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Die Hitzkammer

Die Hitzkammer

Titel: Die Hitzkammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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»Ich habe dir gesagt, dass es um Tod und Leben geht. Da kannst du keine Behandlung wie bei einem harmlosen Schnupfen erwarten. Die Kur haben schon ganz andere durchgestanden, Arme und Reiche, normale Bürger und Hochwohlgeborene. Ulrich von Hutten zum Beispiel. Er war ein Edelmann und Dichter. Und er hatte nicht nur die Syphilis, sondern obendrein das Wechselfieber. Er verfasste zwei kleine Werke, die Gesprächbüchlin, in denen er seinen Kampf gegen die Leiden beschrieb. Er schildert darin, wie er sich mit seinem Fieber unterhält …«
    Lapidius unterbrach sich, denn ihm war eingefallen, dass besagter von Hutten nicht weniger als elf Kuren über sich hatte ergehen lassen müssen, was ein Martyrium gewesen war – ein Martyrium, das sich als umsonst erwiesen hatte. So gesehen, gab der Edelmann ein schlechtes Exempel ab.
    Schnell redete er weiter: »Vielleicht hilft es ja auch dir, wenn du mit deiner Krankheit sprichst.«
    »Ich will nicht mit meiner Krankheit sprechen. Ich will raus hier! «
    Lapidius musste an sich halten, um nicht die Geduld zu verlieren. »Wenn du die Kammer verlässt, kneifst du vor der Krankheit. Das wäre früher oder später dein sicherer Tod. Aber wenn du es wünschst, kannst du auch anders sterben: lichterloh brennend auf dem Scheiterhaufen. Oder, meinst du ernsthaft, du könntest den Fängen der hiesigen Gerichtsbarkeit entgehen?«
    Freyj a schwieg verstockt.
    »Glaub mir, du hast nur eine Möglichkeit: nämlich, da drinnen zu bleiben und gleichzeitig zu hoffen, dass es mir gelingt, die Hexenvorwürfe gegen dich zu entkräften. Was ist eigentlich mit den Zeuginnen Koechlin und Drusweiler, die gegen dich ausgesagt haben? Kennst du sie?«
    »Nein … ja. Ein bisschen.«
    »Was denn nun?«
    »Sie haben ein paar Mal bei mir gekauft.«
    »Was gekauft? Wo? Bei welcher Gelegenheit? Lass dir nicht jedes Wort aus der Nase ziehen.«
    Er hörte sie etwas murmeln, das nach einer aufsässigen Bemerkung klang, überging es aber. Dann sprach sie wieder deutlicher: »Die haben Kräuter bei mir gekauft. Kenn sie kaum. Hab Euch ja gesagt, dass ich mit dem Kräuterwagen fahr. Alle paar Wochen bin ich hier, und da hab ich ihnen was verkauft.«
    »Erzähl mir mehr.«
    »Was gibts da groß zu erzählen? Ich halt frische Kräuter feil und auch getrocknete. Die getrockneten sind in Säckchen. Die sind verschieden groß. Ein kleines Säckchen kostet …«
    »Schon gut«, unterbrach Lapidius. »Das meinte ich nicht. Erzähle mir, wie die beiden Frauen sind.«
    »Kann ich Wasser haben?«
    »Ja, warte.« Er rief nach der Magd und ließ einen Becher Brunnenwasser bringen. Freyja nahm ihn, stützte sich mühsam auf einen Ellenbogen und tat ein paar Schlucke. Als Marthe wieder fort war, antwortete sie:
    »Die Koechlin ist so eine Pummelige. Alles an der ist dick. Die Nase sieht aus wie eine Rübe, ja, genau so. Wie eine rote Rübe, nur nicht so groß. Und flinke Augen hat sie. Die kriegt alles mit, sag ich Euch. Wenn keine von meinen Kundinnen sieht, dass eins der Kräutlein nicht frisch ist, die siehts! Könnt Gift drauf nehmen.
    Die andere, die Drusweiler, ist dürr wie eine Bohnenstange und hässlich wie die Nacht. Drei oder vier dicke Warzen hat die im Gesicht. Ist wohl noch nie drauf gekommen, dass man die besprechen lassen könnt. Die Frauen sagen, sie hätt mit ihrem Gekeife den eigenen Mann unter die Erde gebracht.« Trotz der Situation musste Lapidius schmunzeln. »Du hast eine gute Beobachtungsgabe«, sagte er anerkennend.
    »Halb so wild. Ich weiß es nur, weils beim letzten Mal Zank mit ihnen gab. Hatten sich vorgedrängt, die zwei. Aber da waren sie bei den anderen Frauen richtig. Hui, wie da die Fetzen flogen! Hätt nicht viel gefehlt, und der Bader hätt geholt werden müssen.«
    »Wann war das?«
    »Vor drei Wochen, vielleicht vier. Jedenfalls kenn ich die beiden kaum.«
    Lapidius überlegte laut. »Wenn das so ist: Wie kommen sie dann dazu, von dir zu behaupten, du hättest einen Axtstiel bluten lassen, Kinderfinger eingekocht, Tiere verhext und derlei Unsinn mehr?«
    »Keine Ahnung.«
    »Wirklich? Könntest du das vor Gott beschwören?« »Natürlich. Ich kenn sie nicht. Hab sie höchstens ein paar Mal gesehen, wie ichs schon gesagt hab.«
    Lapidius atmete hörbar aus. »Ich glaube dir. Und ich verspreche, dass ich mich noch heute dieser ›Damen‹ annehmen werde. Doch jetzt schlafe. Marthe wird dir vorher noch ein Diaphoretikum geben.«
    Wenig später stieg er noch einmal zu ihr in den Oberstock

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