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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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wie immer verlogen seien (womit er sowohl die Zeitungen wie deren Leser meine) sei er, der sowohl die Gewalt wie die revolutionären Hirngespinste immer abgelehnt habe, ein Kommunarde geblieben. Es sei ihm richtig erschienen, sich den politischen Ambitionen jenes Grévy zu widersetzen, der für das Amt des Staatspräsidenten kandidierte, und so habe er ihn mit einem auf eigene Kosten gedruckten und affichierten Protestplakat angegriffen. Daraufhin sei er, Joly, beschuldigt worden, ein Bonapartist zu sein, der gegen die Republik intrigiere, Gambetta habe verächtlich von »käuflichen Federn mit einer Vorstrafenliste« gesprochen, Edmond About habe ihn als Fälscher behandelt. Mit einem Wort, die halbe französischen Presse sei über ihn hergefallen, und nur der Figaro habe sein Plakat abgedruckt, während alle anderen seine Verteidigungsbriefe abgelehnt hätten.
    Genau bedacht hatte Joly seine Schlacht zwar gewonnen, da Grévy dann auf die Kandidatur verzichtete, aber er gehörte zu denen, die nie zufrieden sind und immer verlangen, dass der Gerechtigkeit bis ins letzte Genüge getan wird. Nachdem er zwei seiner Ankläger zum Duell gefordert hatte, erhob er Anklage gegen zehn Zeitungen wegen Ablehnung von Inseraten, Diffamierung und öffentlicher Beleidigung.
    »Ich habe meine Verteidigung selbst übernommen, und ich versichere Ihnen, Simonini, ich habe alle Skandale angeprangert, sowohl die von der Presse verschwiegenen wie die, von denen sie gesprochen hat. Und wissen Sie, was ich diesen Schurken – und dazu rechne ich auch die Richter – ins Gesicht hinein gesagt habe? ›Meine Herren‹, habe ich gesagt, ›ich hatte keine Furcht vor dem Kaiserreich, vor dem Sie kuschten, solange es an der Macht war, und jetzt lache ich über Sie, die Sie es in seinen schlimmsten Zügen nachäffen!‹ Und als sie versuchten, mir das Wort zu entziehen, habe ich gesagt: ›Meine Herren, das Kaiserreich hat mir den Prozess gemacht wegen Anstachelung zum Hass, Verachtung der Regierung und Beleidigung des Kaisers, aber Cäsars Richter haben mich reden lassen. Jetzt verlange ich von den Richtern der Republik, dass sie mir dieselbe Freiheit gewähren, derer ich unter dem Kaiser teilhaftig war!‹«
    »Und wie ist es ausgegangen?«
    »Ich habe gewonnen, alle Zeitungen bis auf eine wurden verurteilt.«
    »Was bereitet Ihnen dann jetzt noch Kummer?«
    »Alles. Tatsache ist, dass der Anwalt der Gegenseite, obwohl er mein Werk gelobt hatte, sich zu der Behauptung verstieg, ich hätte meine Zukunft durch ungebändigte Leidenschaftlichkeit ruiniert und zur Strafe für meinen Hochmut verfolge ein unaufhörlicher Misserfolg jeden meiner Schritte. Nachdem ich dies und das angefangen hätte, sei ich weder Abgeordneter noch Minister geworden. Vielleicht sei ich als Literat ja erfolgreicher als in der Politik. Aber nicht einmal das ist wahr, denn was ich geschrieben habe, ist vergessen, und nachdem ich meine Prozesse gewonnen hatte, bin ich aus allen Salons, die etwas zählen, verbannt worden. Ich habe viele Schlachten gewonnen und bin dennoch gescheitert. Es kommt der Moment, da etwas in einem zerbricht und man weder Kraft noch Willen mehr hat. Man soll leben, heißt es, aber das Leben ist ein Problem, das auf die Dauer zum Suizid führt.«
     
     
     
    Angesichts dieser Worte fand Simonini das, was er vorhatte, in höchstem Maße richtig. Er würde diesem Unglückseligen eine äußerste und alles in allem demütigende Tat ersparen: seinen letzten Misserfolg. Er war im Begriff, ein gutes Werk zu tun. Und er würde sich eines gefährlichen Zeugen entledigen.
    So bat er ihn, sich rasch ein bestimmtes Dokument anzusehen und ihm zu sagen, was er davon halte. Er drückte ihm einen dicken Stapel Papiere in die Hand; es waren alte Zeitungen, aber es würde viele Sekunden dauern, bis der Gute begriff, um was es sich handelte. Joly setzte sich in einen Sessel und begann die Blätter zu ordnen, die ihm aus den Händen rutschten.
    In aller Ruhe, während Joly verdutzt zu lesen begann, trat Simonini hinter ihn, hielt ihm den Lauf der Pistole an den Kopf und drückte ab.
    Joly fiel zur Seite, mit hängenden Armen, während ihm ein dünner Streifen Blut aus einem Loch in der Schläfe rann. Es war nicht schwer, ihm die Pistole in die Hand zu legen. Zum Glück geschah dies sechs oder sieben Jahre bevor ein wunderwirkendes Pulver entdeckt wurde, das es ermöglichte, auf einer Waffe die unverwechselbaren Abdrücke der Finger, die sie berührt hatten, sichtbar zu

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