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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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nicht mal genug, um diese Truppe von Fress- und Saufbolden während der Reise ausreichend zu verpflegen, man braucht doch bloß zu sehen, wie sie in Palermo die letzten Vorräte verschlingen und das Land ringsum kahlfressen! Nein, die Wahrheit ist: Die englischen Freimaurer haben Garibaldi drei Millionen französische Francs übergeben, und zwar in türkischen Goldpiastern, eine Währung, mit der man überall im Mittelmeerraum bezahlen kann!«
    »Und wer hat jetzt dieses Gold?«
    »Garibaldis Freimaurer des Vertrauens, dieser Hauptmann Nievo, ein Grünschnabel von nicht mal dreißig Jahren, der bei ihm nichts Geringeres als den Zahlmeister spielen darf. Aber diese Teufel bezahlen Generäle, Admiräle und wen Sie wollen, und sie hungern die Bauern aus. Diese erhoffen sich von Garibaldi, dass er die Ländereien ihrer Padroni an sie verteilt, aber stattdessen muss der General sich natürlich mit denen verbünden, die Land und Geld haben. Sie werden sehen, wenn diese sogenannten picciotti , die jetzt als sizilianische Freiheitskämpfer gerühmt werden, weil sie aus den Bergen gekommen sind, um sich Garibaldis Horde anzuschließen – wenn die begriffen haben, dass sich hier nichts geändert hat, dann werden sie anfangen, auf die Freiwilligen zu schießen, und zwar mit den Gewehren, die sie den Toten weggenommen haben.«
     
    Als ich abends wieder im Rothemd durch die Stadt spazierte, habe ich auf einer Kirchentreppe ein paar Worte mit einem Mönch gewechselt, einem Pater Carmelo. Er behauptete, er sei siebenundzwanzig, sah aber aus wie vierzig. Er würde sich uns gerne anschließen, sagte er, aber etwas halte ihn davon ab. Ich fragte ihn, was das sei, denn in Calatafimi waren auch Franziskaner bei uns gewesen.
    »Ich würde zu euch kommen«, sagte er, »wenn ich wüsste, dass ihr etwas wirklich Großes macht. Und das einzige, was ihr mir zu sagen wisst, ist, dass ihr Italien vereinigen wollt, um es zu einem einigen Volk zu machen. Aber das Volk, ob einig oder geteilt, das leidet und leidet. Und ich weiß nicht, ob ihr es schafft, sein Leiden zu beenden.«
    »Aber das Volk wird Freiheit und Schulen haben«, sagte ich.
    »Freiheit ist kein Brot, und Schulen auch nicht. Diese Dinge mögen vielleicht für euch Piemontesen genügen, aber nicht für uns.«
    »Aber was braucht ihr denn?«
    »Nicht einen Krieg gegen die Bourbonen, sondern einen Krieg der Armen gegen die, die sie hungern lassen, und die sitzen nicht nur bei Hof, sondern überall.«
    »Also auch gegen euch Mönche, die ihr überall Klöster und Ländereien habt?«
    »Auch gegen uns, ja gegen uns noch vor allen anderen! Aber mit dem Evangelium und dem Kreuz in der Hand. Dann würde ich kommen. So ist es mir zu wenig.«
    Nach dem, was ich an der Universität von dem famosen Manifest der Kommunisten begriffen hatte, ist dieser Mönch einer von ihnen. Wirklich schwer zu verstehen, dieses Sizilien.
     
    * * *
     
    Mag sein, dass mich diese Obsession seit den Zeiten meines Großvaters verfolgt, aber mir ist plötzlich die Frage gekommen, ob mit diesem Komplott zur Unterstützung Garibaldis nicht auch die Juden etwas zu tun haben könnten. Gewöhnlich sind sie doch überall mit dabei. Ich wandte mich noch einmal an Musumeci.
    »Na und ob!« sagte er. »Erstens sind, wenn nicht alle Freimaurer Juden, so doch alle Juden Freimaurer. Und bei den Garibaldinern? Ich habe mir mal die Mühe gemacht, die Liste der Freiwilligen von Marsala durchzusehen, die ›zu Ehren der Tapferen‹ veröffentlicht worden ist. Und da standen Namen wie Eugenio Ravà, Giuseppe Uziel, Isacco D’Ancona, Samuele Marchesi, Abramo Isacco Alpron, Moisè Maldacea und ein Colombo Donato, aber fu Abramo . Sagen Sie mir, ob die mit solchen Namen gute Christen sein können.«
     
    * * *
     
    (16. Juni) Habe mich jetzt mit meinem Empfehlungsschreiben zu diesen Hauptmann Ippolito Nievo begeben. Er ist ein Geck mit einem gepflegten Schnauzer und einem Fliegenbärtchen unter der Lippe, und er gebärdet sich als Träumer. Eine Pose, denn während wir redeten, kam ein Freiwilliger herein, um mit ihm über irgendwelche Decken zu sprechen, die requiriert werden sollten, und Nievo antwortete ihm wie ein pingeliger Buchhalter, seine Kompanie habe doch schon letzte Woche zehn Decken requiriert. »Was macht ihr denn mit den Decken? Esst ihr sie?« fragte er. Und: »Wenn du noch mehr essen willst, schicke ich dich zum Verdauen in eine Zelle.« Der Freiwillige salutierte und verschwand.
    »Sehen Sie, was für eine Arbeit

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