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Die Hölle von Tarot

Die Hölle von Tarot

Titel: Die Hölle von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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Familien durch äußere Umstände wie Krieg oder Naturkatastrophen auseinandergerissen. Eine Funktion, die lange nicht genutzt wird, geht verloren, wie zum Beispiel die ehemalige Fähigkeit des Menschen, in seinem Körper Ascorbinsäure zu absorbieren. Vitamin C. Daher ist auch der Sexualtrieb des Menschen permanent und hartnäckig. Wenn keine Frauen da sind, drückt er sich auf verschiedene Arten und Weisen aus – und eine davon ist die Sodomie. Wenn das nicht der Fall wäre, würde der Trieb, den Sexualakt mit einem anderen Individuum zu vollziehen, sich zurückbilden und zur Ausrottung der Gattung führen.“
    „Ja, das klingt hübsch“, meinte Satan. „Ist Sodomie also eine Sünde?“
    „Nun, wenn man es so betrachtet, nur unter besonderen Umständen.“
    „Sehen Sie“, sagte Satan entschieden. „So etwas wie eine objektive Sünde gibt es nicht. Eine Person sündigt nur, wenn sie etwas tut, das sie für falsch hält. Ihre Definition von Sünde schließt also, nach einigem Nachdenken, die unfreiwillige Sodomie nicht ein. Erlassen.“
    Vielleicht. Bruder Paul würde dies alles zu einem anderen Zeitpunkt gründlicher durchdenken müssen. „Therion – er hat Ihnen gut gedient, wenn auch auf selbstsüchtige Weise. Warum haben Sie ihn umgebracht?“
    „Ich habe ihn nicht umgebracht. In der Hölle gibt es keinen Tod. Das ist ja gerade die Hölle! Der Tod würde die Flucht vor der Verdammnis bedeuten. Ich habe ihn nur ein wenig gefoltert. Eine wohlverdiente Demütigung, die ihn auf die Strafe vorbereitete, die er ableisten muß.“
    Wieder fragte sich Bruder Paul, wer die Rolle Satans spielte. Es mußte doch Therion sein – aber wie konnte er über sich selbst so reden? Es sei denn, diese Animation war wirklich durch eine göttliche Kraft gesteuert, und diese Rolle bedeutete einen Teil von Therions Strafe. Gab es eine Möglichkeit, dies sicher herauszufinden? „Aber wenn er einen Handel mit Ihnen abgeschlossen hat, uns alle hierherzubringen?“
    „Der Gehörnte Gott läßt nicht mit sich handeln. Alle Seelen, die Mir zustehen, werden nach angemessener Zeit zu Mir kommen. Warum sollte ich um das feilschen, was Mir schon gehört?“
    „Aber Sie haben meinen Handel akzeptiert, Carolyn zu verschonen.“
    „Nicht wirklich. Sie ist unschuldig – nicht einmal eine Wäscheklammer-Story befleckt ihre Geschichte. Sie ist wie ungeboren. Ich kann sie nicht bekommen. Und Sie … Sie befanden sich schon in meiner Macht.“
    „Aber warum haben Sie mich dann gefoltert, indem Sie sie bedrohten?“
    „Das ist die Hölle“, entgegnete Satan schlicht. Und natürlich hatte er recht. Bruder Paul merkte, daß seine Vorstellung von der Hölle recht schmalspurig gewesen war. Folter trat in vielen Formen auf – und die schlimmsten waren die inwendigen Foltern.
    Wieder raschelte Papier. „Warum haben Sie Ihre Aufzeichnungen nicht computerisiert?“ fragte Bruder Paul irritiert. Satan kicherte lediglich, und Bruder Paul merkte: Auch dies war die Hölle.
    „Die sexuelle Verdrängung und die Unterdrückung der Beschäftigung mit Fäkalien ist also nicht die Wurzel“, sagte Satan. „Versuchen wir es mit dem rassistischen Motiv. Sie sind gemischtrassiger Abstammung …?“
    „Lassen wir meine Ahnen aus dem Spiel“, entgegnete Bruder Paul, aus Furcht, was dabei herauskommen würde. „Sie stehen schließlich nicht vor einem Richter …“ Aber schon überfiel ihn die Erinnerung. In der Hölle konnte man nicht argumentieren.
    Es war 1925. Sie war eine junge Schwarze, zu intelligent, um im Getto zu bleiben. Sie war in eine Gegend von Aufsteigern gezogen und suchte eine qualifizierte Arbeit. Erfolg hatte sie nicht gehabt. Das war nicht ausschließlich Rassismus gewesen – auch die Tatsache, daß sie eine Frau war, hatte eine Menge damit zu tun. Nun ging sie zurück in die Wohnung, die sie mit einer anderen ehrgeizigen Frau teilte, weil ihr langsam das Geld ausging und sie doch essen mußte. Es war früher Abend.
    „So, so!“ Ein Weißer trat ihr in den Weg.
    Sogleich wich sie zurück, floh – doch hinter ihr stand ein weiterer Mann. Er schnappte sie. Man sah ein Messer aufblitzen. „Still, du schwarze Schöne“, sagte er. „Wir tun niemandem etwas – wenn du weißt, wohin du gehörst.“
    Sie kannte die Situation – und wußte auch, wohin sie gehörte. Sie kämpfte nicht und gab auch keinen Laut von sich. Und sie hielten ihr Wort. Nachdem sie sie beide vergewaltigt hatten, schlugen sie sie nicht, sondern entließen sie

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