Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe
bei uns ans wärmende Feuer geschlichen hat – aber nur, um es bei der ersten Gelegenheit zu ersticken? Oder zu dem Volk der Raker, das unendliche Strapazen auf sich genommen hat, um endlich Urutark zu finden?«
»Ich bin durch und durch Rakerin«, stammelte das Mädchen weiter. »Ich bin Isana, die Tochter von Kenan, dem Schmied.«
»Ja, du bist von wahrhaft ehrenvoller Abstammung. Schließlich ist dein Vater der beste Schmied im weiten Umkreis.« Tarus Blick blieb wie schon zuvor an den fertig gestellten Steinkolossen hängen, die so sorgfältig gefertigt worden waren, dass der sturmgepeitschte Regen der letzten Stunden von ihrer glatten Oberfläche einfach abgeperlt war. Er schüttelte den Kopf, verstand es einfach nicht. »Ich hoffe nur, du willst deinem Vater auch Ehre machen«, fuhr Taru fort. »Denn sonst könnte es leider sein, dass dir ein kleines Unglück widerfährt!«
Kapitel 22
In der Hütte, die an dem Berg klebte, als hätten ihre Erbauer sie von Anfang an so weit wie möglich vor den entfesselten Naturgewalten schützen wollen, herrschte drangvolle Enge. Der Sturm hatte heftigen Regen mit sich gebracht, der sich jetzt mit brutaler Heftigkeit entlud. Sicherlich war das Reetdach über ihnen früher einmal dicht gewesen. Doch mittlerweile wies es so viele schadhafte Stellen auf, dass der reine Zufall es bestimmte, wer in ihrer nicht ganz kleinen Gruppe zuerst mehr Spritzwasser abbekam als ein anderer.
Nass würden sie ohnehin werden.
Lexz stand an der Tür, spannte seine Muskeln an, und suchte nach einem möglichst festen Stand, um sie so gut es ging zuzudrücken. Das war alles andere als einfach. Die schweren Eichenholzbretter des Türblatts zitterten und bebten in seinen Händen wie die Flanken eines wilden Tieres, das sich nicht beruhigen lassen wollte. Aber es blieb ihm gar nichts anderes übrig, als hier mit aller Kraft gegen den Sturm anzukämpfen, wollte er nicht riskieren, dass die Böen ins Haus hineinfuhren, um das Dach anzuheben, zu zerfetzen und mit wilder Gewalt die ganze Hütte zu zertrümmern. Entsprechend verzweifelt hielt sich Lexz in den Ritzen der Tür fest. Er hätte Hilfe gebrauchen können, aber von selbst kam niemand auf die Idee, ihn zu unterstützen: Und hätte er sich umgedreht, um über das Tosen hinweg nach seinen Gefährten zu rufen, so hätte er die zunehmend lauter stöhnende und ächzende Tür kurz loslassen müssen.
Das aber wagte er nicht.
Der Wind wechselte immer häufiger seine Richtung, und mehr als einmal wurde ihm die Tür von den heftigen Böen fast aus den Händen geschlagen. Jedes Mal, wenn sie ein Stück zurückprallte und er um sein Gleichgewicht kämpfen musste, sprang ihm der Regen mit brutaler Macht ins Gesicht und fuhr wie mit Peitschenhieben über seine Kleidung, bis sie vollkommen durchnässt war.
Und dann ließ das Tosen plötzlich ein wenig nach. Doch noch immer zerrte der Sturm an der Tür und den Wänden der Hütte, doch jetzt glich es eher einem Tasten, so als suche er sämtliche Schwachstellen zu erkunden, bevor er erneut mit voller Kraft zuschlug. Lexz traute dieser vermeintlichen Ruhepause nicht, denn von unten, vom Tal her, schallte das Heulen und Toben der Urgewalten nach wie vor zu ihnen hinauf. Doch er nutzte die Gelegenheit, um die Tür ein winziges Stück aufzuziehen und nach draußen zu spähen.
Die Heftigkeit des Unwetters hätte ihn eigentlich warnen müssen, aber als er durch den Türspalt ins Tal hinabsah, war er dennoch geschockt. Vorhin, als er neben Torgon gestanden und auf den schwarzen Horizont gestarrt hatte, hatte ihm dieser Anblick Unbehagen eingeflößt, vielleicht sogar Angst. Jetzt erfüllte er ihn mit noch einem anderen Gefühl, für das er im ersten Augenblick nicht einmal ein Wort fand.
Zu einem Gutteil war es die Furcht vor den entfesselten Naturgewalten, die sich aus allen Richtungen zugleich zu nähern schienen. Der Sturm beschränkte sich längst nicht mehr auf den kleinen Ausschnitt hinter ihnen, sondern schien die ganze Welt verschlingen zu wollen. Nur rings um die Hütten war ein zusehends kleiner werdender Teil der Welt noch vorhanden, und dahinter tobte eine von Wetterleuchten und grellen verästelten Blitzen zerrissene Schwärze, die viel mehr war als bloß die Abwesenheit von Licht. Es schien, als hätte das Unwetter einen Belagerungsring um sie gebildet, hinter dem etwas vielleicht Körperloses, aber trotzdem unvorstellbar Starkes und Fremdartiges herankroch.
Ekarna tippte ihm auf die Schulter,
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