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Die Hofnärrin

Die Hofnärrin

Titel: Die Hofnärrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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ja? Bist du etwa auch so betört von den spanischen
Señores wie Ihre Majestät, Gott möge sie schützen?«
    »Es ist ihr …« Wieder hielt ich inne. »Es ist ihr
Parfüm«, sagte ich schlicht. »Sie riechen so gut.«
    »Oh, mein kleines Mädchen, es wird Zeit, dass du unter die
Haube kommst«, sagte er mit gespieltem Ernst. »Wenn du hinter Männern
herrennst und auf ihrer Fährte schnüffelst wie eine kleine Hündin auf
der Jagd, dann wirst du eines Tages Beute machen und von diesem Tage an
kein heiliger Narr mehr sein!«
    Er überlegte einen Moment, maß mich mit seinen Blicken. »Ach,
das hatte ich ja vergessen. Du stammst ja aus Spanien, nicht wahr?«
    Ich nickte. Ein Hofnarr ließ sich nicht hinters Licht führen.
    »Sie erinnern dich an deine Heimat«, riet er. »Ist es das?«
    Wieder nickte ich.
    »Ach ja«, sagte er. »Dann ist dies für dich ein Freudentag,
anders als für diese Engländer, welche die Spanier ihr Leben lang
gehasst haben. Du wirst wieder einen Spanier zum Gebieter haben. Für
alle anderen jedoch bedeutet es das Ende der Welt.«
    Er zog mich näher heran. »Und wie geht es der Prinzessin
Elisabeth?«, erkundigte er sich leise.
    »Sie ist zornig«, erwiderte ich. »Macht sich große Sorgen. Im
Juni war sie krank. Du hast bestimmt gehört, dass sie die Ärzte der
Königin in Anspruch nehmen wollte. Als sie nicht kamen, war sie sehr
traurig.«
    »Gott erhalte sie«, sagte Will. »Wer hätte gedacht, dass sie
am Hochzeitstag der Königin fern von hier weilt, während wir hier sind?
Wer hätte je mit einem solchen Tag gerechnet?«
    »Nun erzähle mir aber auch, was es Neues gibt«, drängte ich.
    »Von Lord Robert?«
    Ich nickte.
    »Immer noch im Tower, und bei Hofe findet er keinen
Fürsprecher – aber es würde ohnehin niemand zuhören.«
    Eine Trompetenfanfare erklang: Die Königin und der Prinz
hatten die Halle betreten und sich auf ihre Thronsessel begeben.
    »Es wird Zeit«, meinte Will. Er lächelte breit und machte mit
seinen langen Beinen gewaltige, staksige Schritte. »Du wirst staunen,
Kleine, ich habe gelernt zu jonglieren.«
    »Kannst du es denn gut?«, fragte ich und verfiel in
Laufschritt, um ihn einzuholen. »Richtig gut?«
    »Eher ziemlich schlecht«, gab er mit hämischer Freude zurück.
»Sieht jedenfalls ganz schön komisch aus.«
    Beifall brandete auf, als er die Halle betrat. Ich hielt mich
zurück und ließ ihn vorgehen.
    »Du würdest es nicht verstehen, weil du noch ein Mädchen
bist«, sagte er über die Schulter. »Alle Frauen lachen sehr
niederträchtig.«
    Ich hatte Daniel Carpenter und seinen Brief
durchaus nicht vergessen, obgleich ich ihn nach dem ersten Lesen ins
Feuer geworfen hatte. Doch ebenso gut hätte ich die Seiten
zusammenfalten und in meinem Wams bergen können, nahe an meinem Herzen,
denn ich erinnerte mich an jedes einzelne Wort, als hätte ich den Brief
jede Nacht gelesen.
    Ich merkte, dass ich seit der Ankunft der Spanier öfter an
Daniel dachte. Dass ich nun freundlicher über die Ehe dachte, war mir
durch die Königin eingegeben worden. Am Morgen nach ihrer
Hochzeitsnacht beispielsweise hatte sie mit einer Wärme geglüht, die
man nie zuvor an ihr gesehen hatte. Sie strahlte heitere Zufriedenheit
aus, sie wirkte wie eine Frau, die zuletzt doch ihren sicheren Hafen
gefunden hatte. Sie war verliebt, sie wurde geliebt, sie hatte einen
Ratgeber, dem sie vertrauen konnte, einen mächtigen Mann, der sich
ihrem Wohlergehen widmete. Nach einem von Sorge und Angst erfüllten
Leben konnte sie endlich in den Armen eines liebenden Mannes ausruhen.
Ich beobachtete sie genau und dachte bei mir, wenn eine so unschuldige
und den geistigen Dingen verschriebene Frau wie die Königin die Liebe
finden konnte, dann könne mir das doch auch gelingen. Vielleicht war
die Ehe doch nicht das Ende für die Persönlichkeit einer Frau, sondern
brachte diese erst zu ihrer vollen Blüte. Vielleicht konnte eine Frau
die Ehe eingehen, ohne Stolz und Mut aufgeben zu müssen. Eine Frau
konnte zu einer Ehefrau erblühen, sie musste nicht zurechtgestutzt
werden, um zu ihrem Gemahl zu passen. Und diese Überlegungen brachten
mich darauf, dass Daniel vielleicht doch der Mann war, dem ich mich
zuwenden, dem ich vertrauen konnte, denn er liebte mich, er schrieb ja,
er könne nicht schlafen, weil er an mich denken müsse. Seinen Brief
hatte ich zwar nur einmal gelesen und dann ins Feuer geworfen, aber ich
hatte ihn nie vergessen – mehr noch, ich konnte ihn Wort für
Wort

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