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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Augen. Anstatt ihm über die Schulter zu leuchten, trat ich törichterweise direkt vor ihn hin. Er sagte, ich solle ihm von der Seite leuchten, und als ich das gerade tun wollte, berührte die Flamme versehentlich das Pergament. William gab mir einen Stoß, fragte ärgerlich, ob ich das Blatt verbrennen wollte – und tat gleich darauf einen erstaunten Ausruf: Auf der leeren oberen Hälfte des Bogens erschienen undeutlich Zeichen von bräunlicher Farbe. William nahm die Lampe und bewegte sie vorsichtig hinter dem Bogen hin und her, wobei er die Flamme so hielt, dass sie das Pergament erwärmte, aber nicht versengte. Langsam, als schriebe eine unsichtbare Hand die Worte Mene, Tekel, Ufarsin , erschienen auf der weißen Vorderseite des Bogens Zug um Zug, wie William die Lampe bewegte, während der dünne Rauch aus dem spitzen Ende der Flamme die Rückseite schwärzte, seltsam geformte Zeichen, die mich an keinerlei auch nur vage bekanntes Alphabet erinnerten, es sei denn ein negromantisches.
    »Phantastisch!« rief William aus. »Es wird immer interessanter!« Er sah sich um. »Aber zeigen wir diese Entdeckung lieber nicht unserem mysteriösen Besucher, wenn er noch da ist...« Er nahm sich die Gläser ab, legte sie auf den Tisch, rollte das Pergament sorgfältig zusammen und schob es in seine Kutte. Noch ganz benommen von dieser Abfolge wahrhaft wundersamer Ereignisse wollte ich meinen Meister gerade um nähere Erklärungen bitten, als ein lauter Krach uns heftig zusammenfahren ließ. Er war aus der Richtung des Ostturms gekommen, wo es zur Bibliothek hinaufging.
    »Unser Mann ist noch da, fang ihn!« rief William, und beide rannten wir los, er etwas schneller und ich etwas langsamer, weil ich die Lampe trug. Auf halber Strecke vernahm ich ein wildes Gepolter, wie wenn jemand stolpert und der Länge nach hinfällt, rannte noch schneller und fand meinen Meister am Boden vor der Treppe zum Oberstock, zu seinen Füßen ein schweres Buch mit Metallbeschlägen. Im gleichen Moment hörten wir ein neues Geräusch, diesmal aus der Richtung, aus der wir gerade gekommen waren. »Ich Dummkopf!« schrie William. »Rasch zurück zum Tisch des Venantius!«
    Im Laufen begriff ich, dass offenbar jemand, der hinter uns im Dunkeln verborgen gewesen sein musste, das Buch durch den Saal geworfen hatte, um uns von Venantius’ Tisch wegzulocken.
    Auch diesmal war William schneller, doch während ich hinter ihm herlief, bemerkte ich zwischen den Säulen eine dunkle Gestalt, die zur Wendeltreppe im Westturm entfloh. Gepackt von feurigem Kampfesmut, drückte ich William die Lampe in die Hand und stürzte mich blindlings auf die Treppe, in welcher der Flüchtling gerade entschwand. Jetzt oder nie, dachte ich grimmig, kam mir vor gleich einem Soldaten Christi im Kampf mit allen Legionen der Hölle und brannte darauf, den Unbekannten zu fangen und meinem Meister zu übergeben. Hals über Kopf purzelte ich die Wendeltreppe hinunter, über den Saum meiner Kutte gestolpert – dies war der einzige Augenblick in meinem Leben (ich schwöre es!), da ich bereute, Mönch geworden zu sein – tröstete mich indessen sofort bei dem Gedanken, dass mein Gegner an der gleichen Behinderung leiden dürfte; außerdem würde er kaum die Hände frei haben, wenn er das griechische Buch entwendet hatte. Ich landete in der Küche hinter dem Backofen, sah im Licht der sternklaren Nacht, das durch die Fenster der langen Halle einfiel, wie der Schatten des Flüchtlings gerade am anderen Ende im Refektorium verschwand und die Tür hinter sich zuschlug, hastete durch den Raum, brauchte ein paar Sekunden, bis ich die Tür aufbekommen hatte, und stürzte ins Refektorium. Es war leer. Die Pforte zum Hof war fest verriegelt. Ich drehte mich um. Schweigen und reglose Schatten. Schritte näherten sich in der Küche. Ich drückte mich an die Wand. Auf der Schwelle erschien eine hohe Gestalt mit einer Lampe. Ich schrie... Es war William.
    »Keiner mehr da? Dachte ich mir. Ist der Flüchtende nicht durch die Tür hinaus? Hat er nicht den Weg durchs Ossarium genommen?«
    »Nein, er ist ganz bestimmt hier verschwunden. Ich weiß nur nicht wo!«
    »Wie ich vermutet habe: Es gibt noch andere Geheimgänge, und es hat gar keinen Zweck, danach zu suchen. Vielleicht taucht unser Mann in diesem Augenblick gerade irgendwo weit entfernt aus dem Untergrund auf. Und mit ihm mein Lesegerät...«
    »Eure Augengläser?«
    »Genau. Unser Freund hat mir zwar nicht das Pergament zu entreißen

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