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Die Hirnkoenigin - Roman - Ausgezeichnet mit dem Deutschen Krimipreis

Titel: Die Hirnkoenigin - Roman - Ausgezeichnet mit dem Deutschen Krimipreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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bei Männern jenseits der Fünfzig nicht mehr in wären.
    »Ich arbeite übrigens in der Musikredaktion.«
    Die Kleine blickte wieder auf. »Ja? Das ist interessant.«
    »Was studieren Sie noch mal? Germanistik? Da werden Sie ja wahrscheinlich keine Zeit in der Musikredaktion verbringen wollen?«
    »Och, das würde ich so sicher nicht sagen. Ich kenne mich zwar nicht gut aus mit Musik. Aber ich könnte es interessant finden.«
    »Haben Sie mit Wössner mal über die genauere Planung Ihres Praktikums gesprochen?«
    Sie legte das Buch zur Seite. »Er meinte, dass ich vielleicht schon nächste Woche eine erste Rezension schreiben darf.«
    »Das ist ja schön.« Franz unterbrach sein Suppengelöffel für einen Moment. »Was hat Sie eigentlich auf die Idee gebracht, hier ein Praktikum zu machen? Wollen Sie wirklich Journalistin werden?«
    Sie legte den Kopf schief. Ihre hellen Augen wanderten zum hinteren Ende der Kantine. »Ich weiß noch nicht. Mein Vater hat gemeint, ein Praktikum im Feuilleton wäre das, was ich jetzt tun sollte.«
    »Ihr Vater.«
    »Ja. Mein Vater.«
    Franz nahm sich den Kartoffelbrei vor. »Da müssen Sie ja ein sehr gutes Verhältnis zu Ihrem Vater haben.«
    »Das habe ich.«
    »Ist er Journalist?«
    »Nein. Oh nein.« Die weißblonde Fee lachte, als habe Franz einen guten Scherz gemacht. »Haben Sie eine Tochter?«
    Nun lachte Franz. »Um Himmels willen, schauen Sie mich an. Sehe ich wie ein Vater aus?«

    Sie betrachtete ihn durch ihre langen, gebogenen Wimpern hindurch. »Nein. Eigentlich nicht. Aber genau genommen weiß ich auch nicht, wie ein Vater aussieht.«
    »Väter tragen ordentlich gebügelte Hemden. Väter gehen mit ihren Familien sonntags auf die Pferderennbahn. Väter haben nette kleine Ehefrauen, die abends mit dem Essen auf sie warten. Väter tragen Krawatten -« Franz brach ab, als er ihren skeptischen Blick sah. »Ihr Vater ist offensichtlich nicht so?«
    »Nein.« Sie schüttelte langsam den Kopf. »Nein. Mein Vater würde so etwas niemals tun.«
    »Und was tut er stattdessen?«
    »Er arbeitet.« Ihr Blick wanderte wieder in die Ferne. »Er arbeitet an einem großen Werk.«
     
    »Törner. Lassen Sie mich endlich in Ruhe mit diesem Unsinn.« Priesske sprach zu seinem Untergebenen, als hätte er einen beschränkten Schüler vor sich. »Es gibt keine Serienkillerinnen.«
    Der Kommissar blieb bockig. Er klopfte auf das schwarze Buch, das geöffnet vor ihm lag. »Und was ist mit dieser Irren in Amerika, die sechs Männer am Straßenrand aufgegabelt hat, mit ihnen in den Wald gefahren ist und sie erschossen hat?«
    »Sie meinen diese lesbische Highway-Nutte? Das ist Amerika.«
    »Und die Linzer Witwe, die fünf Ehemänner ermordet hat? Das ist nicht Amerika.«
    »Nein, das ist Österreich, Törner. Aber wie Sie selbst gesagt haben: Diese Frau hat nur Männer umgebracht, mit denen sie verheiratet war. Um an deren Geld ranzukommen.« Priesske lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und hob die Hand. »Es gibt vier Motive, die Frauen zu Serienmörderinnen werden lassen«, dozierte er, »und das sind: Habsucht, Rache, verfehltes Mitleid und dieses - wie nennen
das die Psychofritzen gleich wieder - Münchhausen-Syndrom.« Bei jedem der Begriffe schnellte ein Finger aus seiner geschlossenen Faust. »Dass es irgendeine Frau gibt, die von allen drei Morden finanziell profitiert, können wir mit Sicherheit ausschließen.« Ringfinger weg. »Dass eine Frau die drei Männer aus Mitleid umgebracht hat, ist abwegig. Die Mordart passt nicht dazu. Außerdem sind diese Mitleidsengel fast immer Krankenschwestern, die ihre leidenden Patienten ins Jenseits spritzen.« Der Mittelfinger knickte ein. »Dieser neumodische Münchhausen-Kram kommt auch nicht in Frage. Das sind ausschließlich Mütter, die ihre Kinder umbringen, um sich dann von ihrer Umwelt als die großen vom Unglück Verfolgten bedauern zu lassen.« Der Zeigefinger verschwand in der Faust. Priesske schaute seinen einsamen Daumen an. »Bleibt nur noch Rache als Motiv.« Er zeigte damit auf Törner. »Und gut, bis vor drei Tagen hätte ich Ihnen noch Recht geben können, dass hier eine auf Rachefeldzug ist. Aber Sie haben das Opfer auf dem Altar doch selbst gesehen. Mit goldenen Hand- und Fußschellen gefesselt. Und denken Sie an das, was im Sektionsbericht stand: Aller Wahrscheinlichkeit nach Katheter im Schwanz, mit Benzin gefüllt und angezündet - Törner, ich sage Ihnen: Das ist keine weibliche Rache mehr. Das ist irgendein völlig krankes

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