Die Hofnärrin
stattdessen wieder eine
Verschwörung anzetteln muss.«
»Sie ist gewiss nicht schuldig«, beeilte ich mich zu
versichern. Meine Ergebenheit für Elisabeth wog ebenso schwer wie meine
Liebe zur Königin.
Will stieß ein verächtliches Schnauben aus. »Sie ist die
ungeduldige Thronerbin. Sie zieht Schwierigkeiten an wie ein hoher Baum
den Blitz. Und so werden Kat Ashley und der Signor Lautenspieler in den
Tower wandern, und ein halbes Dutzend Dudleys mit ihnen. Es existiert
auch ein Haftbefehl für Sir William Pickering, ihren alten Verbündeten.
Ich wusste nicht einmal, dass er sich in England aufhält. Hast du davon
gewusst?«
Meine Kehle hatte sich vor Angst zusammengeschnürt. »Nein.«
»Ist auch besser, nichts zu wissen.«
Ich nickte – und ertappte mich dabei, dass ich nicht
mehr damit aufhören konnte. Mein Bemühen, normal zu erscheinen, machte,
dass ich lächerlich wirkte. Ich spürte, dass mein Gesicht eine Studie
der Angst war, zu lesen wie ein offenes Buch.
»Was ist los, Kind?« Wills Ton war sehr fürsorglich. »Du bist
ja weiß wie Schnee. Hast du dich dahinein verstrickt, Kleines?
Trachtest du jetzt nach einer Anklage wegen Hochverrats, da diejenige
wegen Ketzerei abgeschmettert worden ist? Hast du tatsächlich etwas
Dummes getan?«
»Nein«, entgegnete ich mit rauer Stimme. »Ich würde niemals
Komplotte gegen die Königin schmieden. Mir ist schon die ganze Woche
nicht wohl. Ich bin krank. Ein Anfall von Fieber.«
»Wollen wir hoffen, dass es nicht ansteckend ist«, meinte Will
trocken.
Ich klammerte mich an meine Fieberlüge und
verkroch mich im Bett. Dabei dachte ich an Elisabeth, der anscheinend
stets die Möglichkeit zu Gebote stand, sich mit einer Krankheit ins
Bett zu legen, wenn sie ein Alibi benötigte; überdies brachte mich die
Angst so stark zum Schwitzen, dass ich tatsächlich als krank gelten
konnte.
Ich hörte die Neuigkeiten von meinen Zimmergenossinnen.
Kardinal Pole leitete die Untersuchung der Verschwörung. Als Erster
wurde Sir Henry Dudley verhaftet, der sein Vaterland an die Franzosen
verraten hatte, da diese ihm großzügig Unterstützung gewährt hatten.
Seine Taschen waren mit französischem Gold gefüllt, außerdem war ihm
ein kleines Heer von Söldnern und französischen Freiwilligen
versprochen worden. Von Dudley aus führte die Spur zu einem Verräter am
Schatzkammergericht, der versprochen hatte, Geld für die Bezahlung der
Armee und zum Ankauf von Waffen zu unterschlagen. Beim Verhör gestand
er, dass sie geplant hatten, die Königin zu ihrem Gatten in die
Niederlande zu schicken und Elisabeth auf den Thron zu setzen. Dann
entdeckte der Kardinal, dass Kat Ashley und William Pickering alte
Freunde waren und sich sogar bei Hofe getroffen hatten, denn Sir
William war ins Land und sogar nach Hampton Court eingeschmuggelt
worden.
Kat Ashleys Schatulle in Elisabeths Londoner Haus enthielt den
ersten Entwurf eines Pamphlets, in dem die Engländer aufgefordert
wurden, sich gegen die katholische Königin zu erheben und die
protestantische Prinzessin als Herrscherin zu fordern.
Kardinal Pole forschte unter Elisabeths Freunden und Bekannten
nach demjenigen, der eine Druckerpresse besaß und heimlich ein solches
Pamphlet hätte drucken können. Mit Entsetzen dachte ich an die
verhüllte Presse in unserer Druckerei an der Fleet Street und fragte
mich, wann sie wohl auf mich kommen würden.
Der intelligente und entschlossene, von Gott inspirierte
Kardinal folgte einer Spur, die zur Gefangennahme zahlreicher
englischer Protestanten, vieler Freunde und Diener Elisabeths führte
und die ihn schließlich unweigerlich auch zu mir führen würde. Es war
nur eine Frage der Zeit, wann einer der Inhaftierten beim Verhör
angeben würde, dass die Hofnärrin der Königin ständig in Gesellschaft
der Prinzessin gesehen wurde. Womöglich war auch bekannt, dass die
Hofnärrin Aufträge ausführte oder Botschaften überbrachte, dass sie Sir
William Pickering vom Sehen kannte und zum engeren Gefolge der
Dudley-Familie gehörte, obwohl sie doch angeblich der Königin diente.
Sollte es so weit kommen, dass Kardinal Pole mich vorladen
ließ und dass ich ihm meine Geschichte erzählte, würde er sie binnen
Minuten in der Luft zerreißen. Unsere Flucht aus Spanien, unsere
Ankunft in England, meines Vaters Verschwinden und die Hinterlassung
der Druckerpresse – all dies deutete darauf hin, dass wir
Marranen waren, Juden, die versuchten, als Christen durchzugehen; als
Strafe für diese
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