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Die Hirnkoenigin - Roman - Ausgezeichnet mit dem Deutschen Krimipreis

Titel: Die Hirnkoenigin - Roman - Ausgezeichnet mit dem Deutschen Krimipreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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benimmst. Weil, erst - erst machst du so Bemerkungen und schleppst mich ganz cool in deine Wohnung ab, und - ich meine - das ist doch klar, wie ich das verstehe.«
    »So? Wie denn?«
    »Na ja.« Sein Lächeln schwankte zwischen Selbstgefälligkeit und Verlegenheit. »Dass du was von mir willst.«
    Sie lachte auf. »Und das, was ich von dir will, ist natürlich, dass du mir wie ein drittklassiger Callboy an die Titten grapschst.«

    »Etwa nicht?«, schoss er pampig zurück.
    Kyra trank einen Schluck aus der Whiskyflasche, die sie irgendwann letzte Nacht unter dem Fensterbrett vergessen hatte. »Zieh dich aus, hock dich in die Ecke, und rühr dich nicht.«
     
    »Das ist aber eine Überraschung.« Der alte Mann lächelte, erst ratlos, dann bewegt, als er erkannte, wer dort mit dem riesigen Blumenstrauß in seiner Tür stand. »Aber das wäre doch nicht nötig gewesen. Also wirklich nicht.«
    Das Mädchen lächelte zurück. »Ein paar Blumen sind doch das Mindeste, was ich Ihnen nach meiner Dummheit von heute Mittag schulde. Geht es Ihnen wieder besser? « .
    »Ja. Ja. Ganz gut. Das ist wirklich sehr aufmerksam von Ihnen.« Der alte Homberg blickte an sich hinab. Schäbiges Hemd mit Wollpullunder, Cordhose, Pantoffeln. Er sah das Mädchen an. Sie lächelte nur weiter.
    »Wollen Sie vielleicht einen Augenblick hereinkommen? Ich bin auf Besuch natürlich nicht eingestellt. Aber ich kann Ihnen einen Kaffee anbieten. Oder Tee. Oder Wein, wenn Sie möchten.«
    »Gern. Kaffee. Kaffee ist gut.« Sie folgte ihm ins Haus.
    »Wenn Sie sich vielleicht schon einmal ins Wohnzimmer setzen möchten -«, er stieß linker Hand eine Tür auf, »- hier ist es, ich gehe dann nur schnell in die Küche und mache den Kaffee.«
    Andächtig betrat sie das Wohnzimmer. Es war ein großer dunkler Raum. Zugestellt mit hässlichen, alten Möbeln. Aber das war nicht schlimm. Denn viele Bücher gab es hier. Sehr viele Bücher. Sie setzte sich auf das geblümte Kanapee. Und lächelte glücklich. Sie hatte sich nicht geirrt in ihrem Homberg. Den Blumenstrauß legte sie auf den Tisch, ihre große weiße Lacktasche neben sich in die Sofaecke.
    Es dauerte eine Weile, bis der alte Homberg aus der Küche zurückkam. Zitternd trug er ein Tablett, auf dem eine Kristallvase,
eine altmodische Porzellankanne, zwei Tassen und ein magerer Gebäckteller standen.
    »Sie müssen verzeihen, dass ich Ihnen nichts Besseres anbieten kann«, sagte er, »aber meine Haushälterin kommt erst morgen wieder, und die Vorräte sind etwas erschöpft.« Umständlich stellte er das Tablett auf dem niedrigen Tischchen ab. Jede Bewegung machte ihm Mühe. Auch das Hinsetzen.
    »Wenn Sie die schönen Blumen vielleicht -«
    Sie griff nach der Vase. »Möchten Sie, dass ich sie an einen besonderen Platz stelle?«
    »Aber nein, am schönsten ist es doch, wenn sie hier einfach auf dem Tisch stehen. Sie haben ja so einen wunderbaren Duft.«
    Er beugte sich vor, um besser an den Blumen schnuppern zu können. »Wunderbar. Wirklich ganz wunderbar.« Ein wenig Blütenstaub war an seiner Nase hängen geblieben. Er merkte es nicht. »Darf ich Ihnen Kaffee einschenken?«
    »Gern.« Sie rutschte an den vordersten Rand des Kanapees und hielt ihm ihre Tasse entgegen, in die er mit zitternder Hand eingoss.
    Ohne davon zu trinken, stellte sie den Kaffee ab. »Haben Sie denn niemanden in Ihrer Familie, der ab und zu nach Ihnen sieht?«
    »Ach.« Er seufzte. »Seitdem Roswith - meine Frau gestorben ist, ist es ein wenig einsam geworden in diesem Haus. Sehen Sie. Das da drüben ist sie.« Er zeigte auf das gerahmte Foto, das über dem Fernseher hing. »Ich habe noch einen Sohn, aber der lebt schon seit vielen Jahren in Westdeutschland. Und dort hat er ja seine eigene Familie, um die er sich kümmern muss. Da hat er für seinen alten Vater natürlich nicht mehr viel Zeit.« Er räusperte sich und hielt ihr den Teller mit dem Schachtelgebäck hin. »Hier, bitte, nehmen Sie.«
    Sie verbarg ihr Lächeln hinter einem Haselnussplätzchen.
Es war sehr still in dem Haus. Er hörte nicht auf, sie anzulächeln.
    »Tunken Sie Ihren Keks doch in den Kaffee«, drängte er sie. »Ich mache es immer so. Dann sind sie nicht so trocken. Sehen Sie.« Er führte das aufgeweichte Gebäckstück vorsichtig zum Mund.
    »Lesen Sie viel?«, fragte sie.
    »Oh, Sie meinen, wegen der ganzen Bücher hier.« Er schluckte hastig hinunter. Ein feuchter Krümel blieb in seinem langen weißen Bart hängen. »Früher habe ich viel gelesen.

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