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Die Hofnärrin

Die Hofnärrin

Titel: Die Hofnärrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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zu laut
zu werden.
    Dann drehte Daniel mich um, sodass ich unter ihm lag. »Leg
deine Hand auf meinen Mund«, drängte ich ihn.
    Er zögerte. »Dann kommt es mir so vor, als würde ich dich
zwingen«, sagte er beklommen.
    Ich lachte – aber gedämpft. »Wenn du mich zwingen
würdest, wäre ich ruhiger«, scherzte ich, doch es brachte ihn nicht zum
Lachen. Er zog sich zurück und ließ sich auf den Rücken fallen, zog
mich neben sich, sodass mein Kopf an seiner Schulter ruhte.
    »Wir warten, bis sie alle eingeschlafen sind«, schlug er vor.
»Sie können ja schlecht die ganze Nacht wach bleiben.«
    Wir warteten und warteten, doch erst sehr spät vernahmen wir
den schweren Schritt seiner Mutter auf der Treppe, und dann –
beschämend deutlich – ein Seufzen, als sie sich auf die
Bettkante setzte, und hernach das ›Klipp, Klopp‹, mit dem ihre
Holzpantinen zu Boden fielen. Dann hörten wir, so deutlich, als befände
sie sich im Zimmer, ein gedämpftes Rascheln – sie entledigte
sich ihrer Kleider – und schließlich das Quietschen der
Bettfedern, als sie unter die Decke schlüpfte.
    Danach ging nichts mehr. Wenn ich mich nur leicht bewegte,
quietschte unser Bett so laut, dass ich wusste, sie würde es hören. Ich
drückte meinen Mund an Daniels Ohr und flüsterte: »Lass uns morgen
Liebe machen, wenn alle außer Haus sind«, und ich fühlte, dass er
nickte. Dann lagen wir nebeneinander, brennend vor Verlangen, schlaflos
vor Lust, ohne eine Berührung oder einen Blick, und das war unsere
Hochzeitsnacht.
    Am Morgen kamen sie, um die Laken zu prüfen. Gern hätten sie
diese wie eine blutbefleckte Fahne aus dem Fenster geschwenkt, um den
Vollzug der Ehe anzuzeigen, doch Daniel hinderte sie daran. »Dazu
besteht kein Grund«, meinte er. »Außerdem mag ich diese alten
Traditionen nicht.«
    Die Schwestern sagten nichts, doch sie sahen mich mit
hochgezogenen Augenbrauen an, als wüssten sie ganz genau, dass wir
nicht miteinander geschlafen hatten, mochten vielleicht sogar als Grund
vermuten, dass Daniel kein Verlangen nach mir haben könnte. Seine
Mutter hingegen musterte mich, als hätte sie nun den Beweis dafür, dass
ich keine Jungfrau mehr war, sondern eine falsche Dirne.
    Es war eine schlimme Hochzeitsnacht und ein schaler
Hochzeitsmorgen, und natürlich ging niemand aus, sondern alle blieben
hübsch daheim, und wir konnten weder an diesem Tag Liebe machen, noch
in der nächsten Nacht oder der darauf folgenden.
    Binnen weniger Tage hatte ich gelernt, unter meinem Ehemann zu
liegen wie ein Stein, und er hatte gelernt, sein Vergnügen so rasch wie
möglich und schweigend zu finden. Nach nur wenigen Wochen Ehe schliefen
wir so wenig wie möglich miteinander. Die erste viel versprechende
Liebesnacht auf dem Schiff hatte mich vor erfülltem Verlangen
schwindelig gemacht, doch in einem Schlafzimmer, das von vier
neugierigen Weibern belauscht wurde, war keine Fortsetzung zu erwarten.
    Ich ertappte mich dabei, dass ich mich für mein Verlangen
hasste. Ich ertrug es nicht, dass jedes Wort, jeder hastige Atemzug,
ja, selbst ein Kuss für unsere kritischen und begierigen Zuhörer
vernehmbar war. Mich schauderte vor Daniels Schwestern, die vertraut
waren mit einer Intimität, die nur ihm und mir gehören sollte. An dem
Morgen nach der Nacht, in der wir uns endlich geliebt hatten, erhaschte
ich den Blick, den seine Mutter ihm zuwarf. Es war ein Besitzerblick,
der Blick eines Bauern auf seinen starken und gesunden Zuchtbullen. Sie
hatte in der Nacht meinen halb erstickten Schrei vernommen und freute
sich nun über ihren starken Sohn. Für sie war ich lediglich eine Kuh,
die möglichst bald ein Kalb tragen sollte, doch der Dank gebührte ihrem
Sohn – und ihr selbst, denn sie würde Stammmutter einer neuen
Familie werden.
    Nach diesem Vorkommnis kam ich des Morgens nicht mehr
gleichzeitig mit Daniel herunter. Die neugierigen Blicke seiner
Schwestern, die zwischen Daniel und mir hin und her glitten, waren mir
unerträglich. Entweder stand ich nun vor allen anderen auf, fachte das
Feuer in der Küche an und kochte den Haferbrei, oder ich wartete, bis
Daniel sein Frühstück verzehrt hatte und aus dem Haus war.
    Kam ich spät herunter, pflegten seine Schwestern einander
Rippenstöße zu versetzen und zu tuscheln.
    »Wie ich sehe, hast du deine Angewohnheiten vom Hofe immer
noch nicht abgelegt«, bemerkte Mary boshaft.
    Ihre Mutter bedeutete ihr mit einer Geste Stillschweigen.
»Lass sie in Ruhe, sie muss sich ausruhen«,

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