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Die Hirnkoenigin - Roman - Ausgezeichnet mit dem Deutschen Krimipreis

Titel: Die Hirnkoenigin - Roman - Ausgezeichnet mit dem Deutschen Krimipreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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empor. Auch im oberen Stockwerk waren alle Fenster geschlossen. Enttäuscht begann sie, eine Runde um die Villa herum zu drehen. Von einer ehemaligen Hausbesetzerin hätte sie einen liberaleren Umgang mit Riegeln und Schlössern erwartet. Sogar die Vorhänge waren zugezogen. Kyra betrat die Veranda auf der Rückseite des Hauses und presste ihre Nase gegen die große Fensterscheibe. Wenn sie sich recht erinnerte, war hier das Wohnzimmer. Zu sehen war nichts. Die dünnen Seidenstores waren erstaunlich blickdicht.
    Sie verließ die Veranda. Wie schon neulich nachts blieb ihr Blick an den Lärchen im Park hängen. Komisch, was sie immer mit diesen Lärchen hatte. So fesselnd waren fünf alte Bäume nun auch wieder nicht. Aber zu gern hätte sie gewusst, wer dieses schwachsinnige Gerücht in die Welt gesetzt hatte, sie hätte es mit dem Alten bei seiner Geburtstagsfeier im Park getrieben. Achselzuckend machte sie sich daran, die letzte Seite der Villa auf Einstiegsmöglichkeiten hin zu untersuchen.
    Im Einfahrtskies knirschten Schritte. Vorsichtig spähte Kyra um die Ecke. Und hätte vor Verblüffung beinahe gequiekt.
    Jenny Mayer stöckelte entschlossen auf die Villa zu.
    Was um alles in der Welt wollte das politische Blond hier? Kyra hörte, wie auch sie vergebens gegen die massive Tür
wummerte. Eine Verabredung mit der Grünen schien sie nicht zu haben.
    Kyra holte tief Luft und schlenderte gelassen um die Häuserecke.
    »Jenny«, rief sie, als habe sie sich noch nie mehr gefreut, jemanden zu sehen, »das is ja ne Überraschung.«
    Die Blondine wäre vor Schreck fast aus den Stöckeln gekippt. Sie schlug beide Hände gegen die Brust. »Oh Gott, was willst du denn hier?«, fauchte sie, sobald ihre Lungen wieder ein Fauchen hergaben.
    »Gute Frage.«
    Jenny Mayer errötete. In einer Weise, die sich mit ihrem feuerroten Kostüm nicht gut vertrug. Der Kleidung nach war sie nicht gekommen, um Isabelle Konrad einen Kondolenzbesuch abzustatten.
    »Es geht dich einen feuchten Dreck an, was ich hier will«, zischte sie.
    »Hat der Alte dir die Villa vermacht?«
    Jenny Mayer wurde noch eine Nuance röter. »Halt bloß den Mund.«
    »Falls du mit dem Gedanken gespielt hast, dich an sein Töchterchen ranzuwerfen, wär ich an deiner Stelle vorsichtig. Es sei denn, du würdest dich gern noch von ner weiblichen Konrad ficken lassen.«
    Das politische Blond warf die Mähne zurück. Sie hatte ihre Gesichtsfarbe wieder im Griff. »A propos ficken lassen«, sagte sie und lächelte zuckersüß. »Die Polizei hat sich eben nach dir erkundigt.«
     
    Es war ein guter Platz, um jemanden zu beobachten. Hier, am Hundesee, standen viele Menschen einfach nur herum. Niemandem fiel auf, dass ihre regelmäßigen Kontrollblicke keinem Hund im Wasser, sondern einem alten Herrn auf einer Bank galten.
    Sie zuckte zusammen. Eine feuchte Schnauze schnupperte
an ihrer Hand. Sie zog die Arme hoch und trat nach dem Hund.
    »Hey, biste bescheuert oder was!« Die Labradorbesitzerin rannte wütend auf sie zu.
    »Es tut mir Leid. Ich habe Angst vor Hunden«, sagte sie schnell, um zu verhindern, dass die Frau noch einmal brüllte und ihren Homberg aufschreckte.
    »Das ist kein Grund, meinen Stevie zu treten.«
    »Es tut mir Leid«, wiederholte sie, »können Sie jetzt bitte weitergehen?«
    »Mann, der Stevie tut dir doch nix. Der ist doch ganz lieb. Siehste?« Die Frau drückte den Hund an sich.
    »Bitte!« Sie sah die Frau flehend an. »Meine kleine Schwester wurde von einem Hund totgebissen.«
    »Oh«, sagte die Frau unsicher und fasste ihren Stevie am Halsband. »Na ja dann.«
    Erleichtert verfolgte sie, wie die beiden abzogen. Hunde gehörten zu den gemeinsten und niedrigsten aller Geschöpfe. Nicht umsonst hatten die Griechen sie gehasst, mit Schimpfnamen belegt und in die Unterwelt verbannt. Nur Barbaren waren im Stande, Hunde zu lieben.
    Sie stieß einen kleinen Freudenseufzer aus. Ihr Homberg war aufgestanden und schickte sich an, in die Richtung zurückzugehen, aus der er vorhin gekommen war.
    Sie gab ihm einige Meter Vorsprung, bevor sie den langen Ast aufhob, den sie sich zurechtgelegt hatte, und ihn dem alten Mann hinterherschleuderte. Im selben Moment, in dem der Ast ihn im Rücken traf, schrie sie auf und stürmte los.
    »Oh, mein Gott, haben Sie sich verletzt?« Sie bückte sich zu dem alten Mann am Boden. »Haben Sie sich verletzt?«
    »Nein, ich glaube nicht.« Er blinzelte sie verwirrt an.
    »Es tut mir so Leid. Mein Gott, es tut mir so

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