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Die Hofnärrin

Die Hofnärrin

Titel: Die Hofnärrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Wangen und ihrem Haar einen warmen
Schimmer, fast hätte man meinen können, ihr Haar schlüge Funken im
Feuerschein.
    »Gute Nacht, Mylady«, sagte ich leise und verneigte mich dabei.
    Sie blickte auf. »Ach, die kleine Spionin«, sagte sie
unfreundlich.
    Wieder machte ich eine Verbeugung und wartete auf die
Erlaubnis, mich zurückzuziehen.
    »Die Königin hat mich zu sich rufen lassen, musst du wissen«,
berichtete Lady Elisabeth. »Es war gleich nach dem Diner, es sollte
eine vertrauliche Unterhaltung unter liebenden Schwestern sein. Dies
war meine letzte Gelegenheit, ein Geständnis abzulegen. Und wenn ich
mich nicht irre, hatte sich auch dieser traurige Spanier irgendwo im
Zimmer verborgen und alles mit angehört. Wahrscheinlich sogar beide,
wahrscheinlich war auch dieser Wendehals Pole dabei.«
    Ich wartete, ob sie noch mehr verraten würde.
    Ungeduldig bewegte sie die Schultern. »Nun ja, spielt auch
keine Rolle. Ich habe jedenfalls gar nichts gestanden, ich bin nämlich
vollkommen unschuldig. Ich bin die Erbin der Krone, und dagegen können
sie gar nichts machen, es sei denn, sie ließen mich ermorden. Ich werde
nicht zulassen, dass sie mir den Prozess machen, ich werde nicht
heiraten, und ich werde auch das Land nicht verlassen. Ich warte
einfach ab.«
    Ich sagte nichts darauf. Wir beide dachten an die
bevorstehende Geburt. Ein gesunder Junge würde bedeuten, dass Elisabeth
umsonst gewartet hatte. Sie täte besser daran, so rasch wie möglich zu
heiraten, solange sie noch den Vorzug besaß, Thronerbin zu sein. Sonst
konnte es passieren, dass sie endete wie ihre Schwester, die ältliche
Braut – oder noch schlimmer: als ältliche Tante, als alte
Jungfer.
    »Ich würde viel darum geben, wenn ich wüsste, wie lange ich
warten muss«, sagte sie freimütig.
    Erneut verneigte ich mich.
    »Ach, pack dich!«, rief sie ungeduldig. »Wenn ich gewusst
hätte, dass du mich zum Hof bringst, damit ich mir eine
Gutenachtpredigt meiner Schwester anhören muss, wäre ich niemals
hergekommen.«
    »Es tut mir leid«, sagte ich. »Aber es gab doch einen
Augenblick, in dem wir beide dachten, dass der Königshof besser für
Euch wäre als diese zugige Scheune von Woodstock.«
    »So schlimm war es gar nicht«, meinte Elisabeth verdrießlich.
    »Prinzessin, es war schlimmer als ein Viehschuppen.«
    Da musste sie kichern. Es war das übermütige Kichern eines
jungen Mädchens. »Ja«, gab sie zu. »Und von Maria gerügt zu werden ist
nicht so schlimm wie die Überwachung durch diesen Tölpel Bedingfield.
Ja, es kann schon sein, dass ich es hier besser habe. Nur …«
Sie brach ab, erhob sich abrupt und schob mit der Spitze ihres
Pantoffels ein rauchendes Scheit ins Feuer. »Ich würde eine Menge darum
geben, zu wissen, wie lange ich zu warten habe«, wiederholte sie.
    Wie er mich in seinem Brief gebeten hatte,
schaute ich beim Geschäft meines Vaters vorbei und kümmerte mich darum,
dass alles in Ordnung war. Das Ladenlokal machte einen vernachlässigten
Eindruck: Durch die Winterstürme war ein Dachziegel heruntergefallen,
und an der gekalkten Wand meines Schlafzimmers war eine feuchte Stelle.
Die Druckerpresse war in eine Plane gehüllt und sah aus wie ein
verborgener Drache, der nur darauf wartete, freigelassen zu werden und
Worte herauszubrüllen. Doch welche Worte durften in diesem neuen
England gesagt werden, nun, da sogar die Bibel aus den Pfarrkirchen
entfernt worden war und die Menschen das Wort Gottes nur durch den Mund
des Priesters vernehmen und nicht mehr selbst lesen durften? Wenn sogar
Gottes eigenes Wort verboten war, welche Bücher waren dann noch
erlaubt? Ich betrachtete die langen Regale, in denen mein Vater Bücher
und Flugschriften aufbewahrte. Die Hälfte von ihnen würde nun als
häretische Schriften bezeichnet werden, und es war ein Verbrechen, sie
aufzubewahren.
    Starke Müdigkeit ergriff von mir Besitz, gepaart mit Angst.
Ich sollte entweder den ganzen Tag hier verbringen und die Bücher
meines Vaters verbrennen oder nie mehr hierher zurückkehren. Solange
auf dem Smithfield-Markt klafterweise Holz für Scheiterhaufen und
Fackeln lagerte, sollte ein Mädchen mit meiner Vergangenheit sich
lieber nicht in einem Raum voller ketzerischer Schriften aufhalten.
Doch sie waren unser Vermögen: Mein Vater hatte sie in jahrelanger,
mühevoller Arbeit in Spanien und England zusammengetragen. Sie waren
die Früchte jahrhundertealter Gelehrsamkeit, und ich war nicht einfach
nur die Besitzerin, sondern auch die

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