Die Hofnärrin
überlisten, und schließlich wird
sie ihn zur Verzweiflung treiben.«
»Mein Gatte?« Amy erhob sich von ihrem Platz am Tisch.
»Mylady?« Er ließ meine Hand los und trat zu ihr.
»Ich wäre nun gern mit Euch allein«, sagte sie schlicht.
Plötzlich überkam mich eine Welle des Hasses gegen diese Frau
und gleichzeitig eine so düstere Vision, dass ich einen Schritt
zurückwich und fauchte wie eine Katze, die sich einem Hund
gegenübersieht.
»Was hast du?«, fragte Lord Robert.
»Nichts«, antwortete ich. Ich schüttelte den Kopf, um das Bild
zu vertreiben. Es war nichts: Das hieß, ich sah es nicht klar, und ich
konnte es für andere nicht in Worte fassen. Ich hatte Amy am Boden
liegen sehen, sie war gestoßen worden. Ich wusste jedoch, dass diese
Vision von meiner Eifersucht und weiblichen Bosheit beeinflusst war,
deshalb erwiderte ich noch einmal: »Nichts.«
Mein Lord sah mich zweifelnd an, fragte jedoch nicht weiter.
»Du solltest nun besser gehen«, sagte er ruhig. »Vergiss mich nicht,
Hannah.«
Ich nickte und wandte mich zur Tür. Der Wächter hielt sie für
mich auf, ich machte eine Verbeugung vor Lady Dudley, die meinen
Abschied nur mit einem kurzen Nicken zur Kenntnis nahm. Sie war zu sehr
darauf bedacht, allein mit ihrem Mann zu sein, um mit einer
Bediensteten Höflichkeiten auszutauschen.
»Einen guten Tag wünsche ich Euer Gnaden«, sagte ich, nur, um
sie einmal zum Reden zu bringen.
Doch es war vergebliche Liebesmüh. Sie hatte mir bereits den
Rücken zugewandt – hatte meine Existenz längst vergessen.
Elisabeths Furcht und Schwermut hielten an,
bis sie in ihrer Sänfte das Tor des Towers erreicht hatte und unter dem
dunklen Fallgatter hindurch in die Stadt getragen wurde. Nachdem wir
die Stadt durchquert hatten, ritt ich mit einer Hand voll Hofdamen
hinter der Sänfte her, und je weiter wir nach Westen kamen, desto mehr
verwandelte sich unser Ritt in einen Triumphzug. Sobald die Menschen in
den Dörfern das Hufklappern und das Klirren der Trensen hörten,
stürzten sie aus den Häusern heraus und hüpften und tanzten vor Freude
auf der Straße. Schreiend bettelten die Kinder, auf die Schultern
gehoben zu werden, um die protestantische Prinzessin zu sehen. In dem
kleinen Städtchen Windsor, im Schatten der königlichen Burg, in Eton
und auch in Wycombe kamen die Menschen aus ihren Häusern und jubelten
ihr zu, und Elisabeth, die einem Publikum nie widerstehen konnte, ließ
ihre Kissen aufschütteln, sodass sie aufrecht sitzen und winken und
gesehen werden konnte.
Die Leute brachten Geschenke, Essen und Wein, und bald schon
waren wir beladen mit Kuchen und Zuckerwerk und eilig gepflückten
Blumensträußen vom Wegesrand. Sie schnitten Weißdornzweige und warfen
sie vor die Sänfte. Sie streckten ihr kleine Sträuße von
Schlüsselblumen und Tausendschön entgegen. Sir Henry, der an der Seite
unseres kleinen Zuges auf und ab ritt, versuchte verzweifelt, die Leute
fernzuhalten, er versuchte, die Jubelrufe zu beschwichtigen, doch es
war, als versuche er, sich gegen eine Flut zu stemmen. Die Menschen
vergötterten Elisabeth, und wenn Sir Henry seine Mannen vorschickte, um
die Menschen im nächsten Dorf in ihre Häuser zu verbannen, so beugten
sie sich eben aus den Fenstern und riefen lauthals den Namen der
Prinzessin. Und Elisabeth, die Schultern von ihrem Kupferhaar
umflossen, das blasse Gesicht rosig überhaucht, drehte sich von einer
Seite zur anderen und winkte mit ihren langen, schlanken Fingern. Sie
brachte es fertig, gleichzeitig wie eine Märtyrerin auf dem Weg zur
Richtstätte und wie eine Prinzessin zu wirken, die sich an der Liebe
ihres Volkes erfreute.
Am nächsten und auch am übernächsten Tag eilte uns die
Nachricht vom Zug der Prinzessin voraus, und in allen Dörfern wurden
die Glocken geläutet. Mochten sich auch die Priester sorgen, was ihre
Bischöfe dazu sagen würden – die Dorfbewohner setzten sich
einfach über alle Vorschriften hinweg und hängten sich an die
Glockenstränge. Sir Henry konnte seinen Soldaten lediglich befehlen,
näher an der Sänfte zu reiten und wenigstens dafür zu sorgen, dass
niemand versuchte, die Prinzessin zu befreien.
Diese Schmeicheleien waren eine wahre Labsal für die
Prinzessin. Schon bildeten sich die Schwellungen an ihren Fingern und
Knöcheln zurück, ihr Gesicht leuchtete rosig, ihre Augen blitzten
lebendig, und ihr Geist fand zu seiner alten Gewitztheit zurück. Nachts
speiste und schlief sie in Häusern, in denen sie als
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