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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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der Stimme Taxils gerade noch gelang, sich vernehmbar zu machen, als er erzählte, wie er, um der Kirche einen Gefallen zu tun, sich nach der Enzyklika Humanum Genus entschlossen hatte, die Freimaurer zu verunglimpfen. Doch im Grunde, sagte er, »müssten mir auch die Freimaurer dankbar sein, denn meine Veröffentlichung ihrer Rituale stand nicht im Gegensatz zu ihrem Beschluss, antiquierte Praktiken abzuschaffen, die für jeden fortschrittlich denkenden Freimaurer lächerlich geworden waren. Was die Katholiken angeht, so habe ich schon in den ersten Tagen meiner Bekehrung festgestellt, dass viele von ihnen überzeugt sind, der Große Architekt des Universums – das Höhere Wesen der Freimaurer – sei der Teufel. Eh bien, also brauchte ich bloß diese Überzeugung noch zu vertiefen.«
    Der Tumult ging weiter. Als Taxil von seiner Audienz bei Leo XIII. sprach (der Papst hatte ihn gefragt: »Mein Sohn, was wünschen Sie?«, und Taxil hatte geantwortet: »Heiliger Vater, vor Ihren Füßen zu sterben, hier, in diesem Augenblick, das wäre mein größtes Glück!«), wurden die Zwischenrufe zu einem Chor: »Respektieren Sie Leo XIII., Sie haben kein Recht, seinen Namen auszusprechen!« Einer rief aus: »Müssen wir uns das anhören? Das ist widerlich!«, ein anderer: »Oh, dieser Halunke! Oh, diese schmutzige Orgie!«, während die Mehrheit grinste und feixte.
    »Und so«, sagte Taxil, »ließ ich den Baum des zeitgenössischen Luziferianismus wachsen und bereicherte ihn um ein palladistisches Ritual, das ich von Anfang bis Ende erfunden hatte.«
    Dann erzählte er, wie er aus einem alkoholisierten alten Freund den Dr. Bataille gemacht hatte, wie er Sophie Walder oder Sapho erfunden hatte und wie er schließlich selbst die Werke verfasst hatte, die unter dem Namen Diana Vaughan erschienen waren. Diana, sagte er, sei ursprünglich nur eine französische Protestantin gewesen, von Beruf Daktylographin und Vertreterin einer amerikanischen Schreibmaschinenfirma, eine intelligente und humorvolle Frau von eleganter Schlichtheit, wie die meisten Protestantinnen in Frankreich. Er habe angefangen, sie für die Teufeleien zu interessieren, sie sei amüsiert gewesen und seine Komplizin geworden. Sie habe Gefallen an dem Schwindel gefunden, es habe ihr Spaß gemacht, mit Bischöfen und Kardinälen zu korrespondieren, Briefe vom Privatsekretär des Pontifex Maximus zu empfangen und den Vatikan über die Komplotte Luzifers zu informieren.
     
     
     
    »Aber wir haben auch erlebt«, fuhr Taxil fort, »dass Freimaurer an unsere Erfindungen glaubten. Als Diana enthüllte, dass Adriano Lemmi vom Großmeister in Charleston als dessen Nachfolger im höchsten luziferischen Pontifikat ernannt worden sei, nahmen einige italienische Freimaurer, darunter ein Parlamentsabgeordneter, die Nachricht ernst und beschwerten sich, dass Lemmi sie nicht informiert habe, und gründeten in Sizilien, in Neapel und in Florenz drei unabhängige Oberste Räte des Palladismus und ernannten Miss Vaughan zum Ehrenmitglied. Der berüchtigte Monsieur Margiotta schrieb, er habe Miss Vaughan kennengelernt, dabei bin ich es gewesen, der ihm von einer erfundenen Begegnung erzählt hatte, die er erlebt zu haben vorgab oder an die er sich wirklich zu erinnern glaubte. Die Verleger selbst waren hinters Licht geführt worden, aber sie haben keinen Grund, sich zu beschweren, denn ich habe ihnen ermöglicht, Werke zu publizieren, die es mit Tausendundeiner Nacht aufnehmen können.«
    Und den Protestierenden rief er zu: »Meine Damen und Herren, wenn man merkt, dass man auf den Arm genommen worden ist, tut man am besten daran, mit dem Publikum zu lachen. Jawohl, Monsieur l’Abbé Garnier« – das war einer seiner heftigsten Kritiker, der sich im Saal befand –, »wenn Sie sich weiter so aufregen, wird man nur noch mehr über Sie lachen.«
    »Sie Kanaille!« rief Garnier und wollte sich mit dem Stock auf ihn stürzen, während seine Freunde ihn zurückzuhalten versuchten.
    »Im übrigen«, fuhr Taxil in seraphischer Ruhe fort, »können wir niemanden dafür kritisieren, dass er an die Teufel in unseren Initiationszeremonien geglaubt hat. Glauben doch auch die guten Christen, dass Satan ihren Herrn Jesus Christus auf einen hohen Berg getragen und ihm von dort aus alle Reiche der Erde gezeigt hat – und wie soll er das wohl geschafft haben, wenn die Erde rund ist?«
    »Bravo!« riefen die einen.
    »Schluss mit der Blasphemie!« riefen die anderen.
    »Meine Damen und Herren«,

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