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Die Hofnärrin

Die Hofnärrin

Titel: Die Hofnärrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Jungen.«
    Wider besseren Wissens blieb ich stehen.
    »Ich habe etwas Geld gespart. Er könnte in die Fremde gehen,
wenn die Königin so gnädig wäre, ihn ins Exil zu schicken.«
    »Ihr bittet um Exil für Euren Sohn?«
    »Bischof Bonner hält ihn in Gewahrsam.« Mehr brauchte sie
nicht zu sagen.
    Ich schrak vor ihr zurück, als hätte sie die Pest. »Es tut mir
leid«, sagte ich. »Ich kann nichts tun.«
    »Wenn Ihr Euch für ihn verwenden würdet? Sein Name ist Joseph
Woods.«
    »Frau, wenn ich für ihn um Gnade bitten würde, wäre mein
eigenes Leben verwirkt«, gab ich ihr zu verstehen. »Ihr geht bereits
ein Wagnis ein, indem Ihr mit mir sprecht. Geht heim und betet für sein
Seelenheil.«
    Sie schaute mich an, als wäre ich eine Barbarin. »Ihr ratet
einer Mutter, sie solle für das Seelenheil ihres Sohnes beten, obwohl
er vollkommen unschuldig ist?«
    »Ja«, erwiderte ich traurig.
    Das Kammermädchen zog mich ungeduldig von der älteren Dame
fort. »Das Neueste!«, wiederholte sie.
    »Ja, worum geht's denn?« Ich wandte mich von dem
verständnislosen Schmerz im Gesicht der alten Frau ab. Der einzige Rat,
den ich ihr geben konnte, war der, dass sie mit dem für die Freilassung
ihres Sohnes gesparten Geld einen Beutel Schießpulver kaufen und diesen
vor der Hinrichtung um seinen Hals hängen sollte, damit er dem qualvoll
langsamen Tod durch Verbrennen entging.
    »Prinzessin Elisabeth wird des Hochverrats beschuldigt!«,
zischte mir das Kammermädchen zu, begierig darauf, ihre Wissenschaft
endlich loszuwerden. »Ihre gesamte Dienerschaft ist verhaftet worden.
Sie stellen ihr Haus in London auf den Kopf, durchsuchen es vom Boden
bis zum Keller.«
    Trotz der Hitze, die im Raum herrschte, fühlte ich eine Kälte,
die bis zu meinen Zehenspitzen drang. »Elisabeth? Was für ein Verrat?«
    »Ein Komplott mit der Absicht, die Königin zu töten«, sagte
das Mädchen mit einem Atem wie Eis.
    »Und wer ist noch darin verstrickt?«
    »Ich weiß es nicht! Niemand weiß es! Kat Ashley auf jeden
Fall, vielleicht aber auch alle ihre Diener.«
    Ich nickte, ich kannte jemanden, der es wissen musste. Ich
löste mich aus dem Gefolge der Königin. Sie würde mindestens zwei
Stunden im Audienzzimmer verbringen und einer Bitte nach der anderen
lauschen: den Gnadengesuchen, den Stellungsgesuchen und den Betteleien
um Geld. Nach jedem Gesuch würde sie ein wenig müder aussehen, viel
älter als ihre vierzig Jahre. Doch sie würde mich nicht vermissen. Also
rannte ich die Galerie hinunter zur großen Halle.
    Doch dort war Will nicht zu finden. Ein Soldat schickte mich
zu den Ställen, und dort fand ich den königlichen Spaßmacher in einer
leeren Box beim Spiel mit einem Jagdhundwelpen. Das Tier, das nur aus
langen Beinen und Aufregung zu bestehen schien, kletterte unermüdlich
über Wills langen, ausgestreckten Körper.
    »Will, sie durchsuchen das Londoner Haus der Prinzessin
Elisabeth!«
    »Ja, ich weiß«, erwiderte er gleichmütig und wandte sein
Gesicht von dem Welpen ab, der hingebungsvoll Wills Hals abschleckte.
    »Was suchen sie denn?«
    »Es spielt keine Rolle, was sie suchen, es geht darum, was sie
gefunden haben.«
    »Was?«
    »Was zu erwarten war«, antwortete er wenig hilfreich.
    »Davon weiß ich nichts!«, fuhr ich ihn an. »Sag es doch
einfach. Was haben sie gefunden?«
    »Briefe und Pamphlete und allen möglichen aufwieglerischen
Unsinn in der Geheimschatulle von Kat Ashley. Ein Maifeiertagskomplott,
geschmiedet von ihr und dem neuen italienischen Lautenlehrer der
Prinzessin und Dudley …« Will verstummte, als er meine
entsetzte Miene gewahrte. »Oh nein, nicht dein Lord Robert. Sein
Cousin, Sir Henry.«
    »Lord Robert steht also nicht unter Verdacht?«, hakte ich nach.
    »Sollte er denn?«
    »Nein«, log ich sogleich. »Er ist doch gar nicht in der Lage
dazu. Außerdem ist er Königin Maria treu ergeben.«
    »Wie wir alle«, sagte Will aalglatt. »Selbst dieses Hündchen
hier, das übrigens Tobias heißt. Nun ja, Tobias ist vielleicht noch
treuer, weil er nicht in der Lage ist, das eine zu sagen, aber das
andere zu denken. Er liebt stets den, der ihm sein Futter
gibt – und das ist mehr, als man von anderen behaupten
kann …«
    Ich lief rot an. »Falls du damit auf mich anspielst: Ich liebe
die Königin und habe sie immer geliebt.«
    Seine Miene wurde milder. »Das weiß ich doch. Ich spielte auch
vielmehr auf ihre hübsche kleine Schwester an, die es nicht abwarten
kann, bis sie an der Reihe ist, und

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