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Die Hofnärrin

Die Hofnärrin

Titel: Die Hofnärrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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einander liebten. Sie hatte ohne jede Scham
gelauscht, und sie würde weiter lauschen. Es kam ihr nicht einmal in
den Sinn, dass ich keine Freude an Liebkosung oder Kuss empfinden
konnte, wenn ich mir eines Lauschers hinter der dünnen Wand bewusst
war. Sie kam gar nicht auf den Gedanken, dass es mir auch um die
Erfüllung meines Verlangens ging. Für sie zählte nur Daniels
Befriedigung und die Tatsache, dass sie einen Enkel bekam.
    »Woran liegt es dann?«, insistierte sie. »Seit zwei Monaten
warte ich tagtäglich darauf, dass du mich von einer Schwangerschaft
unterrichtest.«
    »Dann tut es mir leid, Euch zu enttäuschen«, sagte ich so kühl
wie Prinzessin Elisabeth in einem ihrer hochfahrenden Momente.
    Mit einer blitzschnellen Bewegung packte Daniels Mutter mein
Handgelenk und drehte es um, sodass ich sie anschauen musste. Der Griff
tat weh. »Du nimmst doch nicht etwas dagegen?«, zischte sie.
»Vielleicht einen Trank, der Schwangerschaft verhindert? Von deinen
schlauen Freunden bei Hofe? Ein Mittel, wie es Schlampen anwenden?«
    »Natürlich nicht!«, fauchte ich, nun meinerseits wütend.
»Warum sollte ich?«
    »Gott allein weiß, was du tust oder nicht!«, rief sie in
großem Zorn aus und stieß mich von sich. »Warum musstest du auch bei
Hofe bleiben? Konntest du nicht mit uns nach Calais kommen? Warum bist
du nur so unnatürlich, so unweiblich, mehr Junge als Mädchen? Warum
bist du erst so spät nachgekommen? Daniel hätte sich eines der besten
Mädchen Calais' aussuchen können! Warum bist du überhaupt gekommen,
wenn du doch keine Kinder bekommen kannst?«
    Ihr Zorn machte mich für einen Augenblick sprachlos. Dann
formte sich langsam die Antwort. »Ich wurde der Königin als Hofnärrin
übereignet, mir blieb keine andere Wahl«, erklärte ich. »Dafür solltet
Ihr meinem Vater Vorwürfe machen, wenn Ihr dies wagt, nicht mir. Die
Knabenkleidung habe ich als Schutz getragen, wie Ihr sehr wohl wisst.
Und ich bin damals nicht mitgekommen, weil ich Prinzessin Elisabeth
geschworen hatte, ich würde bis zu ihrem Prozess bei ihr sein. Die
meisten Frauen würden das für ein Zeichen von Großherzigkeit halten,
nicht für einen Fehler. Und ich bin hergekommen, weil Daniel mich zur
Frau haben wollte und ich ihn zum Mann. Und ich glaube Euch kein Wort!
Er hätte nicht unter den besten Mädchen Calais' wählen können!«
    »Und ob!«, trumpfte sie auf und warf den Kopf zurück. »Hübsche
Mädchen und fruchtbare Mädchen dazu. Mädchen, die eine Mitgift ins Haus
bringen und keine Hosen tragen, ein Mädchen, das in diesem Sommer ein
Kind in der Wiege hatte und das seinen Platz kennt, ein Mädchen, das
froh darüber wäre, in meinem Hause zu sein, stolz darauf, mich Mutter
zu nennen!«
    Mir wurde ganz kalt, eine furchtbare Gewissheit ergriff mich.
»Ich dachte, Ihr würdet ganz allgemein sprechen. Meint Ihr ein
bestimmtes Mädchen, das Daniel liebt?«
    Mrs. Carpenter sagte nie die Wahrheit über irgendetwas. Sie
wandte sich ab und nahm den Haferbreitopf neben dem Haken vom Kamin,
als wollte sie ihn noch einmal scheuern. »Nennst du das etwa sauber?«,
fragte sie mürrisch.
    »Daniel hat hier in Calais eine Frau, die er liebt?«, fragte
ich.
    »Um ihre Hand angehalten hat er nie«, gab Mrs. Carpenter
widerwillig zu. »Er hat immer darauf bestanden, dass ihr verlobt seid
und dass er dir versprochen ist.«
    »Ist sie Jüdin oder Christin?«, flüsterte ich.
    »Christin«, erwiderte sie. »Doch sie würde konvertieren, wenn
Daniel sie zur Frau nähme.«
    »Wenn er sie zur Frau nähme?!«, rief ich aus. »Aber Ihr habt
doch gerade gesagt, dass er immer betonte, mit mir verlobt zu sein!«
    Sie stellte den Topf auf den Küchentisch. »Es war ja auch
nichts«, versuchte sie ihre Indiskretion zurückzunehmen. »Nur etwas,
das sie einmal zu mir gesagt hat.«
    »Ihr habt über eine mögliche Heirat mit ihr gesprochen?«
    »Das musste ich doch!«, fuhr sie auf. »Sie kam hierher, als er
in Padua war. Sie trug ihren Bauch vor sich her und wollte wissen, was
wir für sie tun könnten.«
    »Ihren Bauch?«, wiederholte ich wie betäubt. »Sie ist
schwanger?«
    »Sie hat Daniels Sohn bekommen«, erklärte Daniels Mutter.
»Einen strammen, gesunden Jungen, das Ebenbild von Daniel als Baby.
Niemand hätte auch nur einen Moment daran zweifeln können, wer der
Vater des Kindes ist. Und sie ist so ein gutes und liebes Mädchen.«
    Ich sank auf einen Schemel am Tisch und schaute bestürzt zu
ihr hoch. »Warum hat er mir das nicht

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