Die Hochlandhexe Ein Kind der Sünde (German Edition)
geht. Ich werde Eurer Dame jede nur mögliche Sorgfalt angedeihen lassen, und damit ist die Gewähr gegeben, daß sie in Bälde weiterreisen kann. Und nun, Herr, geht nach dem Gasthof, denn vielleicht ist meine Anwesenheit im Augenblick erforderlich, und wir haben bis jetzt weder eine Wärterin für die Frau noch eine Amme für das Kind besorgt. Beides soll jetzt geschehen.«
»Noch eine Frage, Doktor, welche Sprachen sprecht Ihr?«
»Latein und Französisch, wenigstens so, daß ich mich verständlich machen kann, auch Italienisch kann ich ein bißchen lesen.«
»Also nicht Portugiesisch oder Spanisch?« fragte der Fremde. – »Das trifft sich unglücklich. Dann könnt Ihr Euch eben nur auf französisch verständlich machen. Aber kommt jedem Wunsche nach, den sie ausspricht, und wenn Ihr dazu Geld braucht, so wendet Euch an mich.«
»Darf ich fragen, Herr, mit welchem Namen ich die Dame...«
»Das tut gar nichts zur Sache,« fiel ihm der Fremde ins Wort, – »den werdet Ihr bei Gelegenheit erfahren.«
Mit diesen Worten schlug er den weiten Mantel um sich und ging die Straße hinab zum Gasthof.
Als der Doktor zu seiner Schutzbefohlenen zurückkehrte, fand er seine Frau in einer von Überraschung und Furcht gemischten Stimmung.
»Sie kann kein Wort reden wie eine Christin«, sagte Frau Gray.
»Ich weiß es«, antwortete der Arzt.
»Und sie trägt eine schwarze Maske, die will sie durchaus nicht ablegen.«
»So soll sie sie aufbehalten, was schadet das?«
»Was es schadet? Ist denn jemals ein ehrsames Weib entbunden worden mit einer Maske vor dem Gesicht?«
»In der Regel nicht. Aber, liebe Johanna, wenn sie nicht so ganz ehrsam sind, dann müssen sie eben so entbunden werden. Wir dürfen nicht das Leben des armen Wesens gefährden, indem wir uns jetzt ihren Launen widersetzen.«
Er trat an das Bett der kranken Frau und sah, daß sie in der Tat eine dünne seidene Maske vor dem Gesichte trug. Die Frau des Arztes mochte ihr deshalb wohl zugesetzt haben, denn als der Doktor selber zu ihr trat, legte sie die Hand aufs Gesicht, als fürchte sie, daß er sie zwingen könne, sie abzunehmen. Er aber gab ihr in leidlich gutem Französisch zu verstehen, daß hier ihr Wille Gesetz sei, und daß sie die Maske tragen könne, so lange sie sie nicht selber abzulegen wünsche.
Sie verstand, was er zu ihr sagte, denn sie erwiderte in einem unbeholfenen Versuche, die gleiche Sprache zu reden, und drückte ihm ihre Dankbarkeit aus.
Um ein Uhr morgens erschien der Doktor im Gasthofe zum Schwanen und setzte den fremden Herrn in Kenntnis, daß er ihm als dem Vater eines gesunden Knaben Glück wünschen könne und daß es der Mutter soweit gut gehe.
Der Fremde vernahm die Mitteilung mit scheinbarer Zufriedenheit und sagte:
»Der Knabe soll sogleich getauft werden.«
»Das hat doch keine Eile.«
»Wir denken aber anders«, erwiderte der Fremde, indem er dem Arzte kurz das Wort abschnitt. – »Ich bin Katholik, Doktor, und da ich wahrscheinlich diese Stadt werde verlassen müssen, noch bevor die Dame imstande sein wird, die Reise fortzusetzen, so soll das Kind vorher in den Schoß der Kirche aufgenommen sein. Wie ich höre, ist ein katholischer Prediger am Orte.«
»Es wohnt hier allerdings ein katholischer Herr namens Goodriche.«
»Ich werde morgen mit ihm zu Euch kommen«, sagte der Fremde.
Am folgenden Tage erschien er im Hause des Arztes mit dem genannten Herrn und noch zwei andern. Sie schlossen sich mit dem Kinde ein, und es wurde nun wahrscheinlich die Tauffeierlichkeit an dem kleinen Wesen vollzogen.
Als der Priester und die Zeugen gegangen waren, teilte der Fremde dem Doktor mit, daß er jetzt abreisen müsse, er werde in zehn Tagen wiederkommen und hoffe, daß dann seine Gefährtin reisefähig sei.
»Mit welchem Namen sollen wir Kind und Mutter nennen?«
»Das Kind heißt Richard.«
»Es muß aber auch einen Familiennamen haben und die Dame auch, ohne Namen kann sie in meinem Hause nicht bleiben.«
»So gebt ihr den Namen Eures Städtchens – Middlemas, nicht wahr?« sagte der Fremde. – »Wohlan denn, sie soll Frau Middlemas heißen und der Junge Richard Middlemas, und ich selber bin Matthias Middlemas, zu Diensten.«
Darauf legte er dem Doktor 100 Pfd. in die Hand.
»Die Frau wird sich hiervon alles, was sie haben will, kaufen können«, setzte er hinzu. Gray trug Bedenken, die Summe anzunehmen.
»Ich glaube,« sagte er, »die Dame kann ihre Börse selber verwahren.«
»Beileibe nicht!«
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