Die Hitzkammer
mit sich bringend. »Die Mutter lässt auch grüßen.«
»Danke.« Lapidius kam eine Idee. Er fragte die Magd nach den Namen der ansässigen Zimmerer, Schmiede und Schlosser und den Gassen, wo sie ihre Werkstatt betrieben.
»Wassolln das, Herr?«
»Frag nicht so viel. Antworte mir einfach.« Lapidius, in Ermangelung eines anderen Stück Papiers, griff zu seinem Büchlein und schlug eine leere Seite auf.
»Ja doch, ja, Herr.« Marthe begann unter vielerlei Stirnrunzeln ihre Aufzählung, und Lapidius schrieb j ede ihrer Angaben genau mit. Am Ende hatte er neun Namen festgehalten; Namen von wohl angesehenen Meistern, die allesamt in nicht allzu großer Entfernung wohnten.
»Danke, Marthe.« Lapidius steckte das Büchlein ein, ging in die Diele hinaus und schlüpfte in seinen Mantel. »Ich bin zum Abendessen zurück.«
Die Magd rief hinterher: »Aber wassolln das mit den Meistern, Herr? Is was kaputt?«
»Ich sagte schon: Frag nicht so viel! Reibe lieber Freyja mit der Quecksilberschmiere ein. Den Schlüssel zur Krankenkammer hast du ja wohl noch. Und sorge dafür, dass keine Spinnen im Gebälk sind.«
Lapidius warf die Tür hinter sich zu. Als er auf die Gasse trat, fiel ihm ein, dass Sonntag war und er irgendeinen Vorwand brauchte, um die Meister aufsuchen zu können. Ein plausibler Grund musste her. Richtig: Die eiserne Halterung, die den unteren Topf getragen hatte – die stand noch auf dem Hof und hatte einen abgeknickten Fuß. Nichts, was die Funktion beeinträchtigte, aber den Schaden zu beheben bedurfte es eines Schraubstocks und eines schweren Hammers. Lapidius, der eine weitere Begegnung mit Marthe vermeiden wollte, ging außen um das Haus herum und holte den Dreifuß. Das Ding war schwer, weshalb er den Arm durch den Ring steckte und es sich auf die Schulter packte.
Der erste Handwerker, den er aufsuchte, war Anton Ehlers, seines Zeichens Neberschmied. Ehlers, ein Witwer, dem die Frau vor Jahren an Brustfraß gestorben war, machte gerade ein Nachmittagsnickerchen, als Lapidius mit seinem Anliegen erschien. Hilfsbereit wie er war, winkte er ihn sogleich in seine Werkstatt. »Früher hab ich so was mit der Hand zurückgebogen«, lachte er dröhnend, »aber der Zahn der Zeit nagt an uns allen. Gebt mal her.« Ehlers nahm den Dreifuß und betrachtete ihn genauer. »Ja, der muss eingespannt werden, anders ist er nicht zu richten.«
»Das dachte ich mir«, sagte Lapidius, der an alles Mögliche gedacht hatte, nur nicht daran. Rasch ließ er seinen Blick durch die Werkstatt schweifen, vorbei an Amboss und Esse und Abzug, hin zu den Werkzeugen, die an der Wand hingen. Als Neberschmied war es Ehlers’ Aufgabe, Stangenbohrer herzustellen, und folgerichtig besaß er eine Menge davon. Einige mochten die Stärke eines Ziegenhorns haben. Doch wirkten sie neu und unbenutzt.
»Zwei, drei Schläge«, sagte Ehlers.
»Äh … wie meintet Ihr?«
»Zwei, drei Schläge«, wiederholte der Meister, »höchstens, dann ist der Fuß wieder gerade. Aber heute mach ichs nicht. Denn wie sagt unser Pfarrer Vierbusch immer? ›Du sollst den Sonntag heiligen‹, und ich finde, da hat er ausnahmsweise mal Recht.«
»Sicher, sicher.« Lapidius spähte nach weiteren Bohrern, konnte aber keine entdecken.
»Lasst den Dreifuß nur da. Kommt morgen wieder, dann ist er wie neu. Gottlob gibts ja noch keine Dreifußschmiede, so dass ich ihn Euch machen darf. Früher, sag ich Euch, durfte ein Schmied alles anfertigen, vom Nagel bis zur Pflugschar. Heute muss es für jeden Furz einen Extra-Schmied geben, was?« Wieder lachte der Meister dröhnend. »Ja … ja.« Lapidius quälte sich ein Lächeln ab. Er hatte ganz vergessen, dass er auf keinen Fall den Dreifuß zurücklassen durfte, schließlich brauchte er ihn, um bei den anderen Meistern vorsprechen zu können. »Äh … mir fällt gerade ein, dass ich die Halterung heute noch für ein Experiment brauche, äh … Ihr wisst vielleicht, dass ich Wissenschaftler bin?«
»Ja, j a. Nun j a. Dann nehmt das Teil wieder mit. Und habt Verständnis dafür, dass ich Euch heut nicht helfen kann.« Ehlers spannte den Dreifuß wieder aus.
Hastig sagte Lapidius: »Ich danke Euch. Ich will sehen, dass ich morgen vorbeischauen kann.«
Als er wieder auf der Straße stand, ahnte er, dass er an diesem Tag noch öfter in Erklärungsnot kommen würde. Und er behielt Recht. Die Meister waren zwar durchweg hilfsbereit, trotz des Sonntags, wunderten sich aber regelmäßig, dass Lapidius den Dreifuß am Ende
Weitere Kostenlose Bücher