Die historischen Romane
seine Notizen als Protokolle zu bezeichnen –, und er hütete sich, das alles Pater Bergamaschi zu zeigen, denn für den filterte er nur die eindeutig religiös grundierten Texte heraus.
Zum Abschluss dieser Zusammenfassung seiner Arbeit in jenen Jahren macht Simonini noch eine persönliche Bemerkung: Zu seiner großen Erleichterung habe er gegen Ende 1878 erfahren, dass einerseits Goedsche gestorben sei, vermutlich erstickt an jenem Bier, das ihn jeden Tag mehr aufschwemmte, und andererseits der arme Joly sich – verzweifelt wie immer – eine Kugel in den Kopf geschossen habe. Friede seiner Seele, er war kein schlechter Kerl.
Vielleicht um des teuren Verstorbenen zu gedenken, hatte der Tagebuchschreiber an diesem Abend zu viele kleine Schlückchen getrunken. Jedenfalls beginnt seine Schrift hier zittrig zu werden, und die Seite bricht ab. Vermutlich war er eingeschlafen.
Doch am nächsten Tag, an dem Simonini erst gegen Abend erwachte, fand er in seinem Tagebuch eine Eintragung des Abbé Dalla Piccola, der morgens in sein Studio eingedrungen sein musste, um die Aufzeichnungen seines Alter ego zu lesen und sich zu beeilen, einiges moralistisch zu präzisieren.
Was denn präzisieren? Nun, dass die beiden Toten, Goedsche und Joly, unseren guten Capitaine nicht hätten überraschen dürfen, dem es – auch wenn er nicht gezielt zu vergessen suche – offensichtlich schwerfalle, sich zu erinnern.
Nachdem der Brief seines Großvaters im Contemporain erschienen war, habe Simonini einen Brief von Goedsche erhalten, der ihm in einem grammatikalisch dubiosen Französisch, aber sehr unmissverständlich schrieb: »Lieber Capitaine, ich vermute, dass die im Contemporain erschienenen Sachen die Vorspeise anderer sind, die Sie zu publizieren gedenken, und wir beide wissen, dass ein Teil jenes Dokuments mein Eigentum ist, sogar ein so großer Teil, dass ich – Biarritz in der Hand – beweisen könnte, dass ich der Autor des Ganzen bin, während Sie gar nichts in der Hand haben und nicht einmal beweisen könnten, dass Sie mir bei Setzen der Kommas geholfen haben. Darum verlange ich erstens, dass Sie mit mir ein Treffen vereinbaren, am besten in Anwesenheit eines Notars (aber nicht eines von ihrer Sorte), um das Eigentum am Bericht über den Prager Friedhof zu definieren. Wenn Sie dazu nicht bereit sind, werde ich Ihren Betrug öffentlich bekanntmachen. Sofort danach werde ich zweitens einen gewissen Monsieur Joly informieren, der noch nichts davon weiß, dass Sie ihm eine seiner literarischen Kreationen gestohlen haben. Wenn Sie nicht vergessen haben, dass Joly von Beruf Advokat ist, werden Sie verstehen, dass auch dies Ihnen ernstlichen Ärger bereiten kann.«
Alarmiert, hatte Simonini sofort Pater Bergamaschi informiert, und der hatte gesagt: »Kümmere du dich um Joly, und wir werden uns dieses Herrn Goedsche annehmen.«
Während Simonini noch schwankte und nicht wusste, wie er sich um Joly kümmern sollte, erhielt er ein Billet von Pater Bergamaschi, der ihm mitteilte, dass der arme Herr Goedsche schmerzlos in seinem Bett gestorben sei, und ihn aufforderte, für seine Seele zu beten, auch wenn er ein verdammter Protestant gewesen sei.
Jetzt begriff Simonini, was »sich um Joly kümmern« heißen sollte. Es war ihm nicht angenehm, gewisse Dinge zu tun, schließlich war er es, der bei Joly eine Schuld abzutragen hatte, aber er konnte nicht wegen ein paar moralischer Skrupel den Erfolg seines Plans mit Bergamaschi riskieren, und wir haben ja erst kürzlich gesehen, welch intensiven Gebrauch Simonini von Jolys Text machen wollte, ohne dabei von Protesten des Autors gestört zu werden.
So ging er ein weiteres Mal in die Rue de Lappe und kaufte sich eine Pistole, die klein genug war, um im Hause aufbewahrt zu werden, und nur geringe Durchschlagskraft hatte, dafür aber ziemlich leise war. Er erinnerte sich an Jolys Adresse am Quai Voltaire und dass sein Appartement zwar bescheiden war, aber schöne Tapeten mit Wandteppichen hatte, die sicher geräuschdämpfend wirkten. Auf jeden Fall war es besser, vormittags tätig zu werden, wenn von der Straße der Lärm der Karossen und Pferde-Omnibusse heraufdrang, die vom Pont Royal und von der Ru du Bac kamen oder an der Seine entlangfuhren.
Er klingelte an der Tür des Advokaten, der ihn überrascht hereinbat, ihm jedoch sofort einen Kaffee anbot. Und sich sogleich über seine jüngsten Missgeschicke verbreitete. Für den größten Teil derer, die Zeitungen lesen, die
Weitere Kostenlose Bücher