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Die Hofnärrin

Die Hofnärrin

Titel: Die Hofnärrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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nicht hinreißen. Niemals habe ich meine Hand
gegen eine von ihnen erhoben, im Gegenteil, ich habe sie immer gut
behandelt. Ich halte mich auch für fähig, Dich gut zu
behandeln – besser, als Du Dir vermutlich im Augenblick
vorstellen kannst. Ich will gut zu Dir sein, Hannah.
    Kurz gesagt: Ich bedauere, unser
Verlöbnis gelöst zu haben, und möchte Dich mit diesem Schreiben erneut
um Deine Hand bitten. Ich möchte Dich heiraten, Hannah.
    Ich denke die ganze Zeit an Dich,
ich will Dich sehen, Dich berühren. Als wir uns den Abschiedskuss
gaben, war ich etwas zu rau, fürchte ich, und Du wolltest nicht von mir
geküsst werden. Es lag nicht in meiner Absicht, Dich zu erschrecken.
Damals gingen mir Zorn und Leidenschaft durcheinander, und Deine
Gefühle kümmerten mich nicht. Ich hoffe zu Gott, dass dieser Kuss Dir
keine Angst machte. Verstehst Du, Hannah: Ich glaube, ich liebe Dich.
    Ich sage Dir dies, weil ich nicht
weiß, wie ich sonst dieses Aufruhrs der Gefühle in meinem Herzen und in
meinem Körper Herr werden soll. Ich kann weder schlafen noch essen. Ich
tue, was getan werden muss, und kann mich dennoch für nichts
entscheiden. Vergib mir, wenn diese Worte Dir Leid bringen, doch was
soll ich machen? Wären wir verheiratet, würden wir dieses Geheimnis im
Ehebett miteinander teilen – doch ich darf nicht einmal daran
denken, wie es wäre, mit Dir verheiratet zu sein und das Ehebett zu
teilen, so sehr gerät mein Blut bei dem Gedanken in Wallung.
    Bitte schreibe mir so schnell wie
möglich und sage mir, was du willst. Ich würde diesen Brief lieber
zerreißen, als dass ich erfahren müsste, dass Du darüber lachst.
Vielleicht hätte ich ihn besser nicht abschicken sollen. Dann wäre er
zu den anderen Briefen gekommen, die ich Dir zwar geschrieben, aber nie
abgeschickt habe. Es sind Dutzende. Ich kann Dir nicht sagen, was ich
fühle. Ich kann Dir nicht in einem Brief sagen, was ich will. Ich kann
Dir nicht mitteilen, wie stark meine Gefühle sind, wie sehr ich Dich
begehre.
    Ich wünschte bei Gott, Du würdest
mir schreiben. Ich wünschte bei Gott, ich könnte Dir das Fieber
vermitteln, das mich gepackt hat.
    Daniel
    Eine zur Liebe bereite Frau hätte sofort
geantwortet, ein Mädchen auf der Schwelle zur Frau hätte zumindest eine
Art Antwort geschickt. Ich las Daniels Brief sehr sorgfältig, und dann
legte ich ihn hinten ins Feuer und verbrannte ihn – es war,
als hätte ich meine eigene Sehnsucht mit diesem Brief zu Asche
verbrannt. Zumindest war ich so ehrlich, mir meine Leidenschaft
einzugestehen. Ich hatte sie gespürt, als Daniel mich neben der
Druckerpresse in seine Arme geschlossen hatte, und sie war erneut
aufgeflammt, als er mich am Schiffsanleger an sich gedrückt hatte. Doch
wenn ich ihm antwortete, würde er kommen und mich holen, dann würde ich
seine Frau werden und Demut lernen müssen. Dieser Mann war tatsächlich
der Überzeugung, Gott habe ihn von Natur aus dazu bestimmt, mein
Gebieter zu sein. Als Daniels Frau würde ich Gehorsam lernen müssen,
und ich war noch nicht bereit dazu, eine gehorsame Frau zu werden.
    Zudem hatte ich kaum Zeit, über Daniel oder über meine Zukunft
zu grübeln. Der Bote aus London hatte auch Elisabeth einige wichtige
Schriftstücke gebracht. Als ich ihre Gemächer betrat, ertappte ich sie
kurz vor einem Wutausbruch, denn die Heirat ihrer Schwester stand nun
bevor, und Elisabeth würde des Thronerbes verlustig gehen. Wie eine
wütende Katze durchmaß sie das Zimmer. Der Großkämmerer der Königin
hatte ihr in kühlem Ton mitgeteilt, dass Philipp von Spanien sein Land
verlassen habe und per Schiff auf seine neue Heimat England zustrebe
und dass der Hof ihn in Winchester zu treffen gedenke – doch
ohne Elisabeth, denn sie war nicht eingeladen. Und um ihrem Zorn noch
mehr Nahrung zu geben, hatte er angeordnet, dass ich mich umgehend zum
Gefolge der Königin begeben sollte. Die kleine Hofnärrin zählte also
mehr als die Prinzessin. Mein Dienst bei Elisabeth sollte nun beendet
sein.
    »Das tut sie nur, um mich zu beleidigen«, giftete die
Prinzessin.
    »Es liegt gewiss nicht an der Königin«, versuchte ich sie zu
beruhigen. »Es geht vermutlich nur darum, dass der Hof geschlossen
auftreten soll.«
    »Ich gehöre zum Hof!«
    Ich bewahrte diplomatisches Schweigen. So viele Male hatte
Elisabeth sich geweigert, bei Hofe zu erscheinen, hatte Unpässlichkeit
vorgetäuscht oder die Reise verzögert, weil sie gute Gründe hatte,
daheim zu bleiben.
    »Sie wagt es nicht,

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