanas Augen blitzte blanker Zorn auf. »Ich habe ihn noch heute Morgen gesehen!«
    »Das hätte ich auch gerne«, sagte Arri bitter.
    »Ja, natürlich.« Isana schüttelte wild den Kopf. »Aber glaube bloß nicht, dass sie dich noch einmal zu ihm lassen!«
    Isana hatte das schnell und unbedacht hervorgestoßen, doch ihre Worte trafen Arri wie Axthiebe. Als man ihr das Bündel Leben nach der Geburt in den Arm gelegt hatte, waren alle vorangegangen Schmerzen und Entbehrungen vergessen gewesen. Ein Traum vollkommener Glückseligkeit, neben dem alles andere zur Bedeutungslosigkeit versank, das war der Augenblick gewesen, als Dragosz zu ihr in die Hütte gestürmt war, die er während der Geburt nicht hatte betreten dürfen.
    »Es ist ein Junge«, hatte er dann begeistert ausgestoßen. »Es ist ein Junge, Arri! Kyrill wird einst meine Nachfolge antreten!«
    Erst da hatte sie erfahren, welchen Namen Dragosz und die Ältesten für den Fall gewählt hatten, dass sie einen gesunden Jungen zur Welt brächte. Aber das war ihr gleich. Frauen gebaren Kinder, Männer bestimmten über ihr Schicksal, so war es bei den Rakern Brauch.
    Für sie zählte dagegen in diesem wunderbaren Augenblick nur, dass die Geburt gelungen war. Gesund, kräftig und voller Lebensmut, das war Kyrill, und das hatte sie schon gewusst, als der kleine Kerl sie zum ersten Mal angesehen hatte und sich mit wildem Strampeln das hatte holen wollen, was sie ihm von da an in verschwenderischem Maße hatte zukommen lassen: Zuwendung.
    »Mach dir keine Sorgen«, sagte Isana, die Arris Erstarrung wohl richtig deutete, »Abdurezak wird den kleinen Mann mit Sicherheit wie seinen Augapfel hüten. Schließlich ist er der künftige Herrscher der Raker!«
    Gerade platschte ein besonders dicker Tropfen von der schadhaften Stelle im Dach auf Arris Wange und rann langsam wie eine salzige Träne ihre Wange und ihren Hals hinab. »Ja, natürlich«, sagte sie voller Gram. »Ein Säugling macht sich ganz besonders gut als Herrscher. Noch dazu einer, dessen Mutter eine Drude ist, die das halbe Dorf vergiftet hat.«
    »Na, das wäre mir aber aufgefallen, wenn du eine Drude wärst, die doch nichts anderes im Sinn hat, als Menschen zu verderben …« Isana schüttelte den Kopf. »Nein, es ist etwas ganz anderes, das mir Sorgen macht.«
    »Du machst dir Sorgen? Aber warum denn?« Arri verlagerte das Gewicht, soweit es die verfluchte Fußfessel zuließ. »Du bist doch jetzt die Heilerin …«
    »Darauf lege ich keinen Wert!«, unterbrach sie Isana ungeduldig. »Ich habe noch so viel zu lernen! Ich kann dich doch gar nicht ersetzen!«
    »Aber du bist die Tochter deiner Mutter«, erinnerte sie Arri. »Und die Schwester deiner Mutter war eine große Heilerin, die dich von klein an in ihre Geheimnisse eingeweiht hat.«
    »Ja«, murmelte Isana fast unhörbar. »Das war sie. Und das hat sie getan.« Sie schüttelte sich,

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