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Die Hoffnung ist gruen

Die Hoffnung ist gruen

Titel: Die Hoffnung ist gruen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Szillat
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Ignoranz allen Dingen gegenüber, die nichts mit Fußball zu tun haben.“ Er stellte seine Tasse auf dem Schreibtisch ab und beugte sich mit dem Oberkörper ein Stückchen über die Tischplatte hinüber.
    â€žDu bist hier, um dich auf den Fußball zu konzentrieren. Absolut richtig. Aber wenn es dir nicht gelingt, deine unglaubliche Wut abzulegen, Marius, dann wird es dir auch nicht gelingen, dein Ziel konsequent zu verfolgen. Glaub mir.“
    Auf dem Gang vor Herrn Münkels Büro wurden Stimmen laut. Ein paar der Internatsbewohner verabschiedeten sich lauthals voneinander. Das heitere Lachen durchkreuzte meinen Kopf, es wirbelte meine Gedanken auf wie ein heftiger Herbstwind das Laub auf den Straßen. Das Gelächter und die Stimmen entfernten sich, wurden leiser, das Laub senkte sich langsam wieder und verteilte sich lautlos neu auf den Straßen. Als endlich wieder alles still war, konnte ich etwas sagen.
    â€žWoher wollen Sie wissen, was in mir vorgeht“, flüsterte ich eine Frage, die keine sein sollte.
    Herr Münkel lehnte sich erneut in seinem Stuhl zurück.
    â€žGanz einfach, Marius, weil das mein Job ist.“ Er lächelte. Ein trauriges Lächeln.
    Was wollte der eigentlich von mir? Ich verstand ihn einfach nicht. Mein Herz begann zu rasen. Ein sicheres Zeichen dafür, dass ich hier wegmusste. Und zwar ganz dringend.
    â€žWar es das?“, fragte ich und war schon im Begriff, mich von der Stuhlkante zu erheben.
    Herr Münkels Wangen verfärbten sich rot und die Adern an seiner Stirn begannen deutlich zu pulsieren. Sein Blick traf mich bis ins Mark, aber ich sah nicht weg.
    â€žSetz dich wieder hin, Marius. Wir sind noch nicht fertig.“
    Er goss sich neuen Tee nach und wartete, bis ich mich entnervt aufstöhnend wieder auf den Stuhl gesetzt hatte.
    Bevor er seine Ansprache weiterführte, holte er so tief Luft, dass ich sah, wie sich seine Schulterblätter weiteten.
    â€žVor ein paar Jahren hatte ich einmal mit einem Jungen in meiner Funktion als Sozialarbeiter zu tun. Das Ganze hatte überhaupt nichts mit Fußball zu tun. Es ging um etwas ganz anderes, das hier keine Rolle spielt, weswegen ich auch nicht näher darauf eingehen werde.“
    â€žPrima“, sagte ich leicht spöttisch. Dann behalte es doch auch am besten für dich. Mich interessiert es sowieso nicht, dachte ich.
    â€žWie gesagt“, nahm Herr Münkel unbeirrt den Faden wieder auf. „Der Junge war ähnlich begabt wie du. Nur eben in einer anderen Sache. Doch obwohl er sich hundertprozentig, nein, was sage ich, tausendprozentig auf sein Ziel und seine Sache konzentrierte und ihm schon eine große Karriere so gut wie sicher war, scheiterte er am Ende kläglich.“
    Er legte eine Pause ein. Ich wollte ihm nicht die Genugtuung gönnen und ihn auffordern, weiterzureden, obwohl mich mit einem Mal die Geschichte zu interessieren begann. Doch als sich sein Schweigen in eine quälende Länge hinzuziehen drohte, blaffte ich ihn an: „Und?“
    Er versuchte ein Grinsen zu unterdrücken. Es gelang ihm aber nicht vollständig. Er drehte sich zur Seite, sein Blick ging zum Fenster hinaus. Ich folgte ihm und sah die Fußballplätze, die nebeneinanderlagen und völlig verlassen wirkten. Wochenende, ein völlig spiel- und trainingsfreies Wochenende. Wer nicht unbedingt hierbleiben musste, der saß jetzt im Zug oder im Auto seiner Eltern und fuhr nach Hause.
    Nach Hause. Was sollte ich dort? Das alles hatte doch überhaupt keinen Sinn mehr für mich. Das Fußballinternat war jetzt mein Zuhause. Ein Zuhause, auf das ich jahrelang hingearbeitet hatte und von dem ich mir so viel erhoffte. Was war also falsch daran, dass ich dieses Zuhause nicht gegen das triste und deprimierende Leben in dem Hochhausghetto eintauschen wollte, aus dem ich kam? Nicht mal für ein Wochenende, einen Tag, eine Stunde, Minute, Sekunde …
    Nie wieder wollte ich dort hin. Und noch weniger wollte ich daran erinnert werden, was dort geschehen war.
    Herr Münkel drehte sich wieder zu mir um. Ich sah ihm fest in die Augen, versuchte ihn mit meinem Blick einen Wink zu geben:
Rede endlich weiter, oder lass mich hier raus
.
    Schließlich räusperte er sich leise und erzählte weiter. „Der Junge hatte nur sein Ziel vor den Augen. Was rechts und links um ihn herum geschah, das interessierte ihn nicht. Er war zu niemand unfreundlich, dachte er. Doch

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