Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
Vom Netzwerk:
Verbindung zwischen dem Gottesvolk und dem Himmel, und die Mönche hatten nichts mit jenen säkularen Hirten zu tun, die als Priester und Bischöfe in den Städten saßen, ignorant und korrupt und mittlerweile gänzlich den Interessen ihrer Städte zugetan, in denen die Herde nicht mehr überwiegend aus frommen und gläubigen Bauern bestand, sondern aus Händlern und Handwerksleuten. So war es dem benediktinischen Orden ganz recht, wenn die geistliche Herrschaft über die Laien allmählich dem säkularen Klerus anvertraut wurde, solange es nur den Mönchen weiterhin zukam, die verbindliche Regel dieses Verhältnisses festzusetzen in ebenso unmittelbarem Kontakt zum Reich als dem Ausfluss aller irdischen Macht, wie sie ihn zum Ausfluss aller himmlischen Macht seit jeher gewohnt waren. Und darum eben, so glaube ich, waren viele Benediktineräbte bereit, zur Wahrung oder Wiederherstellung der Würde des Reiches gegen die Stadtregierungen (Bischöfe und Bürger in trautem Verein) den spiritualen Franziskanern Schutz zu gewähren, also Brüdern, deren Ideen sie zwar nicht teilten, aber deren Präsenz ihnen gut zupass kam, erlaubte sie doch den Vertretern des Reiches treffliche Syllogismen gegen den päpstlichen Machtmissbrauch.
    Dies waren denn wohl auch die Gründe, so folgerte ich, aus denen Abbo sich nun bereit fand zu einer taktischen Zusammenarbeit mit William als einem Abgesandten des Kaisers, der zwischen dem franziskanischen Orden und dem pontifikalen Hof vermitteln sollte. Bei aller Heftigkeit des Disputes, der die Einheit der Kirche so sehr gefährdete, hatte sich nämlich Michael von Cesena, mehrfach von Papst Johannes nach Avignon gebeten, schließlich bereit erklärt, der Einladung Folge zu leisten, da er nicht wollte, dass sein Orden sich endgültig mit dem Papst überwarf. Als Generalminister der Franziskaner war er darauf aus, die Armutsthesen des Kapitels zu Perugia triumphieren zu lassen und zugleich den Konsens des Papstes dafür zu gewinnen, nicht zuletzt wohl, weil er ahnte, dass er sich ohne diesen Konsens kaum noch lange an der Spitze des Ordens würde halten können.
    Viele hatten ihm dann allerdings zu bedenken gegeben, dass der Papst ihn in Frankreich vermutlich nur haben wollte, um ihn in eine Falle zu locken, der Ketzerei zu bezichtigen und vor Gericht zu stellen. Daher rieten sie zu einer Reihe von Vorverhandlungen als Voraussetzung für Michaels Gang nach Avignon. Marsilius von Padua hatte jedoch eine bessere Idee: Zusammen mit Michael sollte ein kaiserlicher Gesandter nach Avignon gehen, um dem Papst den Standpunkt der Vertreter des Reiches vorzutragen. Nicht so sehr um den alten Cahors zu überzeugen, als vielmehr um Michaels Position zu stärken, denn als Teil einer kaiserlichen Gesandtschaft würde das Oberhaupt der Franziskaner nicht so leicht der päpstlichen Rache anheimfallen können.
    Indessen hatte auch diese Idee zahlreiche Nachteile und ließ sich nicht unverzüglich verwirklichen. So entstand schließlich die Idee eines vorbereitenden Treffens zwischen Mitgliedern der kaiserlichen Gesandtschaft und einigen Abgesandten des Papstes zwecks Prüfung der beiderseitigen Positionen und Formulierung der Abkommen für ein Treffen in Avignon, bei welchem die Sicherheit der italienischen Besucher gewährleistet sein würde. Mit der Organisation dieses vorbereitenden Treffens wurde just mein Meister William von Baskerville betraut, der anschließend auch den Standpunkt der kaiserlichen Theologen vertreten sollte, falls er zu der Ansicht gelangen würde, dass die Reise nach Avignon ohne Gefahren möglich war. Ein nicht eben leichtes Unterfangen, da man annehmen musste, dass der Papst, der Michael allein bei sich haben wollte, um ihn leichter in die Knie zwingen zu können, eine Legation nach Italien schicken werde mit dem Auftrag, die Reise der kaiserlichen Gesandten an seinen Hof nach Möglichkeit scheitern zu lassen. Bisher hatte William sich sehr geschickt verhalten. Nach langen Besprechungen mit verschiedenen Benediktineräbten in Mittel- und Norditalien (dies war der Grund für die vielen Etappen auf unserer Reise gewesen) hatte er schließlich eben diese Abtei gewählt, in der wir uns nun befanden, weil der Abt Abbo bekannt war für seine Ergebenheit gegenüber dem Reich und gleichwohl dank seiner diplomatischen Geschicklichkeit am päpstlichen Hof keinen schlechten Ruf hatte. Mithin war die Abtei ein neutrales Gebiet, bestens geeignet zum Treffen der beiden Legationen.
    Dennoch waren

Weitere Kostenlose Bücher