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Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)

Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)

Titel: Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Brookmyre
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abgetan.
    Diese Erinnerung war ihr gekommen, als der Kleine auf seinen Assistenten zugerannt war, der ihn sich dann rückwärts über den Kopf schleuderte, sodass er oben auf den Schaltern landete, wo er sich theatralisch verbeugte. Selbst die eben noch stocksteifen Kunden applaudierten und rissen mit den anderen die Hände in die Luft, als die entsprechende Songzeile wiederkehrte. Katerbedingt misstrauisch ließ sie sich nicht so von dem Schauspiel einlullen wie die anderen Zuschauer und sah, was das Spektakel überspielte: Sie hatten kein Trampolin gebraucht, aber dort stand ein Mann auf der Sicherheitsbarriere. Keine Strumpfmaske weit und breit, aber doch standen da fünf Vermummte in der Bank. Zwar hatte keiner eine Waffe gezogen, aber die Kunden hatten trotzdem schon die Hände oben.

    Unwillkürlich sprach sie diese Erkenntnis laut aus.
    »Das ist ein Überfall.«
    Der Clown, der Michelle am nächsten stand, tippte sich mit einem Finger im Gummihandschuh an die Nase, um ihr zu bedeuten, dass sie richtig geraten hatte. Dann hob er dramatisch beide Hände und brüllte: »Alakazammy, stairheid rammy!«
    Darauf sprang der Kleine nach hinten von der Schalterwand, und alle Augen starrten ihn an. Als seine Füße auf dem Tisch aufkamen, hatte er schon eine Maschinenpistole unter seinem Overall hervorgezogen und richtete sie auf die Schalterangestellten. Wie alle auf der anderen Seite des Sicherheitsglases schaute Michelle sich um und sah, dass auch auf sie vier Waffen zeigten. Einer der Clowns stand mit dem Rücken vor der Eingangstür und hielt den Wachmann in Schach. Er drehte die Lautstärke des Ghettoblasters leiser, aber bezeichnenderweise nicht aus. Die restlichen Mitglieder der Truppe hielten Augenkontakt mit so vielen Mitarbeitern und Kunden wie möglich und legten sich den freien Zeigefinger auf die Lippen. Es hatte sowieso nur ein paar halblaute Schreckensschreie und ein »oh Gott« gegeben, aber das ruhige, bestimmte Vorgehen der Räuber sorgte schnell für beinahe absolute Stille.
    »Wie die junge Dame hier ganz richtig bemerkt hat«, verkündete der Clown bei Michelle, der wohl der Anführer war, »ist das hier ein Überfall. Wenn also Ihre Hände bereits oben sind, lassen Sie sie bitte einen Augenblick dort, und die von Ihnen, bei denen das noch nicht der Fall ist, bitten wir um Verzeihung für diese zeitweilige Einschränkung Ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung – also hoch damit, wie alle anderen auch.«
    Die Kollegen an den Schaltern hatten das schon sofort getan, als sie die Waffe des Kleinen gesehen hatten, aber Michelle wusste nicht, ob einer von ihnen noch geistesgegenwärtig den Alarmknopf gedrückt hatte. Den gab es unter jeder Kasse; wenn er gedrückt wurde, setzte sich ein automatischer Notruf ab und verschiedene automatische Sicherheitsmaßnahmen wurden getroffen, ein Alarm ertönte aber nicht, da der die Räuber warnen würde.

    Der Mann sprach mit selbstsicherer, aber nicht lauter Stimme in einem seltsam scherzhaften Ton, der vermittelte, dass es keinen Grund zur Feindseligkeit gab. Er hatte einen amerikanischen Akzent mit verwirrendem Glasgower Einschlag, als wäre er von hier und versuchte einen auf Ami zu machen wie die Moderatoren von Radio Clyde.
    »Danke«, setzte er fort, als er keinen Einspruch hörte. »Vielen Dank. Wir freuen uns über Ihre Kooperation, und ich bin mir sicher, dass wir einen angenehmen Nachmittag miteinander verbringen werden. Bevor wir loslegen, müssen wir aber noch einige Vorbereitungen treffen. Wenn Sie sich jetzt also bitte alle auf den Boden knien würden. Sehr schön. Und wenn die Kollegen hinter den Schaltern jetzt bitte zu uns nach vorne kommen würden, wäre das toll.«
    Michelle stand mit wackligen Beinen auf; von der Höhenveränderung wurde ihr schwummrig. Sie ließ sich auf die Knie sinken, hatte kurz das Gefühl, ohnmächtig zu werden, blieb aber enttäuschenderweise bei Bewusstsein, was vielleicht daran lag, dass ihr alles Blut aus den Armen in den Kopf gelaufen war.
    »Und jetzt dürfen Sie die Hände auf dem Kopf ablegen«, bot der Anführer an, der wohl ein paar angestrengte Gesichter gesehen hatte. »Sie sollen ja nicht wie ein Pfingstlerchor aussehen, und ich persönlich kann es gar nicht haben, wenn mir der Arm einschläft.«
    Während die anderen Mitarbeiter durch die codegesicherte Tür nach vorne eskortiert wurden, wurden Fraser die Schlüssel abgenommen, der immer noch stand und mit beiden Armen den Ghettoblaster hielt. Auch er

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