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Die Hirnkoenigin - Roman - Ausgezeichnet mit dem Deutschen Krimipreis

Titel: Die Hirnkoenigin - Roman - Ausgezeichnet mit dem Deutschen Krimipreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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Stück Scheiße, das sich auf diesem Planeten herumtrieb.
    Franz lachte, damit er sein Heulen nicht hörte. Die Flasche, die er eben noch an der Tankstelle gekauft hatte, war halb leer.
    Ein echter Mann, der trinken kann.
    Er torkelte durch den Flur. Seine Hose, die er sich wie alle anderen Kleidungsstücke vom Leib gerissen hatte, schleifte ihm an einem Bein hinterher. Er verfing sich in dem Stoff, stolperte und musste sich mit beiden Armen an der Wand abstützen. Der Whisky in der Flasche gluckste.
    Er war Dreck. Miesester Dreck, nicht einmal wert, dass Kyra ihn von ihren Absätzen kratzte.
    Als er aufblickte, starrte er dem Dreck mitten ins Gesicht. Er klatschte sich auf den Bauch. Waschlappen. Widerlicher Waschlappen. Immer wieder boxte er in das weiße Fett hinein, das zitternd Wellen schlug. Wozu hatte er diesen käsigen Körper? Damit sein Schwanz nicht in der Luft hing?

    Er brüllte auf. Die Flasche zersplitterte an der Flurkommode. Glashagel und Whiskyregen gingen auf seine Füße nieder. Alles, was in seiner Faust blieb, war ein Flaschenhals voll Zacken. Flaschenhals voll Zacken. Er betrachtete ihn genau. Zack. Der Verräter musste bestraft werden. Auch wenn er jetzt so scheinheilig zwischen seinen Beinen schaukelte, als habe er von Aufstand noch nie etwas gehört. Er holte aus.
    Im letzten Moment schloss Franz die Augen.
     
    »Was meinst du, soll ich es wieder tun?«
    Seit jener Nacht war der Unterleibskatarrh nicht mehr zurückgekommen. Ein paar Mal, wenn sie sich an das erinnert hatte, was geschehen war, hatte sie gemeint, einen Anflug davon zu verspüren, aber so richtig war er nicht mehr ausgebrochen. Vielleicht war es mit Unterleibskatarrhen wie mit Windpocken: Damals hatte Vater ihr erklärt, dass sie diese Krankheit nun nie wieder bekommen könne. Aber Windpocken waren eine Kinderkrankheit, und dieses ganze »Einmal-und-nie-wieder« gehörte in die Kindheit. Im Erwachsenenleben gab es das nicht mehr. Da gab es nur noch das Immer-wieder, Immer-wieder. Und ihr Unterleibskatarrh war ganz bestimmt eine Erwachsenenkrankheit.
    »Ich denke, ich soll es tun, aber ganz sicher bin ich nicht. Kannst du mir nicht ein Zeichen geben?«
    Der Steinkauz legte den Kopf schief und schaute sie unverwandt an.
    »Warum behältst du deine Weisheit immer für dich?« Sie zuckte die Achseln. »Komm, wir gehen runter. Abendessen.« Sie klopfte auf ihre Schulter, und der Vogel flatterte von seinem Balken herab. Er pickte sie am Ohr.
    »Damit hilfst du mir auch nicht weiter, du Dummer, du.« Sie streichelte über den runden, braun-weiß gemusterten Kopf, der sich an ihre Schläfe schmiegte, und knipste das Licht in der Schlafkammer aus.

    Als sie unentschlossen in der Küche stand, wurde ihr klar, dass sie gar keinen Hunger hatte. Aber die Eule war von ihrer Schulter geflogen und hüpfte auf der Kiste mit dem Mäusevorrat herum.
    »Weg da, Alex, du brauchst dir gar nicht einzubilden, dass ich dich da selber ranlasse. Mehr als eine bekommst du nicht.«
    Sie scheuchte den Vogel von der Kiste herunter, hob den Deckel an und angelte eins der lebenden Tierchen am Schwanz heraus. Alexander sträubte das Gefieder und keckerte los.
    »Halt den Schnabel. Habe ich dir jemals etwas weggegessen?«
    Sie warf die Maus in seine Richtung, und bevor das Tierchen unter den Kühlschrank fliehen konnte, war Alexander ihm mit drei großen flügelschlagenden Sprüngen gefolgt und hatte es gepackt. Er ließ es einige Sekunden quietschen, dann schloss er seine schönen gelben Augen und holte zum Nackenbiss aus. Vorsichtshalber hackte er noch zweimal hinterher. Als sich die Maus nicht mehr regte, schob er sie in seinen Fängen zurecht, schaute argwöhnisch nach rechts und links und flog mit seiner Beute auf den Küchenschrank.
    Der alte Brehm hatte Recht, musste sie unweigerlich denken. Der Steinkauz war ein allerliebstes Geschöpf, das unser aller Zuneigung verdiente. Obwohl sie Alexander jetzt schon so oft beim Mäusefangen zugesehen hatte, war sie immer noch fasziniert. Athene noctua. Er machte seinem lateinischen Namen alle Ehre.
    Und sie? Was war mit ihr? Machte sie ihrem Namen irgendwelche Ehre?
    Unruhig begann sie in der Küche umherzutigern. Was, wenn ihr Homberg nun doch nicht alleine in dem Haus wohnte? Wenn es doch irgendeine lästige Frau Homberg gab? Oder eine Krankenschwester, die sich um ihn kümmerte? Morgen würde sie Gewissheit haben, aber bis morgen war es noch so schrecklich lange hin.

    Die Götter mochten es nicht, wenn man an

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