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Die Hofnärrin

Die Hofnärrin

Titel: Die Hofnärrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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wartete bereits und hieß Lady Dudley mit
ausgestreckter Hand und einem tiefen Knicks willkommen. »Ihr sollt Euer
übliches Zimmer mit Blick auf den Park bekommen«, sagte sie und wandte
sich dann mit einem Lächeln Mrs. Oddingsell und mir zu.
    »Das ist Mrs. Carpenter. Sie kann bei Eurer Haushälterin
wohnen«, bestimmte Lady Dudley kurz angebunden. »Sie ist eine Bekannte
meines Mannes, er rettete sie aus Calais. Ich will hoffen, dass er mich
in Kürze wissen lässt, was mit ihr zu geschehen hat.«
    Lady Philips lauschte Amys rüdem Ton mit erhobenen
Augenbrauen, denn es war deutlich, dass diese mich als Robert Dudleys
Hure hinstellte. Mrs. Oddingsell knickste und stieg die Treppe hinauf,
doch ich folgte ihr nicht sogleich. »Ich brauche ein paar Sachen für
das Kind«, sagte ich unbehaglich.
    »Mrs. Oddingsell wird dir aushelfen«, gab mir Robert Dudleys
Frau in eisigem Ton zu verstehen.
    »Im Schrank mit den Kleidern für die Bedürftigen sind ein paar
Sachen für Babys«, sagte Lady Philips.
    Ich machte einen Knicks. »Es war sehr liebenswürdig von Seiner
Lordschaft, mir einen Platz auf dem Schiff anzubieten«, sagte ich laut
und deutlich. »Zumal er mich so lange nicht gesehen hatte, nämlich seit
meiner Dienstzeit bei der Königin. Doch jetzt bin ich eine verheiratete
Frau. Mein Mann ist Arzt in Calais, und dies ist sein Sohn.«
    Ich sah, dass beide verstanden und auch die Anspielung auf den
Dienst bei der Königin begriffen hatten.
    »Mylord ist immer liebenswürdig zu den Bediensteten, so
niedrig ihr Rang auch ist«, sagte Amy Dudley unliebenswürdig und
bedeutete mir, mich zu entfernen.
    »Und ich brauche passende Kleidung für meinen Sohn.« Ich hielt
meine Stellung. »Nichts aus dem Armenschrank.«
    Beide Frauen blickten mich mit neu erwachter Aufmerksamkeit
an. »Ich brauche Kleider, die dem Sohn eines Gentlemans würdig sind«,
sagte ich schlicht. »So bald wie möglich werde ich ihm selbst Wäsche
nähen.«
    Lady Philips, die sich fragen mochte, welches Kuckucksei ihr
da ins Nest gelegt worden war, schenkte mir ein verhaltenes Lächeln.
»Ich habe einige Sachen beiseite gelegt«, sagte sie vorsichtig. »Der
Sohn meiner Schwester hat sie getragen.«
    »Ich bin sicher, sie werden dem Zweck vortrefflich dienen«,
sagte ich mit liebenswürdigem Lächeln. »Und ich danke Euch, Euer
Ladyschaft.«
    Binnen einer Woche war ich so weit, dass ich
am liebsten abgereist wäre. Die öde Winterlandschaft von Sussex schien
sich wie eine eisige Scheibe auf mein Gesicht zu drücken. Die Hügel,
die Downs, beugten sich über das Landschlösschen, als wollten sie es in
den Kalkboden pressen. Der Himmel über den Hügeln war von eisengrauer
Farbe, unablässig fiel Schnee. Nach zwei Wochen wurde ich von
Kopfschmerzen befallen, die mich den ganzen Tag über quälten und erst
nachts nachließen. Dann aber schlief ich so fest wie eine Tote.
    Amy Dudley war ein gern gesehener und häufiger Gast in diesem
Hause. Sir John Philips hatte wohl Schulden bei meinem Lord gemacht und
zahlte sie durch die Gastfreundschaft, die er Lady Dudley erwies,
zurück. Die Dame genoss nahezu unbegrenztes Aufenthaltsrecht, und
niemand erkühnte sich, sich auch nur andeutungsweise zu erkundigen, ob
sie vorhabe abzureisen, oder fragte, wohin sie demnächst zu reisen
gedenke.
    »Hat sie denn kein eigenes Haus?«, fragte ich Mrs. Oddingsell
verzweifelt.
    »Keines, das sie benutzen will«, gab sie mir zu verstehen und
weigerte sich, mehr zu sagen.
    Ich begriff das einfach nicht. Sicher, Lord Robert hatte den
größten Teil seiner Ländereien und seines Vermögens verloren, als er im
Tower saß, doch seine Frau musste doch Familie oder Freunde haben, die
ihm wenigstens einen kleinen Landsitz erhalten hatten?
    »Wo hat sie denn gewohnt, als er im Tower saß?«, wollte ich
wissen.
    »Im Hause ihres Vaters«, lautete Mrs. Oddingsells lakonische
Antwort.
    »Und wo ist ihr Vater jetzt?«
    »Tot. Möge er in Frieden ruhen.«
    Da sie kein Haus zu führen oder Ländereien zu verpachten
hatte, gab sich Lady Dudley dem süßen Nichtstun hin. Nie sah ich sie
mit einem Buch, ja, sie schrieb nicht einmal Briefe. Des Morgens machte
sie, von einem Reitknecht begleitet, stundenlange Ausritte bis zum
Mittagessen. Bei Tisch nahm sie nur wenig zu sich, sie schien keinen
Appetit zu haben. Nachmittags saß sie bei Lady Philips, und die beiden
nähten und tratschten. Kein Vorkommnis im Philipschen Haushalt oder bei
Nachbarn und Freunden war zu gering, um kommentiert zu

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