Die historischen Romane
heutzutage als Evangelium, dass die Freimaurer Luzifer verehren. Pius IX. hat nie aufgehört, hinter der Freimaurerei auf Schritt und Tritt den Teufel zu wittern, und vor einiger Zeit hat dieser italienische Dichter Carducci – ein bisschen Republikaner, ein bisschen Monarchist, ein großer Wortheld und leider auch ein großer Freimaurer – einen Hymnus an Satan verfasst, in dem er ihm sogar die Erfindung der Eisenbahn zuschreibt. Danach hat Carducci zwar gesagt, der Satan sei nur eine Metapher gewesen, aber schon stand der Satanskult wieder als die wichtigste Freizeitbeschäftigung der Freimaurer da. Kurzum, es würde uns Freimaurern nicht missfallen, wenn eine schon seit längerem disqualifizierte Person, eine notorische Wetterfahne, die mit Aplomb aus der Freimaurerei ausgeschlossen worden ist, eine Reihe übel diffamierender Schriften gegen uns zu publizieren anfinge. Das böte uns eine Möglichkeit, die Angriffe des Vatikans abzuwehren und gegen einen Pornographen zu kehren. Beschuldigen Sie einen Mann des Mordes, und Sie können sicher sein, dass Ihnen geglaubt wird, bezichtigen Sie ihn, mittags und abends kleine Kinder zu verspeisen wie Gilles de Rais, dann nimmt Sie niemand ernst. Reduzieren Sie das Antifreimaurertum auf das Niveau von Schauerromanen, dann haben Sie es zu einem Gegenstand der Kolportage reduziert. Also gut, wohlan, wir brauchen Leute, die uns mit Schlamm überhäufen.«
Wie man sieht, war Hébuterne ein überlegener Kopf, an Gewieftheit auch seinem Vorgänger Lagrange überlegen. Im Augenblick konnte er noch nicht sagen, wieviel der Grand Orient in dieses Unternehmen würde investieren können, aber nach ein paar Tagen meldete er sich wieder: »Hunderttausend Francs. Aber es muss sich wirklich um Schund und Plunder handeln.«
Simonini verfügte nun also über hundertfünzigtausend Francs, um Schund und Plunder einzukaufen. Würde er Taxil mit dem Versprechen der hohen Auflagen nur fünfundsiebzigtausend Francs anbieten, so würde dieser angesichts der schlimmen Lage, in der er sich befand, sofort einschlagen. Und fünfundsiebzigtausend würden für Simonini verbleiben. Fünzig Prozent Provision, kein schlechtes Geschäft.
In wessen Namen sollte er Taxil den Vorschlag machen? Im Namen des Vatikans? Der Notar Fournier sah nicht gerade wie ein Bevollmächtigter des Heiligen Stuhls aus. Er konnte ihm höchstens den Besuch von jemand wie Pater Bergamaschi ankündigen, im Grunde sind ja die Priester extra dazu geschaffen, dass einer sich bekehrt und ihnen seine trübe Vergangenheit beichtet.
Doch apropos trübe Vergangenheit, konnte Simonini denn Pater Bergamaschi vertrauen? Man durfte Taxil nicht in den Händen der Jesuiten lassen. Es hat atheistische Schriftsteller gegeben, die pro Buch kaum hundert Exemplare verkauften, und als sie dann vor dem Altar niederknieten und ihre Erfahrung als Konvertiten erzählten, steigerten sie ihren Absatz auf viele Tausende Exemplare. Im Grunde und bei Licht besehen zählten die Antiklerikalen sich unter die Republikaner in den Städten, aber die frommen Konservativen, die von einer vergangenen Zeit mit König und Pfarrer träumten, bevölkerten die Provinz, und selbst wenn man diejenigen wegließ, die nicht lesen und schreiben konnten (für die jedoch der Pfarrer lesen würde), waren sie Legion, wie die Teufel. Wenn man Pater Bergamaschi aus der Sache heraushielt, konnte man Taxil eine Zusammenarbeit bei seinen neuen Büchern vorschlagen und ihn eine Zusatzvereinbarung unterschreiben lassen, derzufolge demjenigen, der mit ihm zusammenarbeitet, zehn oder zwanzig Prozent des Ertrags seiner künftigen Werke zukommen sollten.
1884 führte Taxil den letzten Schlag gegen die Gefühle der guten Katholiken, indem er sein Buch Die Liebschaften von Pius IX. veröffentlichte, womit er einen verstorbenen Papst diffamierte. Im selben Jahr gab der regierende Papst Leo XIII. seine Enzyklika Humanum Genus heraus, die eine »Verurteilung des philosophischen und moralischen Relativismus der Freimaurerei« war. Und so, wie einige Jahre zuvor die Enzyklika Quod Apostolis muneris desselben Papstes die Ungeheuerlichkeiten der Sozialisten und Kommunisten »zerschmettert« hatte, zielte nun diese direkt auf die Freimaurergesellschaft im Ganzen ihrer Doktrinen und enthüllte die Geheimnisse, die ihre Adepten versklavten und zu jedem Verbrechen bereit machten: »Heucheln und im Dunkel verborgen bleiben wollen, andere gleich Sklaven mit den stärksten Banden an sich
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