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Die Hintertreppe zum Quantensprung

Die Hintertreppe zum Quantensprung

Titel: Die Hintertreppe zum Quantensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Peter Fischer
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Ladungen und magnetische Momente anfangen, eine Rolle zu spielen. Sie bezieht sich auch auf die ganze Physik allgemein, auf das physikalische Denken, das Feynman in all seinen Nuancen meisterhaft beherrschte und immer wieder spannend präsentieren konnte.
    Was die Forschung angeht, so stellt die von Feynman entwickelte QED, wie die Quantenelektrodynamik gerne abgekürzt wird, die genaueste physikalische Theorie dar, die uns zur Verfügung steht. Sie beschreibt, wie sich Licht und Materie begegnen und miteinander in Wechselwirkung treten, etwa wenn ein Sonnenstrahl von einem Spiegel reflektiert wird. Das heißt, Feynman hat herausgearbeitet, wie die Energie des Lichts mit der Energie der Elektronen zusammentrifft und dabei zum Beispiel Farben und Beugungsmuster entstehen. Und das Besondere daran steckt in der bildhaften Methode, die Feynman bereits 1949 als junger Mann gefunden hat. Sie vermag es, die in der QED rasch sehr kompliziert werdenden mathematischen Strukturen zu bändigen und in ansprechenden Schaubildern – den nobelpreisgekrönten Feynman-Diagrammen – einzufangen und auszuwerten.
    Und was die Lehre anbelangt, so hat er in den 1960erJahren mit seinen längst legendären Feynman Lectures of Physics , die als drei leuchtend rote Bände in ungewöhnlichem Format erschienen sind, an Raffi nesse alle anderen Lehrer übertroffen und neue didaktische Maßstäbe für unsere Zeit gesetzt. Dass es Feynman in diesen Vorlesungen gelungen ist, nicht irgendeinen zufällig aktuellen Stand seiner Wissenschaft darzustellen, sondern sich in der Lage gezeigt hat, das Wesentliche seines Fachs und die Art seines Vorgehens plausibel vorzuführen, lässt sich unter anderem daran messen, dass seine »Lectures« seit ihrem Erscheinen im Jahre 1963 in unveränderter Form gedruckt und verwendet werden. In ihnen hat Feynman offengelegt, was Physik ist und wie sie arbeitet. Inzwischen gibt es Feynman-Fans, die seine Vorlesungen zitieren, als ob es um heilige Stellen aus der Bibel geht. »Buch III, Kapitel 12, Vers 26«, heißt es dann zum Beispiel, wobei statt des Verses natürlich eine Zeile gemeint ist.
    Besonders gerühmt wird Buch I, Kapitel 37, das die Quanten in die Physik einführt. Feynman beginnt mit dem berühmten Experiment, in dem Elektronen eine Wand mit zwei benachbarten Öffnungen, einem Doppelspalt, durchlaufen und so interferieren wie Wellen, obwohl sie individuell als Teilchen registriert und gezählt werden. Feynman erklärt, wie Elektronen ihre Quantennatur offenbaren, indem sie selbst dann, wenn sie einzeln den Doppelspalt passieren und sich also durch eine der beiden Öffnungen bewegen, irgendwie doch die Möglichkeit behalten, gleichzeitig auch den anderen Weg zu wählen. Die paradoxe Erscheinung hat mit der Unbestimmtheit zu tun, die Werner Heisenberg entdeckt hat und die stets ein Unbehagen hinterlässt. So auch bei Feynman, der dieses Gefühl nicht versteckt, sondern – im Gegenteil – seiner anhaltenden Verwunderung wie folgt deutlich Ausdruck verleiht (wobei wir seiner ursprünglich prosaischen Schreibe, einem Vorschlag des Physikers David Mermin folgend, eine poetische Form geben):
    Es war immer schwierig,
die Sicht der Dinge zu verstehen,
die sich in der Quantenmechanik zeigt.
    Wenigstens für mich, denn ich bin gerade so alt,
dass ich den Punkt noch nicht erreicht habe,
an dem alles für mich offensichtlich ist.
    Ich werde immer noch nervös dabei.
    Ihr wisst doch, wie das ist.
Jede neue Idee braucht eine Generation oder zwei,
bevor es offensichtlich wird,
dass eigentlich gar kein Problem vorliegt.
    Ich kann das eigentliche Problem nicht defi nieren,
also vermute ich, dass es so ein Problem nicht gibt.
Doch ich bin nicht sicher,
dass es kein wirkliches Problem gibt.
Der Spaß an den Dingen
    An dem Tag, an dem Feynman starb, befestigten die Studenten des California Institute of Technology am höchsten Gebäude des Campus ein riesiges Banner mit der Inschrift »We love you, Dick«. Diese Geste zeigt, dass Feynman für Generationen von Physikstudenten mehr als nur ein großer Wissenschaftler und faszinierender Lehrer war. Sie liebten ihn als eine Person, die an allem Spaß zu fi nden schien, und fun könnte das Wort sein, das Feynman am besten charakterisiert. Schließlich war er es, der unübersehbar mit einem als Camper umgebauten Lieferwagen durch Pasadena bzw. Los Angeles kutschierte, auf dessen Nummernschild »Qantum« zu lesen war (mehr als sechs Zeichen waren damals nicht erlaubt und die

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