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Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin

Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin

Titel: Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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ruderten, so konnte das Thier offenbar weder nach dem »Saint Enoch« noch nach dem »Repton« gebracht werden, dagegen mußten durch den doppelten Zug in entgegengesetzten Sinne die Seile leicht zerrissen werden.
    Nach verschiedenen gleichzeitigen Versuchen trat das denn auch ein.
    Von der Nutzlosigkeit weiterer Anstrengungen überzeugt, verzichteten die Boote auch auf diese Versuche; sie fuhren vielmehr auf einander zu und lagen bald Bord an Bord.
    Bei der Geistesverfassung, in der sie sich befanden, konnte man gewiß befürchten, daß die Mannschaften nun handgemein werden könnten. Es fehlte ja beiden Theilen nicht an Waffen, an Reserveharpunen, Lanzen, Beilen, ohne von dem Taschenmesser zu reden, von dem sich ein Matrose doch kaum jemals trennt. Die Streitigkeit drohte also in einen Kampf auszuarten… dann ging es aber ohne Blutvergießen nicht ab, vorzüglich wenn die Schiffe jedes für seine Boote Partei nahmen.
    Mit drohender Handbewegung und erregter Stimme wendete sich jetzt Strok, der Heurtaux’ Muttersprache vollkommen beherrschte, an seinen Gegner mit den Worten:
    »Wollen Sie zu bestreiten wagen, daß dieser Walfisch uns gehört? Lassen Sie sich gesagt sein, daß wir nie zugeben werden…
    – Worauf gründen Sie denn Ihren Anspruch? unterbrach ihn Heurtaux, nachdem er den beiden Lieutenants ein Zeichen gegeben hatte, ihn allein sprechen zu lassen.
    – Sie fragen, worauf der gegründet sei? antwortete der Obersteuermann vom »Repton«.
    – Ja, das will ich wissen!
    – Nun, darauf, daß der Walfisch nach unserer Seite kam und daß Sie ihn nicht hätten erreichen können, wenn ihm von uns nicht der Weg versperrt worden wäre.
    – Und ich erkläre Ihnen, daß unsere Boote ihm schon länger als zwei Stunden nachgejagt waren.
    – O, unsere Boote waren auch schon lange ausgesetzt…

    – Doch erst nach den unserigen, Herr… entgegnete Heurtaux.
    – Nein! rief Strok trotzig.
    – Auf jeden Fall ist er zuerst an Bord des »Saint Enoch« gemeldet worden, denn Ihr Schiff war zu der Zeit noch gar nicht einmal in Sicht.
    – Was verschlägt das, da Sie ihm nicht haben nahe genug kommen können, ihn zu harpunieren?
    – Das sind leere Worte! erwiderte Heurtaux, der allmählich warm wurde. Kurz: ein Walfisch gehört noch nicht dem, der ihn sieht, sondern dem, der ihn erlegt.
    – Vergessen Sie nicht, daß unsere Harpune vor der Ihrigen geworfen worden ist.
    – Jawohl… jawohl! brüllten die Engländer ihre Waffen schwingend.
    – Nein… nein!« widersprachen die Franzosen, die Leute vom »Repton« bedrohend.
    Jetzt hätte Heurtaux ihnen nicht mehr Schweigen gebieten können, vielleicht sollte er nicht einmal imstande sein, sie von einem Angriff abzuhalten.
    Thatsächlich waren beide Parteien schon nahe daran, übereinander herzufallen.
    In der Absicht, alles mögliche zu versuchen, sagte Heurtaux zum Obersteuermann des »Repton«:
    »Angenommen, daß Ihre Harpune – was aber nicht zutrifft – zuerst geworfen worden wäre, so hat sie doch keine tödtliche Wunde erzeugen können, dagegen hat die unsere den Tod des Thieres herbeigeführt.
    – Das ist leichter gesagt als bewiesen!
    – Sie wollen also nicht weichen?
    – Nein!« heulten die Engländer.
    Jetzt flammte bei den Mannschaften der Zorn so heftig auf, daß nur noch eine Entscheidung durch die Gewalt übrig blieb.
    Ein Umstand setzte die Matrosen vom »Repton« aber so sehr in Nachtheil, daß sie, wenn sie auch den Kampf begannen, doch nicht daran denken konnten, ihn fortzusetzen. Kam es zum Handgemenge, so hätten die Franzosen doch schließlich die Engländer in die Flucht gejagt.
    Der in widrigem Winde liegende »Repton« hätte bei der ohnehin schwachen Brise kaum herankommen können. Er lag noch anderthalb Meilen entfernt, während der »Saint Enoch« kaum einige Kabellängen von den Booten schon beidrehte. Das war auch Strok nicht entgangen, und deshalb hütete er sich weislich, es auf einen Kampf ankommen zu lassen.
    Als »praktische Leute« begriffen die Engländer, daß sie unter so ungünstigen Verhältnissen doch nicht Sieger bleiben könnten. Die ganze Mannschaft des »Saint Enoch« würde sie überwältigen, ehe der »Repton« ihnen zu Hilfe kommen könnte. Uebrigens hatte der Kapitän Bourcart schon sein viertes Boot aussetzen lassen, und damit war eine Verstärkung um zehn Mann im Anzuge.
    Da gab Strok seinen Matrosen, die sich in einer Falle sahen, den Befehl:
    »Zurück an Bord!«
    Ehe er aber den Walfisch preisgab, setzte er

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