Die Hitze der Hölle
kleinen Krug mit auf sein Zimmer.«
»Und Scoudas?« fragte Ranulf.
»Sir Hugh«, rief Legrave, »wir sind eine Gemeinschaft von Kriegern. Wir haben unsere Gelübde abgelegt und unterliegen einer eisernen Disziplin. Trotzdem sind wir freie Menschen. Unser Orden ist unsere Familie. Es bilden sich Freundschaften. Wir mischen uns nicht in Privatangelegenheiten ein. Wir haben auch so genug Ärger, ohne daß wir ständig jeden einzelnen kontrollieren.«
»Darf ich diese Pergamentstücke an mich nehmen?« fragte Corbett und erhob sich.
De Molay gab sie ihm. Corbett verabschiedete sich unvermittelt und ging zurück ins Gästehaus.
»Glaubt Ihr das alles?« fragte Ranulf, der versuchte Schritt zu halten.
»Möglich wäre es«, antwortete Corbett. »Es ergäbe schon einen Sinn. Scoudas war in York, als ich bedroht und angegriffen wurde. Ich glaube dem Großmeister. Diese Kartenskizze von York und die Warnungen der Assassinen sind von Baddlesmeres Hand. Aber warum gab er sie Scoudas? Warum waren sie nicht besser versteckt?«
»Vielleicht war Scoudas ja sein Bote?«
»In diesem Fall gibt es drei Möglichkeiten«, sagte Corbett, als sie ihr Zimmer betraten. »Erstens: Scoudas und Baddlesmere waren die Mörder und starben bei einem fürchterlichen Unfall. Dafür spricht einiges. Wir haben ein paar Beweisstücke, aber keine Erklärung dafür, wie das Feuer ausbrechen konnte.« Corbett ging zum Tisch und legte die Pergamentfetzen darauf. »Zweitens: Bartholomew und Scoudas waren Teil einer Verschwörung, also könnten weitere Männer hier im Herrenhaus oder sonstwo an diesem Hochverrat beteiligt sein.«
»Und drittens?« fragte Ranulf.
»Baddlesmere und Scoudas wurden ebenfalls Opfer eines Verbrechens, und der eigentliche Mörder, Sagittarius, ist immer noch auf freiem Fuß. Nun«, Corbett setzte sich an den Tisch, »warten wir die Rückkehr von Claverley und Maltote ab.« Er grinste Ranulf an. »Du kannst jetzt zum Würfeln gehen oder sonstwas tun. Ich bin erst einmal eine Weile beschäftigt.«
Einen Moment lang stand Ranulf unschlüssig da, dann lief er im Zimmer auf und ab und schaute aus dem Fenster. Er murmelte, daß Maltote Glück gehabt habe, diesen elenden Ort verlassen zu dürfen. Schließlich befahl ihm Corbett, zu schweigen und endlich zu gehen, was Ranulf auch tat. Corbett arbeitete weiter an einem Brief. Dann warf er verärgert die Feder auf den Tisch. Mord, Hochverrat, versuchter Königsmord, Päderastie und vielleicht Schwarze Magie. Er stand auf, begab sich zur Tür und verriegelte sie. Corbett wußte genau, wie Edward reagieren würde. Er würde einen Wutanfall bekommen, aber seine Ratgeber würden ihm eine pragmatische Vorgehensweise empfehlen, vermutlich, alle Häfen für die Templer zu schließen und ihre bewegliche Habe und ihren Grundbesitz zu beschlagnahmen. Corbett ließ den Brief halb fertig liegen und verbrachte die nächsten beiden Stunden damit, alles niederzuschreiben, was bisher passiert war und was er gesehen und gehört hatte, seit die Mißlichkeiten begannen. Das führte jedoch zu nichts, und er wandte sich wieder den Pergamentfetzen zu, die er auf Bruder Odos Schreibpult gefunden hatte, und denen, die in Scoudas’ Satteltaschen waren. Corbett las die Warnungen der Assassinen erneut. Die erste, die an der Tür der St. Pauls Kathedrale gehangen hatte, die zweite, die man ihm in York zugesteckt hatte, die dritte, die er von Claverley erhalten hatte, und die vierte aus Scoudas’ Satteltasche. Corbett stand auf und reckte sich. Und was war mit der fünften? Richtig, der Angreifer in der Bibliothek. Corbett nahm eine Feder und schrieb auch diese auf. Dann betrachtete er alle fünf und ganz besonders die letzte, las sie wieder und wieder, da seine Neugier geweckt war. Da gab es einen Unterschied. Er hatte ihn auch schon früher bemerkt. Aber hatte er etwas zu bedeuten? Corbett biß sich aufgeregt auf die Unterlippe. Die Warnung, die er von Claverley erhalten hatte, und die, die er in York bekommen hatte, unterschieden sich von den anderen. Diese lauteten:
Wisse, daß wir kommen und gehen, wie es uns beliebt, und daß Du uns nicht daran hindern kannst.
Wisse, daß Dir all Dein Besitz abhanden kommt und schließlich uns zufällt.
Wisse, daß wir Macht über Dich besitzen und daß das so sein wird, bis wir unsere Mission erfüllt haben.
Die Notiz, die er von Claverley erhalten, und die, die er in York erhalten hatte, lauteten folgendermaßen:
Wisse, daß Dir all Dein Besitz abhanden
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