Die Hirnkoenigin - Roman - Ausgezeichnet mit dem Deutschen Krimipreis
mit Griechisch auskennen? Vielleicht können Sie mir ja einen Hinweis geben, wo ich eine solche Stelle am ehesten finden könnte?«
Kyra drehte sich stirnrunzelnd zu Franz. »Was will der alte Wichser plötzlich mit der Ilias ?«
»Bitte, Kyra«, schaltete sich Franz brummend ein. »Ich glaube, das war keine Antwort, die Frau Schröder weiterhilft.«
»Nein. Im Ernst. Ich meine, das ist doch wirklich mehr als komisch. Erst fehlt die Ilias bei diesem toten Bibliothekar im Bücherregal, und jetzt interessiert sich Wössner plötzlich für die alte Schwarte.«
»Er sucht die Stelle für einen Botho-Strauß-Artikel«, erklärte es von der anderen Seite des Tischs. »Um nachzuweisen, dass der nur von Homer abgeschrieben hat.«
»Ah. Ach so.« Kyra nickte wenig überzeugt. »Na ja. Macht nichts. Vielleicht fällt Ihnen ja später noch etwas ein.« Nike Schröder stand auf. »Ich muss jetzt wieder hoch.« Ein Lächeln für Franz. Ein Lächeln für Kyra. »Es war schön, Sie kennen gelernt zu haben. Auf Wiedersehen.‹
»Auf Wiedersehen. Bis bald.« Franz wäre aufgesprungen, um die Kleine ordentlich zu verabschieden, hätte Kyra ihn nicht zwischen Tisch und Stuhl eingeklemmt.
»Merkwürdig. Hochmerkwürdig«, murmelte sie.
»Verdammt noch mal, Kyra! Musst du dich eigentlich immer danebenbenehmen!«
»Wie bitte? Was ist los?« Sie konnte sich nicht erinnern, dass Franz sie jemals angebellt hatte. Angegrantelt - ja, Millionen Mal. Aber nie angebellt.
»Du könntest langsam wieder anfangen, normal zu werden.
Seitdem du hinter diesen Morden her bist, benimmst du dich nur noch unmöglich.«
Kyra begann zu grinsen. Nicht besonders herzlich. »Meine Güte, das kleine Blonde hat ja mächtig bei dir eingeschlagen.«
»Dieses Mädel hat damit gar nix zu tun.« Franz gab dem Kasslerteller einen wütenden Stoß. »Nur, du führst dich wie eine Depperte auf. Ich dachte, dass sie dich eingesperrt haben, hat dir gelangt. Was willst du denn noch? Das nächste Mal hol ich dich nicht mehr aus dem Knast.«
»Ich war nicht im Knast. Ich war für erkennungsdienstliche Maßnahmen vorübergehend auf dem Präsidium festgehalten.«
Doppeltes Schweigen.
»Ich glaubs nicht. Ich glaubs einfach nicht.« Kyra klatschte mit beiden Händen auf den Tisch. »Willst du jetzt auch damit anfangen wie diese ganzen anderen Arschlöcher hier, jedem Stück Frischfleisch, das in die Redaktion schneit, unter den Rock zu fassen?«
»Hast du gesehen, dass ich ihr unter den Rock gefasst hätte?«
Kyra stieß ein schlecht gelauntes Lachen aus. »Habt ihr euch schon verabredet? Für die Oper? Und das Bierchen danach?« In gespielter Enttäuschung schlug sie die Hände vor den Mund. »Oh. Aber wahrscheinlich trinkt die Kleine gar kein Bier.«
»Bitte, Kyra, mach dich nicht lächerlich.«
»Pädophilie ist der Gipfel der Lächerlichkeit.«
»Ach ja? Und was war das mit dir und der kleinen Konrad?«
Kyra konnte nicht verhindern, dass sie rot wurde. »Erstens ist das was völlig anderes. Und zweitens war da gar nichts.«
»Schon klar«, brummte Franz. »Wenn du mich jetzt, bitte, entschuldigen würdest.« Er griff nach dem Tablett und begann, die leeren und halb leeren Teller draufzuknallen.
»Nö. Nie gesehen, die Dinger. Aber ziemlich geil. Von der Stange sind die nicht.« Der spirrige Mann mit dem Damastwämschen auf blanker Haut wog den Klarsichtbeutel, in dem die goldenen Hand- und Fußschellen lagen, ehrfürchtig in seiner Hand. »Haben Sie das mal prüfen lassen? Sind wahrscheinlich nur vergoldet. Aber trotzdem. Ziemlich geil.« Er lächelte hinter seinen runden Brillengläsern. »Ich bin ja mehr so im Filigranbereich, aber trotzdem: Wär froh, wenn einer mal so was in Auftrag geben würde. - Vielleicht nicht grad in dem speziellen Fall, aber so allgemein.« Er reichte den Beutel über den Tresen hinweg an Törner zurück. »Nö. Kann ich Ihnen wohl nicht weiterhelfen. Tut mir Leid. - Ihr zwei kommt klar«, flötete er in Richtung der beiden Girlies, die sich gegenseitig Schamlippengehänge vor die Minis hielten.
»Klar, wie immer, Toto.«
Törner ließ den Beutel in seiner Tasche verschwinden. »Haben Sie eine Ahnung, welcher Ihrer Kollegen solche Schellen anfertigt?«
Der Goldschmied kratzte sich an der roten Rose, die ins Zentrum seiner Hochglanzglatze tätowiert war. »Also, im Fesselbereich ist der Icki spezialisiert auf Sonderanfertigungen. Den würd ich mal zuerst fragen. Wenn Sie ein Momentchen warten, hab ich auch irgendwo seine
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