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Die Hölle von Tarot

Die Hölle von Tarot

Titel: Die Hölle von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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liegenblieb.
    „Ihr habt Euch also Eurer schmutzigen Phantasie hingegeben!“ donnerte Bruder Thomas. „Schmutz des Satans! Ihr seid ein hartnäckiger Ketzer!“
    Bruder Paul konnte es nicht abstreiten.
    Nun befand er sich in der Folterkammer. Bruder Thomas spritzte Weihwasser über die Instrumente. „Segne diese heiligen Geräte, Gottes Werkzeuge auf Erden“, intonierte er. „Dein Wille geschehe!“
    Er legte Bruder Pauls Hände zusammen in die Klammer und drehte sie unbeschreiblich fest zu. Bruder Paul schrie, doch der Druck ließ nicht nach. Rasch wurde die Agonie unerträglich. Die Fingernägel brachen; Blut spritzte heraus wie bei mehreren Ejakulationen hintereinander, aus jedem Fingerglied ein Strahl. Fleisch und Knochen wurden zerquetscht. Er wußte, seine Hände würde er nie wieder gebrauchen können.
    Und war das nicht gerecht? Während der Starre waren die Hände allein frei und beweglich geblieben. Sie hatten den Alptraum nicht berührt, weil er nicht existiert hatte; es war ein Phantom gewesen. Doch ihn hatten Hände berührt – und welche Hände waren das wohl gewesen, wenn nicht seine eigenen? Er hatte seine Lippen selber berührt, sich den Finger in den Mund gesteckt und seinen eigenen Körper gestreichelt, vorgebend, den anderen Körper abwehren zu müssen. Sein Glied hatte er selber berührt und manipuliert, in einem verzweifelten Versuch, die teuflische Kastration rückgängig zu machen. Seine eigenen Hände waren die Instrumente der versuchten Masturbation gewesen; nun mußten sie die Kirchenstrafe erdulden.
    Der Schreiber und Zeuge hielt die Feder bereit. „Nun werden wir Euer Geständnis aufzeichnen“, sagte Bruder Thomas.
    Bruder Paul erlebte einen lichten Moment. „Leckt mich doch am Arsch“, sagte er.
    „Der Mund muß die Strafe für diese Blasphemie bezahlen“, sagte Bruder Thomas traurig. Er setzte Bruder Paul das birnenförmige Knebelmetall in den Mund und drehte derart an dem Griff, daß die beiden Hälften ihn gnadenlos auseinanderpreßten, bis das Kiefergelenk brach. Er konnte nicht einmal mehr richtig schreien.
    Doch dieser Mund hatte Häresie von sich gegeben und die Unverschämtheit der Waldenser unterstützt. Er hatte eine ketzerische Interpretation des Tarotspiels gemurmelt und die Heiligen Prinzipien der guten Mutter Kirche in den Schmutz gezogen. Daher hatte dieser Mund so sehr gesündigt, daß er entsprechend bestraft werden mußte: Auge um Auge, Zahn um Zahn.
    Nein! schrie es in ihm. Ich bin vielleicht ein Sünder, aber die Waldenser sind gute Menschen, und das Tarot besitzt Gültigkeit. Ich kann sie nicht verraten!
    Bruder Paul wachte schweißgebadet auf. Es war ein Alptraum gewesen, ein Teufel des Schlummers. Seine Hände waren intakt, der Mund war geschlossen.
    Während er so dalag und sein Schweiß langsam trocknete, merkte er, daß die Zeichen eines Alptraums die ganze Zeit über offensichtlich gewesen waren. Der Alp hatte wie Yvette ausgesehen – wie Amaranth. Das bedeutete, sie war ein Produkt seiner Erinnerung und kein Randcharakter der Animation. Richtige Frauen benahmen sich nicht so, daher müßten Männer in schuldbeladenen Träumen damit fertig werden. Und die Folterinstrumente – Handpresse und Mundknebel –, sie wurden durch Metallschrauben bewegt. Es waren raffinierte Geräte und technologisch weit fortgeschritten; sie gab es vielleicht in den späteren Jahrhunderten der Inquisition, doch nicht in ihren Anfängen.
    Das Ganze war ein freudianischer Traum-im-Traum gewesen, ein Mechanismus der doppelten Zensur, welcher ihm seine Lust und Ängste zeigte, die er nicht zuzugeben wagte. Nun war er zu dem allgemeineren Traum zurückgekehrt, dieser Animation – selbst eine Vision, die Satan in der ursprünglichen Erscheinung ausgelöst hatte. Jetzt hatte er gesehen, was innerhalb des dreifachen Gefängnisses begraben lag …
    Nun, und wennschon! Er verspürte also fleischliche Lüste! Er hatte also Angst vor Schmerzen. War das nicht natürlich? Der Traum hatte nur die Durchschnittlichkeit seiner Geheimnisse aufgezeigt.
    Doch die verschiedenen Foltern hatten vollständig ihren Zweck erfüllt. Wenn er mit diesem Realitätsgrad gefoltert würde, würde er seine Informationen von sich geben und seine Freunde verraten. Nur in dem übertriebenen Traumzustand war er mutig genug, der Inquisition zu sagen, sie könne ihn mal. Niemand konnte einer solchen körperlichen Zwangsmaßnahme lange standhalten. Daher würde er sich nur verletzen, indem er schwieg.
    Yvette

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