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Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin

Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin

Titel: Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Haifischfilet recht eßbar finden. Sie sehen also, der Bursche hier ist sein Gewicht in Gold werth!«
    Am 25. April hatte Bourcart ins Schiffsjournal einzutragen, daß er die Linie passiert habe.
    An diesem Tage hatte er um neun Uhr morgens bei klarem Wetter eine erste Beobachtung mit dem Sextanten und dem Chronometer ausgeführt, um die geographische Länge, d. h. die Ortszeit, zu erfahren, und diese Beobachtung sollte zu Mittag, wenn die Sonne durch den Meridian ging – unter Berücksichtigung der mittels des Logs gemessenen, bis dahin zurückgelegten Strecke – vervollständigt werden. Zu Mittag zeigte ihm die zweite Beobachtung die geographische Breite durch die Höhe der Sonne über dem Horizonte, und er bestimmte mittels des Chronometers genau die Stunde (d. h. in diesem Falle die Pariser Zeit).
    Das Wetter war günstig, die Luft rein und klar. Bourcart konnte also die Ergebnisse seiner Beobachtungen für hinreichend genau halten, und er erklärte deshalb auf Grund seiner Berechnungen:
    »Eben haben wir den Aequator überschritten, liebe Freunde; der »Saint Enoch« ist damit nach der nördlichen Halbkugel der Erde zurückgekehrt.«
    Obwohl der Doctor Filhiol, als der einzige an Bord, der die Linie noch nicht passiert hatte, schon bei der Fahrt über den Atlantischen Ocean der bekannten »Taufe« nicht unterzogen worden war, verschonte man ihn doch auch diesmal mit der nicht gerade angenehmen Ceremonie. Die Officiere begnügten sich, in ihrer Messe, ebenso wie die Matrosen im Volkslogis, auf den guten Erfolg der Fahrt ein Glas zu leeren. Die Mannschaft hatte eine doppelte Ration Branntwein bekommen, wie das auch jedesmal geschah, wenn ein Walfisch eingebracht worden war.
    Trotz seines Knurrens und Brummens mußte sich sogar Jean-Marie Cabidoulin bequemen, mit dem Meister Ollive einmal auf einen Schluck anzustoßen.
    »Eine gute Anfeuchtung für die Kehle… so etwas kann man nicht ablehnen, hatte sein Kamerad ihn angerufen.
    – Nein, gewiß nicht, antwortete der Böttcher, doch das ändert nichts an meiner Anschauungsweise der Dinge!
    – Ganz nach Belieben, Alterchen, doch trinke nur einmal mit!«
    Gewöhnlich herrschen zu jetziger Jahreszeit auf diesem Theile des Stillen Oceans sehr schwache Luftströmungen, und der »Saint Enoch« gerieth gar in eine fast vollständige Windstille. Wie lang erscheinen dann die Stunden! Ohne von der Stelle zu kommen, ist ein Schiff dann vom Abend bis zum Morgen und vom Morgen bis zum Abend der Spielball des Seegangs. Die Seeleute suchen sich deshalb durch Lectüre oder durch Plaudern die Zeit zu verkürzen, wenn sie nicht schlafen, um bei der erdrückenden tropischen Hitze die qualvollen Stunden zu vergessen.
    Am Nachmittage des 27. April saßen Bourcart, seine Officiere, der Doctor Filhiol und auch der Meister Ollive nebst dem Meister Cabidoulin unter dem Sonnendache auf dem Hinterdecke und plauderten von dem und jenem. Da wandte sich der Obersteuermann an den Böttcher mit den Worten:
    »Na, Cabidoulin, gestehen Sie denn nicht zu, daß es für den Anfang einer Fangreise recht vielversprechend ist, schon neunhundert Faß Thran im Raume zu haben?
    – Neunhundert Faß, Herr Heurtaux, erwiderte der Böttcher, das sind noch lange keine zweitausend, und die fehlenden elfhundert werden nicht so leicht voll werden, wie man in der Cambüse seine Tasse füllt.
    – Das heißt wohl, fiel der Lieutenant Coquebert lachend ein, daß uns kein einziger Walfisch mehr in den Weg kommt…
    – Und daß die große Seeschlange sie alle verzehrt hat, setzte der Lieutenant Allotte in gleichem Tone hinzu.
    – Vielleicht… meinte der Tonnenbinder, der sich zu scherzen hütete.
    – Meister Cabidoulin, fragte hierauf der Kapitän Bourcart, Sie glauben wohl noch immer an diesen Ausbund von Ungeheuern?
    – Ob er daran glaubt, der Dickkopf! erklärte Meister Ollive. Er hört auch nicht auf, auf dem Vordercastell davon zu schwätzen…
    – Und wird auch später davon ebenso sprechen! versicherte der Böttcher.
    – Schön, sagte Heurtaux. Für die Mehrzahl unserer Leute hat das ja keine Bedeutung, sie geben so wie so nichts auf Cabidoulin’s gruselige Geschichten. Was dagegen die Leichtmatrosen betrifft, liegt die Sache anders, und ich weiß doch nicht, ob diese sich nicht schließlich zu fürchten anfangen.
    – So halten Sie also Ihre Zunge im Zaume, Cabidoulin! befahl der Kapitän.
    – Ja, warum denn? antwortete der Böttcher. Mindestens werden die Leute dann unterrichtet sein, und wenn sich

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